Kann Red Bull kontern?
Sieben Tage nach der Niederlage von Portimao will Red Bull in Barcelona direkt zurückschlagen. Die Chancen für einen Sieg gegen Mercedes stehen gar nicht so schlecht. In der Vorschau haben wir die letzten Infos zum spanischen Grand-Prix-Klassiker.
Die Formel-1-Saison 2021 nimmt so langsam Fahrt auf. In Barcelona steht am kommenden Wochenende direkt der zweite Teil des ersten Double-Headers des Jahres auf dem Programm. Für die Teams und die Fahrer bleibt nicht viel Zeit zum Durchschnaufen oder um Probleme zu analysieren. Auf der anderen Seite gibt die kurze Pause allen Verlierern vom Portugal-GP die Gelegenheit, ihre Enttäuschung sofort wieder zu vergessen.
Normalerweise dreht die Formel 1 schon im Winter zahlreiche Testrunden in Barcelona. Doch wegen Corona ist aktuell nichts normal. Und so müssen sich die 20 Fahrer beim Spanien-Ausflug auf einige Neuerungen einstellen. Um die Sicherheit zu erhöhen wurde Kurve zehn komplett umgebaut. In anderen Passagen haben die Verantwortlichen versucht, die Fahrer mit neuen Randsteinen vom Verlassen der Piste abzuhalten.
Nach dem kühlen Nacht-Grand-Prix in Bahrain, dem Regenrennen in Imola und der windigen Rutschpartie in Portimao hoffen alle Beteiligten endlich auf normale Bedingungen, um verwertbare Aussagen über das Kräfteverhältnis zu erhalten und mit der Entwicklung der Autos voranzukommen. So richtig warm soll es aber auch in Barcelona nicht werden. Das Quecksilber dürfte nach letzten Prognosen kaum über die 20°C-Marke klettern.
Vor allem bei Mercedes wird man sich über die moderaten Temperaturen freuen. Die Ingenieure hatten im Vorfeld Sorgen geäußert, dass der aggressive Asphalt und die schnellen Kurven die Reifen zu sehr erhitzen. Damit hatten die Silberpfeile schon in Bahrain zu kämpfen. Für Red Bull ist es wichtig, direkt den Konter zu setzen. Der Rückstand von Max Verstappen ist nach der Niederlage von Portimao auf acht Zähler angewachsen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Lewis Hamilton frühe WM-Führungen clever verwalten kann.
Die Strecke – Circuit de Barcelona-Catalunya
Nach endlosen Testläufen in Barcelona in den vergangenen Jahren sollten eigentlich keine großen Überaschungen auf die Ingenieure und die Fahrer warten. Sie kennen die Strecke aus dem Effeff. Nur in Kurve zehn müssen die Piloten etwas vorsichtiger zu Werke gehen. Hier haben die Organisatoren den Radius etwas erweitert und die Auslaufzonen vergrößert. Das soll für mehr Sicherheit sorgen. Eine Runde wird dadurch um 20 Meter länger.
Das nun 4,675 Kilometer lange Asphaltband bietet eine gute Mischung aus verschiedenen Elementen. Deshalb wird der Kurs auch als idealer Gradmesser für die Leistungsfähigkeit der Autos angesehen. Schnelle Kurven mit hohen Fliehkräften wechseln sich in Barcelona mit langsamen Ecken ab. Vor allem Allrounder sind gefragt. Wer hier gut aussieht, sollte auch auf anderen Strecken erfolgreich sein.
Trotz zweier DRS-Zonen und der mehr als einen Kilometer langen Gerade ist das Überholen traditionell sehr schwierig. Grand Prix-Rennen in Barcelona gehören normalerweise nicht zu den Action-Festen im Kalender. Besonders interessant geht es aber immer am Start zur Sache. Der Sprint in die erste Kurve ist einer der längsten in der ganzen Saison. Trotz der langen Anfahrt zu Turn 1 kamen die Rennsieger in der Mehrzahl aus der ersten Startreihe. Das unterstreicht, wie wichtig die Qualifikation in Barcelona ist.
Fast Facts zum GP Spanien:
- Rundenlänge: 4,675 km
- Rundenzahl: 66
- Renndistanz: 308 km
- Rundenrekord (Rennen): 1:18.183 Min. (Valtteri Bottas, 2020)
- Absoluter Rundenrekord: 1:15.406 Min. (Valtteri Bottas, 2019)
- Distanz von Pole Position bis Kurve 1: 612,5 m
- Boxengassen-Durchfahrtszeit: 19,6 Sekunden (368,2 m)
- Top-Speed: 322 km/h
- Spritverbrauch: mittel
- Reifenverschleiß: mittel bis hoch
- Reifensorten: C1, C2, C3
- Bremsbelastung: niedrig
- DRS-Zonen: 2 – Zielgerade / Gerade zwischen T9 & T10
Das Setup
Seit 1991 ist Barcelona fester Bestandteil des Kalenders. Die Techniker kennen die Tücken der Strecke in- und auswendig. Nur die wechselnden Winde können ab und zu für Überraschungen sorgen. Die Flügel müssen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya sehr steil gestellt werden, um genügend Abtrieb und Stabilität für die schnellen Kurvenkombinationen zu bieten. Im Schluss-Sektor mit der langsamen Schikane kommt es vor allem auf Traktion an. Die Federn sollten deshalb auf der Hinterachse etwas weicher gewählt werden.
Bremsenverschleiß ist kein Thema. Auch die Motoren werden nicht übermäßig belastet. Ein Spannungsfaktor im Rennen war immer der Reifenverschleiß. Pirelli bringt wie jedes Jahr die härtesten Mischungen, die man im Sortiment zur Verfügung hat. Bei den moderaten Temperaturen erwarten wir hier keine großen Dramen.
Technik-Upgrades
Der zweite Teil eines Doppelschlags bedeutet normalerweise, dass es nicht viele neue Teile an den Autos zu entdecken gibt. Doch weil Barcelona den Ingenieuren so vertraut ist und der Grand-Prix-Kurs als Referenz für die meisten anderen Strecken im Kalender gilt, werden viele Teams versuchen, hier doch noch ein paar Upgrades vorzubereiten.
Bei Aston Martin durfte Lance Stroll den neuen Unterboden schon in Portimao ausprobieren. Für Barcelona soll dann auch ein Exemplar für Sebastian Vettel fertig sein. Auch Ferrari will noch eine Ausbaustufe zünden. Mit dem Unterboden haben die Techniker schon im Portugal-Training erste Daten gesammelt. In Barcelona soll das Paket komplettiert und an beide Autos geschraubt werden. Auch McLaren hat angekündigt, dass man noch einmal nachlegen will.
Die Favoriten
Portimao hat gezeigt, wie schwer es aktuell ist, Prognosen abzugeben. Max Verstappen hätte sich eigentlich die Pole Position gesichert, wäre er im Qualifying nicht über die Streckenbegrenzung hinausgefahren. Und der Holländer hatte sich im Rennen schon den späteren Sieger Lewis Hamilton geschnappt. Nach 66 Runden fuhr dann aber doch wieder der Weltmeister als Sieger über den Zielstrich. Vom Layout und vom Asphalt her sollte Barcelona Red Bull theoretisch besser liegen. Aber die Silberpfeile darf man bekanntlich nie abschreiben. Lewis Hamilton hat den GP Spanien zuletzt vier Mal in Folge gewonnen.
Im Verfolgerfeld lieferten sich zuletzt Ferrari und McLaren eine heißes Duell. Kleine Fehler machten jeweils den Unterschied über die Vergabe der WM-Punkte. Es wird spannend zu sehen, ob Alpine wieder in den Kampf im vorderen Mittelfeld eingreifen kann oder ob die gute Form in Portimao nur ein Strohfeuer war. Fernando Alonso konnte selbst nicht beantworten, warum man in Portugal so stark aufgeigte.
Bei Alpha Tauri lief es genau andersrum. Das kleine Schwesterteam von Red Bull fiel in Portugal etwas zurück. Von hinten konnte Alfa Romeo die Lücke zum restlichen Mittelfeld zufahren. Ganz hinten kämpfte Mick Schumacher mit den beiden Williams auf Augenhöhe. Das Layout von Barcelona und der griffigere Asphalt sollte George Russell und Nicholas Latifi aber wieder etwas besser in die Karten spielen.
So lief das Rennen im Vorjahr – GP Spanien 2020
In der letzten Saison dominierte Lewis Hamilton in das Geschehen in Barcelona. Von der Pole Position lieferte der spätere Weltmeister ein fehlerloses Rennen ab. Am Ende überquerte der Brite mit entspannten 24 Sekunden Vorsprung vor Max Verstappen die Ziellinie. Bei Red Bull kämpfte man bei Asphalttemperaturen von über 50°C mit einem unerwartet hohen Reifenverschleiß.
Valtteri Bottas musste seine Hoffnungen auf den zweiten Platz schon am Start begraben, als er nicht nur von Verstappen, sondern auch noch von Lance Stroll überholt wurde. Auch eine Alternativ-Strategie mit weichen Reifen im letzten Stint half nicht viel weiter. Der Finne sicherte sich neben Platz drei aber immerhin noch den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde. Für die beiden Racing Points gab es direkt hinter dem Podium auf den Plätzen vier und fünf fette WM-Punkte.
In der Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die Highlights des GP Spanien 2020.
Zeitplan GP Spanien 2021