Toro-Rosso-Honda Motoren-Deal
Am Sonntag von Monza soll es feststehen. McLaren fährt 2018 mit Renault-Motoren, Toro Rosso mit Honda-Power. Doch es gibt immer noch Hindernisse, die der Tauschaktion entgegenstehen. Es werden hektische 36 Stunden in Monza.
Am Samstag traf Honda-Rennleiter Masashi Yamamoto in Monza ein. Ein Zeichen dafür, dass sich die scheinbar unendliche Saga zwischen McLaren und Honda dem Ende zuneigt. Die Stunde der Entscheidung ist gekommen, obwohl McLaren in der Motorenfrage notfalls noch zwei Wochen warten könnte, bevor die Ingenieure Alarm schlagen. „Wenn wir mit der Motorentscheidung noch länger warten müssten, würde das Kompromisse für das Auto bedeuten“, heißt es bei McLaren.
Die Frist für diese Entscheidung setzt ein anderes Team. Toro Rosso braucht bis Sonntagabend Bescheid, ob der Honda-Deal klappt oder nicht. Es geht nicht nur um den Einbau des Motors, auch um das Getriebe für den Honda V6-Turbo. Das müsste von McLaren geliefert werden. Offiziell stellt sich Red Bull stumm. „Wir führen keine offiziellen Gespräche mit Honda“, wiegelt Motorsportdirektor Helmut Marko ab.
McLarens kleiner Erpressungsversuch
Hinter den Kulissen ging es in den letzten Wochen rund. McLaren will nicht mehr mit Honda-Motoren fahren. Der zweitälteste Rennstall der Formel 1 hat Angst, dass man auch 2018 in der Versenkung verschwindet. „Ein weiteres schlechtes Jahr kann uns zerstören. Wir nehmen alles, selbst einen 2017er Mercedes-Motor“, heißt es aus Woking. Inzwischen ist so viel Porzellan zerschlagen, dass das Verhältnis zwischen McLaren und Honda kaum noch zu kitten ist.
Die Forderung von McLaren, dass Honda eine Abfindung von 200 Millionen Dollar zahlen soll, ist offenbar vom Tisch. McLaren-Chef Zak Brown erklärt: „Unsere Entscheidung ist rein sportlicher Natur und hat nichts mit Geld zu tun. Wir wollen den Motor, mit dem wir die besten Leistungen auf der Strecke erzielen können. Zum Glück haben wir Besitzer, die diesen Kurs finanziell mitgehen.“
Die FIA und die F1-Rechteinhaber von Liberty Media wollen jedoch den japanischen Hersteller unter allen Umständen in der Formel 1 halten. Deshalb ließ die Formel 1-Chefs der kleine Erpressungsversuch von McLaren ziemlich kalt. Der englische Rennstall hatte gedroht, dass die Formel 1 nicht nur Honda verlieren würde, wenn man McLaren keinen Ersatz-Motor beschaffe, sondern McLaren, Fernando Alonso und Honda.
Dazu meinte ein Vertreter der Rechteinhaber: „McLaren kann uns gar nicht verlassen. Sie haben bis 2021 einen Vertrag mit uns.“ Force India-Sportdirektor Otmar Szafnauer wundert sich über die Aktivitäten: „Die Frist, den Motorenpartner zu wechseln ist längst abgelaufen. McLaren kann das frühestens 2019 tun.“
Renault-Vertreter im McLaren-Motorhome
Die Rechteinhaber suchen dennoch fieberhaft nach einer Lösung, die allen Beteiligten gerecht wird. Das würde bedeuten, dass McLaren seine Renault-Motoren bekommt und Toro Rosso Honda-Power. Es ist der einzig mögliche Weg, den gordischen Knoten zu lösen.
Mercedes, Ferrari und Renault haben McLaren schon erklärt, dass sie kein viertes Team beliefern können. „Sie wollen nicht“, verbessert ein McLaren-Mann. „Aber sie müssen, wenn sie McLaren in der Formel 1 haben wollen.“ Sicheres Zeichen dafür, dass der Stein im Rollen ist: In Monza ging die Renault-Führungsspitze Jerome Stoll, Cyril Abiteboul und Alain Prost bei McLaren ein und aus.
Doch für einen Motorentausch zwischen Toro Rosso und McLaren stehen noch einige Hindernisse im Weg. Toro Rosso mit seinen Junior-Fahrern ist aus Sicht des Honda-Vorstands nicht so attraktiv wie McLaren und einer Galionsfigur wie Fernando Alonso. Man könnte die Japaner damit ködern, dass Red Bull ab 2019 mit Honda-Motoren fährt, sollte sich das japanische Triebwerk im vierten Jahr endlich bewähren.
Steigt Honda nach der Saison 2018 aus?
Es gibt noch ein Problem: Toro Rosso will angeblich einen Dreijahresvertrag. Der Honda-Vorstand hat aber seinen Ingenieuren die Pistole auf die Brust gesetzt. Wenn es 2018 keinen Fortschritt gibt, droht der Ausstieg. Das wäre mit Kompensationszahlungen lösbar, sollte der Fall eintreten.
Zak Brown machte Toro Rosso den ungeliebten Motorenpartner mit einem überraschenden Lob schmackhaft: „Wir glauben, das Honda im nächsten Jahr einen guten Schritt nach vorne machen kann. Sie haben eine neue Struktur aufgesetzt, mehr Leute und stecken mehr Geld in das Projekt. Und sie haben sich externe Berater geholt.“
Da fragt man sich: Warum bleibt McLaren nicht gleich bei Honda? Antwort: Weil das Vertrauen zerstört ist. Doch was ist dann der nächste Schritt? Der Fahrerlagerfunk meldet, dass McLaren am Montag nach dem GP Italien Honda bedingungslos kündigt, wenn bis dahin keine Lösung gefunden ist.
Dann gibt es zwei Szenarien. Entweder Honda flüchtet sich in der Not doch noch zu ToroRosso. In diesem Fall wäre für McLaren der Weg zu Renault frei. Oder Honda steigt mangels Alternativen aus. Dann müsste die FIA per Losentscheid festlegen, wer McLaren beliefert. Und das könnten dann auch Mercedes oder Ferrari sein.