Kurze Laufzeit, gemeinsame Stiftung

Der Weltmeister bleibt. Lewis Hamilton und Mercedes haben sich auf eine Vertragsverlängerung geeinigt. Das Erfolgs-Duo geht 2021 in die neunte gemeinsame Saison, und gleist ein Projekt für mehr Vielfalt und Inklusion auf.
Die Vertragsverlängerung zog sich über Monate hin, obwohl die Parteien immer gewillt waren, die Erfolgsehe fortzusetzen. Mercedes beteuert, nicht einmal über Alternativen nachgedacht zu haben, "weil immer klar war, dass wir miteinander weitermachen wollen". Doch Corona funkte dazwischen. "Das Ziel war eigentlich, zwischen den beiden Bahrain-Rennen abzuschließen", führt Mercedes-Teamchef Toto Wolff aus. Doch da setzte das Virus Lewis Hamilton./span> außer Gefecht.
Nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi 2020 war der Champion sogar für ein paar Wochen offiziell arbeitslos. Doch jetzt hat sich Mercedes mit seinem wichtigsten Angestellten geeinigt. Der Weltmeister wird auch in der kommenden Saison im schwarz-lackierten Silberpfeil sitzen und nach seinem achten WM-Titel jagen. Es wäre der alleinige Rekord. Den Vertrag dafür hat Hamilton in der vergangenen Woche unterzeichnet. Auf die wichtigsten Eckpunkte hatte man sich bereits Anfang des Jahres verständigt. Dann ging es in die Details. Verhandelt wurde nicht an einem Tisch, sondern über Online-Plattformen.
"Ich freue mich, in meine neunte Saison zusammen mit Mercedes zu starten. Gemeinsam haben wir mit unserem Team Unglaubliches erreicht und freuen uns darauf, auf unseren Erfolgen weiter aufzubauen und uns auf und abseits der Rennstrecke stetig weiter zu verbessern", lässt sich Hamilton in einer Pressemitteilung zitieren.
Hamilton-Vertrag für 2021
Die Vertragslaufzeit gibt Mercedes mit einem Jahr an – ohne eine Option. Heißt: Alles darüber hinaus muss neu verhandelt werden. Gerüchten zufolge war der 36-Jährige zunächst auf einen Deal für die nächsten drei Saisons aus, der ihm mehr als 130 Millionen Dollar hätte einspielen sollen. Die kurze Vertragsdauer könnte bedeuten, dass Hamilton nicht auf direktem Weg bekam, was er sich erhofft hatte. In der Corona-Pandemie sind Gehaltserhöhungen für Großkonzerne wie Mercedes schwer zu argumentieren, wenn andere Teile der Belegschaft mit Abstrichen leben müssen.
Teamchef Wolff will nicht ins Detail gehen, doch seine Umschreibung der Weltlage gibt indirekt die Antwort auf die Gehaltsfrage. "Wir erleben menschlich, gesundheitlich und wirtschaftlich schwierige Zeiten. Dazu erfindet sich die Automobil-Industrie gerade neu mit dem Schwerpunkt auf die Elektromobilität. Diese Situation ist Lewis bewusst. Er hat immer Loyalität und Verständnis gezeigt."
Ein Einjahres-Vertrag scheint da ein guter Kompromiss. Hamilton wird hoffen, dass sich die Corona-Lage in den kommenden Monaten entspannt. Dann stehen die Gespräche über eine noch längere Zusammenarbeit über 2021 hinaus auf einem ganz anderen Fundament. Dass er sein Geld wert ist, hat er mit sechs WM-Titeln und 74 Siegen für Mercedes seit 2013 gezeigt. Dazu kommen eine Weltmeisterschaft und 21 Siege für McLaren.
Dass es vorerst nur bei einem weiteren Jahr bleibt, führt Wolff auch auf andere Umstände zurück. "2022 kommt ein völlig neues Reglement. Da wird auch das Cost-Cap eine Rolle spielen." Noch wird das Fahrergehalt nicht in den Budgetdeckel eingerechnet. Doch das könnte sich im Zuge weiterer Sparmaßnahmen in der Formel 1 zukünftig ändern. Und dann wäre ein zu hohes Gehalt kontraproduktiv, weil dann Geld bei der Fahrzeugentwicklung fehlt. "Außerdem haben wir mit den Verhandlungen so lange zugewartet, dass wir nicht noch über ein oder zwei zusätzliche Jahre diskutieren wollten."
Dass der Weltmeister ein paar Wochen vor Saisonstart ohne neues Arbeitspapier dastand, regte bei manch einem die Fantasie an. Wolff räumt mit Spekulationen über unerfüllbare Forderungen auf, die angeblich den Prozess in die Länge gezogen hatten. "Es war nie die Rede von einem Mitspracherecht beim Teamkollegen über 2021 hinaus. Und auch nie von einer Umsatzbeteiligung an den TV-Geldern."
Stiftung als nächster Schritt der Zusammenarbeit
Der Weg zum nächsten WM-Pokal ist geebnet. Doch dem Engländer ging es bei der Vertragsverlängerung nicht nur um die sportliche Perspektive, sondern auch um soziale Projekte. Hamilton setzt sich stark für den Kampf gegen Rassismus ein. Er will dafür sorgen, dass auch bislang unterrepräsentierte Gruppen den Zugang zum Motorsport erhalten und die gleichen Berufschancen haben, wenn sie für eine Leidenschaft glühen.
Für diese gute Sache hat Hamilton auch die Unterstützung von Mercedes gewonnen. Zusammen will man eine gemeinnützige Stiftung gründen. Mit dem Ziel, mehr Vielfalt und Inklusion in allen Formen im Motorsport zu unterstützen. Ein Investment, das mehr zählt als etwas mehr Geld auf dem Gehaltsscheck. "Es geht uns bei der Stiftung um ein langfristiges Engagement. Lewis und Mercedes unterstützen sie zu gleichen Teilen mit einem substanziellen Millionenbetrag. Wir wollen uns Projekte aussuchen, die die größtmögliche Auswirkung erzielen. Junge Leute, Schüler aus einem weniger bevorzugten Umfeld sollen unterstützt werden, es in die Formel 1 zu schaffen und dort zu arbeiten."
In der Stiftung selbst werden der Rekordweltmeister und ein Mercedes-Gesandter sitzen. Hamilton führt in der Pressemitteilung des Teams aus. "Ich bin ebenso entschlossen, den Weg fortzusetzen, den wir begonnen haben, um den Motorsport für künftige Generationen vielfältiger zu gestalten. Ich bin dankbar, dass Mercedes meinen Aufruf, dieses Thema zu adressieren, so stark unterstützt", sagt Hamilton. "Ich bin stolz, sagen zu können, dass wir die Bemühungen in diesem Jahr weiter intensivieren, indem wir eine Stiftung für mehr Vielfalt und Inklusion in unserem Sport gründen. Ich bin inspiriert von allem, was wir gemeinsam aufbauen können, und kann es kaum erwarten, im März zurück auf die Rennstrecke zu gehen."
Die nächsten Verhandlungen sollen diesmal früher stattfinden – und früher abgeschlossen werden. Angepeilt ist, dass es bis Sommer Klarheit über die weitere Zusammenarbeit gibt. Wolff: "Wir haben schon im Ansatz diskutiert, wie es weitergehen könnte. Lewis brennt als Rennfahrer. Er ist sehr anpassungsfähig. Ich sehe bei ihm keinen Leistungsabfall."