Die häufigsten Mythen im Straßenverkehr
Im Straßenverkehr kursieren viele Mythen, die oft zu Unsicherheiten oder Missverständnissen führen. Manche davon halten sich hartnäckig, obwohl sie rechtlich nicht zutreffen, andere enthalten zumindest einen Funken Wahrheit. Doch was gilt wirklich? Melanie Leier, Anwältin für Verkehrsrecht und Partneranwältin von Geblitzt.de, entlarvt sieben häufige Straßenverkehrsmythen.
Mythos 1: Verbandskästen können ablaufen
Ein Verbandskasten selbst hat kein festes Ablaufdatum. Jedoch haben einzelne Bestandteile, wie sterile Verbandsmaterialien, ein Verfallsdatum und sind in der Regel vier Jahre haltbar. „Diese Bestandteile dürfen ersetzt werden, jedoch muss der Verbandskasten insgesamt den gesetzlichen Anforderungen der DIN-Norm 13164 entsprechen. Wer keinen, einen unvollständigen oder abgelaufenen Verbandskasten mitführt, riskiert ein Verwarngeld in Höhe von 5 Euro“, warnt Melanie Leier.
Mythos 2: Frauen- und Mutter-Kind-Parkplätze sind tabu
Frauen- und Mutter-Kind-Parkplätze sind gesetzlich nicht in der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Im öffentlichen Raum drohen daher keine Sanktionen bei unberechtigter Nutzung. „Auf privaten Parkflächen kann der Betreiber jedoch durch sein Hausrecht Maßnahmen wie ein Hausverbot oder das Abschleppen des Fahrzeugs ergreifen“, erklärt die Anwältin.
Mythos 3: Auf Parkplätzen gilt nur die StVO, wenn ein Schild darauf hinweist
Sobald ein Ort für den öffentlichen Verkehr zugänglich ist, tritt unabhängig von einem Hinweisschild die Straßenverkehrsordnung in Kraft. Zum öffentlichen Verkehrsraum gehören häufig auch für jedermann befahrbare Parkhäuser und Parkplätze.
„Auf privaten Parkplätzen, wie etwa vor Supermärkten, findet die StVO jedoch nur Anwendung, wenn dies durch ein entsprechendes Schild angeordnet ist. Andernfalls greifen die Regeln des Privatrechts, was beispielsweise die Haftung im Schadensfall beeinflussen kann. Unabhängig davon gilt stets der Gedanke des § 1 StVO: Jeder Verkehrsteilnehmer muss sich vorsichtig und rücksichtsvoll verhalten, um andere nicht zu gefährden, zu behindern oder unnötig zu belästigen“, weiß Melanie Leier.
Mythos 4: Ich muss der Polizei alles sagen
Viele Menschen glauben, dass sie der Polizei gegenüber immer umfassend Auskunft geben müssen. Doch das stimmt nicht ganz. „Verpflichtend sind lediglich Angaben zu den Personalien, wie Name, Adresse und Geburtsdatum. Zur Sache selbst – also zum Tatvorwurf – müssen keine Angaben gemacht werden. Ein Schweigen ist regelmäßig und insbesondere dann empfehlenswert, wenn die Sachlage noch unklar ist, um sich nicht selbst zu belasten oder vorschnell unüberlegte Angaben zu machen“, rät die Anwältin.
Mythos 5: Auf der Autobahn gilt die Mindestgeschwindigkeit 60 km/h
Die StVO schreibt keine Mindestgeschwindigkeit auf Autobahnen vor. Es dürfen gemäß § 18 StVO jedoch nur Fahrzeuge auf Autobahnen unterwegs sein, die bauartbedingt eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h erreichen.
„Langsameres Fahren ist grundsätzlich erlaubt, wenn es die Verkehrssituation oder Witterungsbedingungen erfordern. Wer jedoch ohne triftigen Grund den Verkehr behindert, riskiert ein Bußgeld“, erklärt Melanie Leier.
Mythos 6: Fußgänger dürfen Parkplätze freihalten
Dürfen sich Fußgänger einfach in eine Parklücke stellen, um sie für ein anderes Auto zu reservieren? Nein, denn Fußgänger, die Parklücken blockieren, verstoßen gegen allgemeine Verhaltenspflichten im Straßenverkehr und können mit einem Verwarngeld von 10 Euro sanktioniert werden.
„Ein solches Verhalten kann unter Umständen sogar strafrechtlich relevant sein und eine Nötigung gemäß § 240 StGB darstellen. Sollte dies der Fall sein, kann eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe drohen“, warnt die Anwältin.
Mythos 7: Bußgeldbescheide müssen hingenommen werden
Wer einen Bußgeldbescheid erhält, muss sich ihm beugen? Das stimmt nicht! „Jeder Betroffene kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eines Bußgeldbescheids Einspruch einlegen. Grundsätzlich lohnt es sich immer, die Vorwürfe anwaltlich prüfen zu lassen“, rät Melanie Leier.
