Tifosi-Ärger bei Ferrari-Party?
Die Formel 1 fährt am Wochenende erstmals auf dem Autodromo in Mugello. Gelingt Ferrari bei seinem 1.000 Rennen in der Königsklasse endlich die Wende? Wir haben die letzten Infos zum Toskana Grand Prix in der Vorschau.
Die Grand-Prix-Premiere in Mugello soll zur großen Party für Ferrari werden. Die Italiener feiern auf ihrer Hausstrecke das 1.000 Rennen in der Formel 1. Zum Jubiläum hat sich bereits jede Menge Prominenz aus Maranello angemeldet. Dazu sind erstmals in dieser Saison 3.000 Fans auf den Tribünen zugelassen. Der Druck ist also groß. Die Tifosi möchte man natürlich nicht enttäuschen.
Für den feierlichen Anlass werden die Ferrari in einem dunkleren Rot lackiert, das an die ersten Formel-1-Autos der Italiener in den 50er Jahren erinnert. Vom Glanz der alten Zeiten ist die Scuderia momentan aber weit entfernt. Ferrari befindet sich in der schwersten sportlichen Krise der letzten Jahrzehnte. Von Siegen konnten Charles Leclerc und Sebastian Vettel dieses Jahr nur träumen. In den letzten beiden Rennen gab es noch nicht einmal WM-Punkte.
Eine neue Strecke im Kalender bietet aber auch immer Chancen. Auf verwertbare Fahrdaten können die Ingenieure nicht zurückgreifen. Zuletzt war die Königsklasse 2012 auf den Highspeedkurs in der Toskana zu Gast. Umso wichtiger wird für alle Beteiligten der Trainingsfreitag, an dem erste praktische Erfahrung mit dem Setup und dem Reifenverschleiß gesammelt werden muss.
Probleme könnte diesbezüglich das Wetter machen. Ausgerechnet am Freitag sollen Schauer über die Toskana ziehen, sagen die Meteorologen. Dafür soll es den Rest des Wochenendes trocken und sonnig bleiben. Die Temperaturen werden über die 30°C-Marke herausschießen, was den Ingenieuren wohl einige Kopfschmerzen beim Thema Kühlung verschafft.
Die Strecke – Autodromo Internazionale del Mugello
Glaubt man dem Urteil der Piloten, dann ist Mugello eine der spektakulärsten Rennstrecken der Welt. Malerisch in die Hügel der Toskana eingebettet, schlängeln sich die 15 Kurven in einem fließenden Rhythmus durch die Landschaft. Die schnellen Richtungswechsel und vielen Vollgaskehren werden Mensch und Material auf eine Belastungsprobe stellen. Keine der Kurven auf der Achterbahn ist am Scheitelpunkt langsamer als 140 km/h.
Die hohen G-Kräfte – simuliert wurden bis zu 4,8 g – zerren vor allem am Nacken der Piloten: "Zehn Runden in Mugello entsprechen ungefähr 1.000 Runden in Abu Dhabi", scherzte Ex-Red-Bull-Pilot Mark Webber mal. Besonderes Highlight sind wohl die beiden ultraschnellen "Arrabiata"-Rechtskurven (T8 & T9), die in einem Formel-1-Renner ohne Lupfen des Gasfußes mit ca. 270 km/h genommen werden.
Mit Mut und Präzision können die Piloten auf der technisch anspruchsvollen Strecke noch einen echten Unterschied machen. Zu viel Risiko ist aber nicht angesagt. Fehler werden meist heftig bestraft. Auf dem 1974 gebauten Kurs lauern am Streckenrand an vielen Stellen noch echte Kiesbetten und keine asphaltierten Auslaufzonen.
Neben dem hügeligen Profil und den schnellen Kurven zeichnet sich Mugello auch noch durch die rund einen Kilometer lange Gerade aus. Hier ist auch die einzige DRS-Zone eingerichtet. Experten befürchten allerdings nur wenig Überholaction. Die fließenden Kurven im letzten Sektor machen es Angreifern schwer, in der verwirbelten Luft den Anschluss zum Vordermann zu halten.
Fast Facts:
- Streckenlänge: 5,245 Kilometer
- Rundenzahl: 59
- Gesamtdistanz: 309,455 Kilometer
- Anzahl Kurven: 15 (6 links, 9 rechts)
- Pirelli-Reifen: C1, C2 & C3
- DRS-Zonen: 1 (Zielgerade)
Setup:
Hohe Temperaturen, ein aggressiver Asphalt und viele schnelle Kurven – das ist die perfekte Mischung für einen extremen Reifenverschleiß. Pirelli geht beim ersten Auftritt der Formel 1 in Mugello kein Risiko und bringt die drei härtesten Mischungen an den Start. Der Reifenhersteller hat zwar Mugello-Daten aus anderen Rennserien, kann aber noch nicht vorhersagen, wie sich der Verschleiß auf mögliche Strategie-Optionen auswirken wird.
Die Strecke wurde zuletzt 2011 neu asphaltiert. In der Zwischenzeit haben sich einige Bodenwellen gebildet. Die Autos dürfen also nicht ganz tief und hart abgestimmt werden, obwohl die vielen schnellen Kurven eigentlich Stabilität verlangen. Trotz der ewig langen Geraden gehen die Ingenieure beim Thema Abtrieb fast ans Maximum. Die Rundenzeit wird in den Kurven gemacht.
Obwohl die Temperaturen auf über 30°C klettern sollen, ist die Kühlung der Bremsen kein großes Thema. Die Piloten müssen bei den vielen fließenden Kurven kaum mal härter in die Eisen steigen. Der inoffizielle Rundenrekord liegt übrigens bei 1.18,704 Minuten, aufgestellt 2004 durch Rubens Barrichello. Experten erwarten, dass diese Marke von der aktuellen F1-Generation deutlich unterboten wird.
Upgrades:
Der Formel-1-Zirkus befindet sich am Ende des dritten Dreierpacks der Saison. Da ist normalerweise nicht viel Neues zu erwarten. Nach den beiden Highspeed-Strecken in Spa und in Monza ist in Mugello aber wieder deutlich mehr Abtrieb gefragt. Dadurch ist es gut möglich, dass die Technik-Fans einige neue Teile entdecken können – vor allem in puncto Aerodynamik.
Gegen die Einführung von Upgrades spricht die Tatsache, dass Piloten und Ingenieure im Freitagstraining erst einmal Daten über die neue Strecke sammeln müssen. Mit der parallelen Erprobung von Modifikationen besteht die Gefahr, dass man sich bei der Setup-Arbeit ein Bein stellt. Bei Racing Point besteht diese Sorge offenbar nicht. Das Team hat für Mugello die größte Ausbaustufe der Saison angekündigt.
Favoriten:
Von vielen Experten wird Mugello mit der Strecke in Suzuka verglichen. Die vielen schnellen Kurven und die extrem lange Gerade belohnen vor allem effiziente Autos. Für die Techniker heißt es möglichst viel Abtrieb bei möglichst geringem Luftwiderstand zu generieren. In dieser Disziplin dürfte Mercedes kaum zu schlagen sein. Nur die hohen Temperaturen könnten die schwarz lackierten Silberpfeile etwas ins Schlingern bringen.
Weil Motorleistung eine nicht ganz so wichtige Rolle spielt, dürfte Red Bull im Vergleich zu Monza eine aufsteigende Formkurve zeigen. Max Verstappen wird sich wohl mal wieder im Niemandsland hinter den Mercedes aber vor dem Mittelfeld aufhalten. Im engen Verfolgerfeld kommt es darauf an, wer sich am schnellsten auf die neue Strecke einstellen kann. Das Layout spielt am ehesten Racing Point in die Karten. McLaren und Renault erwarten wir aber nicht weit dahinter.
Auch Ferrari sollte bei der Vergabe der WM-Punkte ein Wörtchen mitreden können. In Sachen Abtrieb kann der SF1000 mit der Konkurrenz mithalten, allerdings ist die Effizienz nicht gerade die Stärke des roten Rennwagens. Wir sehen Ferrari mit Alpha Tauri eher am hinteren Ende des Mittelfelds. Ganz hinten werden sich wohl wieder Williams, Alfa Romeo und Haas duellieren und auf Ausrutscher der Konkurrenz hoffen.
Ferrari hat vor der Saison im Rahmen eines sogenannten Filmtags bereits erste Erfahrungen mit dem aktuellen Auto in Mugello gesammelt. Die Bilder des kurzen Tests zeigen wir Ihnen in der Galerie.