Sinnloses Versteckspiel
Red Bull zeigt keine Fahraufnahmen von seinem neuen Auto. Das ist ein bisschen lächerlich, weil ein Versteckspiel gerade in dieser Saison keinen Sinn macht. Die Teams haben ihre Entwicklungs-Token ja bereits aufgebraucht, wundert sich Michael Schmidt in seinem Blog.
Bei Red Bull waren sie schon immer Geheimniskrämer. Die Computeranimationen neuer Autos haben in der Regel nur gezeigt, was man unbedingt zeigen musste. Die ersten Fahraufnahmen des neuen Autos waren aus Winkeln aufgenommen, die möglichst wenig erkennen ließen. Aber es gab sie wenigstens.
In diesem Jahr beschränkt sich die Informationspflicht auf zwei digital erstellte Zeichnungen des RB16B. Von Fahraufnahmen keine Spur. Red Bull verbrachte mit seinen drei Fahrern und dem neuen Auto zwar einen Filmtag in Silverstone, zeigte auf seiner Website aber nur Aufnahmen des uralten RB15, der dabei ebenfalls zum Einsatz kam.
Keine Chance für Kopierer
In früheren Jahren hätte man ein solches Versteckspiel noch verstehen können. Da hatten die Gegner alle Freiheiten alles zu kopieren. Doch 2021 ist es wirklich sinnlos. Die Teams haben ihre Token bereits eingesetzt. Die Notwendigkeit, so früh wie möglich auf das 2022er Auto umzuschwenken, die reduzierte Windkanalzeit und die Budgetdeckelung machen es fast unmöglich, in großem Stil zu kopieren.
Hätte Red Bull einen Supertrick ausgepackt, der eine umfangreiche Änderung am Auto verlangt, bliebe dieser bis Ende der Saison exklusiv. Egal, wann man ihn entdeckt. Handelt es sich um irgendein aerodynamisches Detail, kommt es beim Gegner vielleicht mit einem Rennen Verspätung an, wenn man es bis zu den Testfahrten versteckt.
Auch die Theorie, dem Rivalen jetzt eine Denksportaufgabe mit auf den Weg zu geben, um ihn abzulenken, wäre reichlich naiv. Mercedes wird die Ungewissheit nicht um den Schlaf bringen. Wer jetzt glaubt, dass da eine Heerschar von Ingenieuren in Brackley nichts anderes tut als dem Red-Bull-Geheimnis auf die Spur zu kommen, versteht das Geschäft nicht.
Alpha Tauri versteckt neue Nase
Komisch ist, dass es auch keine offiziellen Fotos vom Shakedown des neuen Alpha Tauri AT02 in Imola gibt. Nur fünf Computeranimationen mit wenig Aussagekraft. Die größte sichtbare Änderung auf diesen Bildern ist die Lackierung. Die neue Nase im McLaren-Stil, die Zaungäste beim Shakedown heimlich fotografieren konnten, blieb auf den offiziellen Bildern noch verborgen.
Dabei zählt der Rennstall aus Faenza eigentlich nicht zu denen, die sich mit Bedacht verstecken. Wenn er es nun doch tut, müsste man fast annehmen, dass Red Bull und sein Schwesterteam etwas nicht zeigen wollen, was beiden Autos gemeinsam ist. Doch auch dann verschließt sich einem der Sinn der Geheimhaltungspolitik.
Wir bei auto motor und sport haben jedenfalls entschieden, kein Bild mit einem fahrenden RB15 zu veröffentlichen. Schade eigentlich. Die Formel 1 sollte sich wirklich mal hinterfragen, ob sie ihren Fans nach der langen Winterpause nichts Besseres bieten will, als stark retuschierte neue Autos und langweilige Zoom-Konferenzen. Das Interesse an unserem Sport steht und fällt mit der Qualität der Information. Und da sieht es derzeit ziemlich dürftig aus.