Mercedes bestätigt Papierform
In Spa hätte Ferrari WM-Gegner Mercedes fast in die Suppe gespuckt. Beim Heimspiel tut sich Ferrari schwerer. Mercedes bestätigte die Papierform. Die Silberpfeile haben auf eine Runde und im Longrun die Nase vorn.
Wenn der erste Trainingstag in Monza ein Indikator für den GP Italien am Sonntag ist, dann geht Mercedes als klarer Favorit in das 13. Rennen der Saison. Beide Trainingssitzungen wurden von den Silberpfeilen dominiert. Am Morgen Lewis Hamilton vor Valtteri Bottas, am Nachmittag in umgekehrter Reihenfolge. In der ersten Trainingssitzung betrug der Vorsprung auf Ferrari 1,115 Sekunden. In der zweiten schrumpfte er auf 0,140 Sekunden über eine Runde.
Mercedes im Longrun schneller
In den Longruns hatte Mercedes deutlicher als sonst die Nase vor Ferrari. Im direkten Vergleich fällt der Unterschied mit acht Zehnteln bis einer Sekunde besonders krass aus. Spritbereinigt und unter Einrechnen der unterschiedlichen Länge der Longruns gewinnt Mercedes auf Supersoft-Reifen im Vergleich zu Kimi Räikkönen vier, mit der härteren Soft-Mischung im Vergleich zu Sebastian Vettel drei Zehntel.
Vettel drehte auf dem Soft-Reifen 18 Runden, Hamilton gerade mal die Hälfte. Klar, dass bei Vettel da der Schnitt steigt. „Außerdem bin ich in den letzten Runden ständig im Verkehr gesteckt, und nach zwei Runden unter dem virtuellen Safety-Car waren die Reifen wieder ausgekühlt. Da geht morgen noch was“, verspricht der WM-Spitzenreiter für den Samstag. Der Medium-Reifen spielt wie erwartet keine Rolle. Wenn es am Sonntag nicht regnet, wird der GP Italien ein Einstopp-Rennen mit der Reifenfolge supersoft-soft.
Die Pole Position von 2016 dürfte für die Schnellsten kein Problem sein. Am ersten Trainingstag fehlten mit der Bestzeit von 1.21,406 Minuten nur 0,271 Sekunden auf Hamiltons Trainingsbestzeit vom Vorjahr. Um den absoluten Rekord aus dem Jahr 2004 zu brechen, müssen sich die Fahrer noch strecken. Der steht auf 1.20,089 Minuten, aufgestellt von Rubens Barrichello.
Nico Hülkenberg erzählt dazu ein interessantes Detail. „Monza ist mit den neuen Autos eine andere Strecke geworden. Die Autos bauen auch mit Mini-Flügel so viel Abtrieb auf, dass du nicht mehr wie früher in den Kurven am Limit unterwegs bist. Früher haben sich die Autos ganz leicht angefühlt. Jetzt machen die Kurven viel mehr Spaß.“
Force India rechnet mit Resultat in den Top 6
Ferrari-Rennleiter Maurizio Arrivabene kommentierte die Niederlage vom Freitag gelassen: „Wir sind realistisch. Monza ist eine Strecke, die Mercedes entgegenkommt. Aber wir geben nicht auf.“ Die Fahrt in die erste Startreihe könnte für Ferrari schwierig werden. Nicht nur, weil Mercedes im Qualifikations-Modus mehr Power freisetzen kann. Valtteri Bottas hat seine Form wiedergefunden. Der Finne ist durchaus ein Kandidat für die Pole Position.
Die dritte Kraft im Feld ist Red Bull. Die beiden RB13 sind mit Mini-Flügeln bestückt, haben ihre Fahrer aber trotzdem mit einer passablen Balance erfreut. Motorsportdirektor Helmut Marko wunderte sich: „Die Longrunzeiten von Supersoft und Soft sind fast identisch. Der Soft ist konstanter. Beim Supersoft beobachten wir, dass er kurz einbricht, sich nach zehn Runden aber wieder erholt.“ Daniel Ricciardos Longrun-Bestzeit ist mit Vorsicht zu genießen. Die Konkurrenz nimmt an, dass der Australier mit wenig Sprit unterwegs war, um für die erwartete Aufholjagd unterschiedliche Rennszenarien zu testen.
Wegen der Startplatzstrafen werden Max Verstappen und Daniel Ricciardo von weit hinten starten. Marko grübelt bereits: „Wir haben zwar die Rundenzeit, aber nicht den Top-Speed nach vorne zu fahren. Die Force India werden schwer zu knacken sein.“ Die Chance, dass sich Esteban Ocon und Sergio Perez wieder ins Auto fahren, ist kaum existent. Für die beiden gelten am Sonntag neue Benimmregeln.
Force India-Technikchef Andy Green gibt die Order aus: „Training Top 10, Rennen Top 6. Wenn wir hier nicht das viertschnellste Auto haben und von den Strafen der Red Bull profitieren, haben wir etwas falsch gemacht.“ Die Ingenieure haben noch einen Berg Arbeit vor sich. Während Ocon mit seinem Auto zufrieden war, klagte Perez über Balanceprobleme.
McLaren erwartet am Samstag noch Absturz
Force India muss über Nacht auch noch die Frage beantworten, wie viel Abtrieb der beste Kompromiss ist. In der ersten Trainingssitzung fuhr Force India mit mehr Anpressdruck, am Nachmittag mit weniger. Unterschied im Top-Speed: 6 bis 8 km/h. Da Force India im ersten Training vergleichsweise besser unterwegs war, geht die Tendenz eher Richtung mehr Abtrieb. Gleiches Spiel bei HaasF1.
Die Amerikaner waren die Hälfte des zweiten Trainings nur mit einem Auto unterwegs. Wie schon in Österreich brach am Auto von Kevin Magnussen die rechte Hinterradaufhängung. „Ob zuerst der untere oder obere Querlenker kaputtgegangen ist, wissen wir nicht. Die Aufhängung war ziemlich neu. Deshalb können wir uns den Schaden nicht erklären“, erzählte Teamchef Guenther Steiner.
Die größte Bedrohung für Force India aus dem Mittelfeld könnte diesmal wieder von Williams kommen. Felipe Massa deutete nicht nur mit der zehntbesten Zeit an, dass Williams in Monza besser sortiert ist als zuletzt in Spielberg, Silverstone, Budapest und Spa. Auch die Dauerläufe lassen Williams auf WM-Punkte am Sonntag hoffen. Massa war auf den Supersoft-Reifen kaum langsamer als Ocon. Auf der härteren Mischung landete der Brasilianer auf Platz 3.
Auch für Nico Hülkenberg und Carlos Sainz war das zweite Training vorzeitig zu Ende. Ein Hydraulikproblem legte den Renault lahm. Hülkenberg war trotzdem halbwegs zufrieden: „Das Problem sollte uns den Rest des Wochenendes nicht mehr einschränken. Dumm natürlich, dass wir unseren Longrun verloren haben. Das Auto liegt ganz gut, aber hier wird es wie erwartet schwerer für uns als auf den letzten Strecken.“
Sainz raffte ein Motorschaden dahin. Das Strafenkonto des Spaniers könnte um weitere 5 Startplätze ansteigen. 10 Startpositionen muss der Toro Rosso-Pilot schon wegen der fünften MGU-H zurück. McLaren-Honda überraschte im zweiten Training mit den Plätzen 7 und 8 für Stoffel Vandoorne und Fernando Alonso. Teamchef Eric Boullier bremst allzu große Erwartungen. „Wir fahren am Freitag immer schon mit der Power vom Samstag. Deshalb schmeichelt und das Ergebnis. Am Samstag verlieren wir mindestens eine halbe Sekunde, weil wir nicht mehr aufdrehen können.“
In der Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die besten Bilder des Tages.
GP Italien 2017: Longrun-Zeiten FP2