Sieger im Krankenstand
Jacques Villeneuve feierte seinen zweiten Sieg in dritten Rennen der Saison. Doch der Kanadier musste 112 Minuten lang leiden. Er hatte sich eine Darmgrippe eingefangen. Williams plante deshalb mit drei Boxenstopps, obwohl es nicht die schnellste Taktik war.
Nach Damon Hills WM-Titel 1996 ging Williams auch 1997 als Favorit in die Saison. Ferrari hatte sein Auto verbessert, war aber zu Saisonbeginn noch nicht ganz auf dem Niveau von Williams. Michael Schumachers Plan war deshalb so viele Punkte wie möglich zu hamstern, bis seine alten Benetton-Kumpel Ross Brawn und Rory Byrne den von John Barnard gebauten Ferrari F310B flottgemacht haben. Über Damon Hill musste sich Schumacher nicht mehr den Kopf zerbrechen. Der fuhr im Arrows-Yamaha am Ende des Feldes. Sein großer Gegner in diesem Jahr hieß Jacques Villeneuve./span>. Zu dem Zeitpunkt der Saison rechnete Schumacher genauso noch mit Williams-Neuzugang Heinz-Harald Frentzen.
Villeneuve machte schnell deutlich, wer die Nummer 1 bei Williams sein sollte. Der Kanadier gewann zwei der ersten drei Rennen. Der Sieg beim GP Argentinien hing jedoch am seidenen Faden, was auch der knappe Vorsprung von 0,979 Sekunden auf den zweitplatzierten Eddie Irvine zeigte. Villeneuve plagte eine Darmgrippe. Williams schickte seinen WM-Favoriten deshalb mit drei Boxenstopps ins Rennen. „Wir wollten ihm möglichst viele Verschnaufpausen und immer ein möglichst leichtes Auto geben“, erklärte Patrick Head. Auch das Siegerauto war krank. Villeneuve kämpfte mit den gleichen Getriebeproblemen, die in Brasilien schon Heinz-Harald Frentzen geplagt hatten.
Frentzens Konto weiter auf Null
Rückblickend war die Taktik mit drei Stopps der richtige Weg für Williams. Der FW19 nahm die Reifen zu hart ran. Die weichen Gummimischungen warfen Blasen und provozierten heftiges Untersteuern. Trotzdem hielt Villeneuve den Ferrari von Eddie Irvine in Schach, der mit zwei Boxenstopps über die Distanz kam. Doch Irvines letzter Reifensatz hatte im Finale 12 Runden mehr auf der Lauffläche. Ferraris Nummer zwei startete einen Angriff, beschränkte sich dann aber auf Ankommen. Italiens Medien hatten im Vorfeld seinen Kopf gefordert. Da waren sechs Punkte wichtiger als ein Harakiri-Angriff auf den Spitzenreiter.
Heinz-Harald Frentzens Punktekonto stand auch nach dem dritten Rennen auf Null. Das Sorgenkind von Williams reiste zwischen den Südamerika-Rennen nach Europa zurück, um mit den Ingenieuren in der Fabrik auf Spurensuche nach der Krise zu gehen. Frentzen setzte immerhin durch, das Auto nach seinem Geschmack abzustimmen. Viel hatte es nicht geholfen. Villeneuve hängte den Teamkollegen um 0,798 Sekunden ab. In der 6. Runde rollte Frentzen mit defekter Kupplung aus.
Schumacher hoffte vergeblich auf Abbruch
Michael Schumachers Rennen war bereits in der ersten Kurve beendet. Der Ferrari verhakte sich mit dem kreiselnden Stewart von Rubens Barrichello. Barrichello gab beim Rückwärtsrollen Gas. Dabei verhakte er sich mit dem Ferrari. Coulthards McLaren erhielt einen Streifschuss. Schumacher fluchte: „Ich bekam Öl von Frentzens Williams auf das Visier und konnte nichts sehen.“ Statt einem Abbruch rückt das Safety Car aus. Barrichello schleppte seinen waidwunden Stewart an die Boxen. Schumacher sprintete den Weg zurück in der Hoffnung auf eine rote Flagge. Den Gefallen wollte man ihm nicht tun. So ruhten alle Hoffnungen auf Eddie Irvine. Er erfüllte sie.
Die Rolle des besten Deutschen fiel Ralf Schumacher zu. Der Bruder des zweifachen Weltmeisters fuhr in seinem erst dritten Grand Prix schon auf Rang 3. Doch bei Jordan und Motorenpartner Peugeot wurde nur verhalten gejubelt. Ralf Schumacher hatte in der 25. Runde auf seinem Weg nach vorne Teamkollege Giancarlo Fisichella von der Strecke bugsiert. Eddie Jordan befahl Ralf, sich bei Fisichella zu entschuldigen. Der Römer lehnte die erzwungene Abbitte ab. Es war der Beginn einer langen Feindschaft. Schumacher II ging mit den harten Reifen ins Rennen. Ihm reichte ein Stopp. Der Teamchef ärgerte sich hinterher: „Ohne die Kollision hätten wir das Rennen gewinnen können.“
Der Warnschuss von Bridgestone
Das konnte auch Olivier Panis im Prost-Mugen von sich behaupten. Der Franzose hätte diesen Grand Prix vielleicht gewonnen, wäre nicht nach 19 Runden die Hydraulik kollabiert. Da lag Panis 7,1 Sekunden hinter Villeneuve. Er wollte aber einmal weniger an die Tankstelle als der spätere Sieger. Bridgestone zeigte erneut, dass der japanische Gummi auf Strecken mit vielen Bodenwellen und langsamen Kurven besonders gut haftete. Es war ein weiterer Warnschuss für Platzhirsch Goodyear.
McLaren-Mercedes und Benetton-Renault verschwanden in der Startaufstellung im Mittelfeld. Im Rennen drehten sie auf harten Reifen mit nur einem Boxenstopp groß auf. Mika Häkkinen kam vom 17. Startplatz und wurde Fünfter. Knapp vor Gerhard Berger, der von Rang 12 gestartet, in der ersten Runde aber auf Platz 17 zurückgefallen war. Berger drehte die schnellste Runde des Rennens und wurde 0,4 Sekunden hinter Häkkinen noch Sechster.
Sauber feierte den vierten Platz von Johnny Herbert wie einen Sieg. Der Engländer hielt mit einer Zweistopp-Taktik Häkkinen und Berger auch deshalb in Schach, weil der Sauber im Topspeed mit McLaren und Benetton mithalten konnte. Tyrrell versuchte mit zwei Turmflügeln auf den Seitenkästen Anpressdruck zu gewinnen. Es reichte nur zu Platz 8 für Mika Salo. Die optischen Sünden für mehr Abtrieb sollten bald Schule machen.
72 Runden à 4,259 km = 306,648 Kilometer
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