Das heiß umkämpfte Formel 1-Mittelfeld
Im Mittelfeld geben Kleinigkeiten den Ausschlag darüber, wer in die Punkte kommt und wer nicht. Streckenlayout, Strategie, Boxenstopps, Tagesform und Upgrades entscheiden. In Hockenheim legen vor allem Renault und Sauber nach.
Die Top-Autos fahren in einer eigenen Liga. Das wird auch in Hockenheim der Fall sein. Doch hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull tobt der Kampf des Formel-1-Mittelfelds. Zwischen Renault, HaasF1, Force India, McLaren, Toro Rosso und Sauber entscheiden Kleinigkeiten. Das wird auch in Hockenheim auf der kurzen Runde nicht anders sein. „Zwei Zehntel mehr, die du aus dem Auto presst, und plötzlich bist du ein Punktekandidat“, sagt Toro Rossos Brendon Hartley.
HaasF1 braucht Rennen ohne Drama./strong>
HaasF1 hat vermutlich das schnellste Auto im Mittelfeld, macht aber zu wenig aus seinen Chancen. Renault ist die Konstante. In neun von zehn Grand Prix punktete der französische Werksrennstall. Deshalb hat sich Renault ein Polster auf die Verfolger aufgebaut. Der WM-Vierte liegt 19 Zähler vor HaasF1, 22 vor Force India und McLaren. Toro Rosso (20) und Sauber (16) sind schon abgeschlagen. Williams sowieso mit vier Pünktchen.
Haas-Teamchef Guenther Steiner ärgert sich über die vielen verpassten Chancen. Zuletzt in Silverstone fuhren sich Romain Grosjean und Kevin Magnussen gegenseitig in der ersten Kurve ins Auto. Von den Startpositionen sieben und acht. „Das darf uns nicht passieren, wenn keine Gefahr droht, überholt zu werden“, sagt Steiner.
Der Südtiroler fordert von seinen Fahrern. „Wir dürfen nichts mehr Dummes anstellen.“ Steiner nimmt auch die restliche Mannschaft in die Pflicht: „Wir brauchen vor der Sommerpause zwei Rennen ohne Drama. Das gilt für die Fahrer, wie für die Ingenieure und Mechaniker. Wir müssen unsere Leistung abrufen, und die Punkte einfahren, die mit unserem Paket möglich sind.“
Die US-Mannschaft hat für die verbleibenden elf Rennen ein klar definiertes Ziel. HaasF1 will Renault abfangen und Vierter in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft werden. Im dritten Jahr sind die Ansprüche mit einem guten Auto und einem guten Motor gewachsen. „ Ich würde nicht sagen, dass der Ferrari-Motor besser ist als der von Mercedes. Ich würde aber auch nicht sagen, dass er schlechter ist.“
Renault mit neuem Frontflügel
Renault seinerseits erlebte beim Triple-Header drei schwierige Wochenenden. Das gibt auch Nico Hülkenberg zu. „Die letzten Rennen waren wir sicher nicht in Top-Form. Aber bei 21 Rennen im Jahr ist es schwer, in jedem die maximale Leistung zu bringen.“
Der lange Rheinländer sieht die Hackordnung im Mittelfeld an das jeweilige Streckenlayout gebunden. „Mal sind wir die Schnellsten. Mal ist Haas oder McLaren besser. Mal liegt eine Strecke den Toro Rosso besonders.“ Für Hockenheim legt Renault mit einem neuen Frontflügel nach. HaasF1 wird erst in Ungarn wieder Upgrades im Gepäck haben. Renault wählt ein neues Frontflügel-Konzept mit anderem Hauptblatt und stärker aufgefächerten Endplatten.
Hülkenberg bezeichnet den bisher gemachten Entwicklungsfortschritt unter der Saison als „okay“. So spricht kein 100-prozentig zufriedener Fahrer. Wenngleich Hülkenberg festhält: „Wir haben noch ein paar gute Entwicklungen in der Pipeline.“ Hockenheim sollte den gelb-schwarzen Autos besser liegen als zuletzt Silverstone. Weil das Layout mehr langsame und mittelschnelle Kurven aufbietet.
Mit neuen Teilen warten auch McLaren und Sauber auf. „Unser Paket wird aber erst in Ungarn vollständig sein“, drückt Fernando Alonso die Erwartungen. Sauber brachte in jedem der letzten Rennen Neuheiten. Es ist die Strategie des Schweizer Rennstalls. Lieber viele kleine Schritte machen, als einen großen. Damit die Ingenieure die Entwicklungsschritte besser beurteilen können. Für Hockenheim wurde es dann aber doch eine etwas größere Ausbaustufe. Ein neues Kühlpaket soll den C37 schneller machen, da nun die Verkleidung schmaler geschnitten werden kann. Das verspricht eine bessere Anströmung des Hecks.
So oder so frohlocken die Fahrer. „Wir können aus eigener Kraft in jedem Rennen in die Punkte fahren“, sagt Marcus Ericsson. „ Sofern wir alles zusammenbekommen, sind wir richtig gut. Andererseits kannst du im Mittelfeld schnell Boden verlieren. Wenn du zum Beispiel mit dem Setup oder dem Reifenmanagement daneben liegst.“ In Silverstone schrieb Sauber eine Doppelnull. Charles Leclerc scheiterte nach einem Boxenstopp. Ein Rad wurde nicht richtig justiert. Sauber reagiert mit mehr Sicherheit. Das Team rechnet, dass die Boxenstopps deshalb zwei Zehntel länger dauern werden.
Ericsson und der DRS-Fehler
Ericsson riss ein Fehler aus dem England-Rennen. Der Schwede gibt ehrlich zu, vergessen zu haben, das DRS in Kurve eins zu deaktivieren. Sauber bessert auch hier nach. „Sobald wir vom Gas gehen, klappt der Flügel zu. Vorher mussten wir ihn manuell über einen Knopf schließen, sofern wir nicht ganz vom Gas gegangen sind. Ich habe es in Silverstone versaut. Jetzt gehe ich auf Nummer sicher, selbst wenn ich dadurch ein paar Hundertstel verliere.“
Ericsson muss außerdem an seiner Qualifying-Schwäche arbeiten. Der Schwede macht das Reifenmanagement als großen Unterschied zwischen ihm und Leclerc aus. „Auf den härteren Mischungen sind wir gleichauf. Doch auf den weicheren Mischungen ist er besser. Da fehlt mir das Gefühl, wie ich die Reifen auf eine Runde handhaben muss. Entweder ich unter- oder überfordere sie. Wir haben ein paar Ideen, wie ich die Outlap fahren muss, um die Reifen besser auf die schnelle Runde vorzubereiten.“
Für Force India läuft es von Rennen zu Rennen besser. Der Rennstall aus Silverstone will mit weiteren kleinen Updates den VJM11 besser machen. Esteban Ocon erklärt: „Zu Saisonbeginn war das Auto schwer zu fahren. Inzwischen ist es mechanisch und aerodynamisch viel besser. Immer noch nicht perfekt, aber besser. Vor allem in den letzten zwei Rennen ging es voran.“ Da holte Force India 20 Punkte.
Deshalb glaubt das Team immer noch, Platz vier erreichen zu können. „Wir sind jetzt näher an der Spitze des Mittelfelds dran. Die Saison ist noch lange. Der vierte Platz ist noch möglich“, sagt Sergio Perez. Den wollen aber auch Renault, HaasF1 und McLaren.