F1-Aerodynamik
Die F1-Designer müssen sich bei den Fahrzeugen für 2009 den engen Grenzen des Aerodynamik-Reglements sowie der Physik unterwerfen. Dennoch weisen die ersten vorgestellten Boliden bereits große Unterschiede auf – vor allem bei der Form der Nase und des Frontflügels.
Die neuen Formel 1-Boliden sind gewöhnungsbedürftig. Vor allem die gewaltigen Dimensionen der Frontflügel im Vergleich zum zierlichen Heckspoiler wurde vom Großteil der Fans kritisch aufgenommen. Selbst Insider konnten sich mit den riesigen Luftleitelementen vor der Front.chse nicht so recht anfreunden, was der neuen F1-Generation Titel wie „Schneeschieber“ (Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali) oder „Mähdrescher“ (Niki Lauda) einbrachte.
Doch die Verurteilung der neuen Aerodynamik könnte etwas voreilig kommen. Beim Reglement hat die technische Kommission der FIA nicht den ästhetischen Aspekt in den Vordergrund gestellt, sondern das Ziel, das Überholen zu erleichtern und die Rennen spannender zu machen. Der um 40 Zentimeter gewachsene Flügel soll in Verbindung mit den Slicks an der Vorderachse mehr Grip generieren. Mit den neuen verstellbaren Flaps können Piloten zudem auf die Luftverwirbelungen der Vordermänner reagieren.
Ob es wie gewünscht wirklich mehr Überholvorgänge gibt, muss sich erst noch zeigen. Interessant ist aber jetzt schon die Analyse der verschiedenen Designs. Nur im Mittelteil des Hauptblattes ist der Flügel vom Reglement her standardisiert. Der Rest bleibt den Teams zur freien Gestaltung überlassen. Die Spielwiese der Aerodynamiker liegt in den Außenbereichen des Flügels, sowie den Flaps, den Endplatten und natürlich der Nase.
Und die haben in der Winterpause ganze Arbeit geleistet: In kaum einem Teil unterscheiden sich die neuen F1-Renner so stark wie an der Front. Hier trifft der Wind zuerst auf das Auto. Die Form des Flügels und der Nase bestimmt den Weg der Luftströme, die über das ganze Auto hinwegfließen.
Toyota hat die kürzeste Nase, die mit zwei nach vorne ragenden Stelzen mit dem Flügel verbunden ist. Die zwei Säbelzähne lassen die ansonsten sehr schmale Frontpartie wuchtig erscheinen. Der TF 109 kommt mit einem einzigen Flap-Element aus, das bei der Vorstellung noch besonders stark geformt war. Die Endplatten des Frontflügels weisen sichelförmig nach außen und leiten Luft um die Vorderräder.
Bei Renault versucht man dagegen die Luft innen an den Slicks vorbeizuleiten. Auch bei der Form der Nase weichen die Franzosen vom Trend ab. Die breite und kantige Frontpartie mit der nach hinten gezogenen Seitenverkleidung gleicht eher einem Walhai. Auch das einteilige verstellbare Flügelelement ist sehr einfach und kantig gehalten.
Das Kontrastprogramm zu Renault liefert der MP4-24 aus dem Hause McLaren-Mercedes. Die tiefe und eher rundliche Nase wird über zwei breit nach außen gebogene Stelzen mit dem Flügel verbunden. Der Flap verläuft bei den Silberpfeilen traditionell in zwei Etagen. Außerdem sind die verstellbaren Elemente bereits sehr stark ausgeformt.
Beim Konkurrenten Ferrari verläuft die Frontpartie filigraner. Die Nase ist schlanker und höher angebracht. Die Verbindungen mit dem Frontflügel sind nicht so stark ausgestellt wie beim McLaren und deutlich weiter nach hinten versetzt. Zusätzlich zum Hauptblatt haben die Italiener nur ein bewegliches Element vorgesehen. Als Unterstützung wurde ein kleiner Vorflügel an den Endplatten montiert, der die Luftströme in die gewünschten Bahnen lenken soll.
Bei BMW-Sauber scheint die Front deutlich massiver gebaut zu sein. Mit seinem kantigen Design ist der wuchtige Flügel mit Doppel-Flap nicht gerade eine Schönheit. Die Endplatten im Schuhkarton-Format lenken die Luft wie bei den meisten Teams an den Vorderreifen vorbei. Auch die Nase selbst wirkt auf den ersten Blick etwas plump. Sie steht relativ hoch, breit und flach im Wind und ist durch zwei senkrechte Streben mit dem Flügel verbunden.
Ähnlich breit, aber deutlich rundlicher kommt die Williams-Knubbelnase daher. Sie ist vorne deutlich tiefer montiert, steigt allerdings bis zur Vorderachse stark an. Der 1,80 Meter breite Frontflügel ist an den Enden angehoben. Der FW31 weist wie der Ferrari F60 eine Finne oberhalb des Hauptblattes auf. Der einteilige Flap zeigte sich beim ersten Test in Portimao bereits filigran ausgeformt.
Natürlich werden sich die Boliden bis zum Saisonstart in Melbourne noch deutlich verändern. Die Ingenieure haben bereits einige interessante Ideen angekündigt, die der Konkurrenz aber erst so spät wie möglich präsentiert werden sollen. Klar ist jedoch auch, dass bei der Form der Nasen keine großen Revolutionen möglich sind. Die vordere Struktur muss nach jeder Änderung einen neuen FIA-Crashtest bestehen, was mit hohen Kosten verbunden ist.