Karossier Albert Schober
Ein schwäbischer Karosseriebauer aus Böckingen bei Heilbronn wird jetzt mit einer Sonderausstellung geehrt. Die Auto-Historie hat ihn wieder entdeckt.
Für den Militärpass des Königlichen Infanterie-Regiments Alt-Württemberg bestand vor 100 Jahren über Albert Schober keine Unklarheit: Geboren am 2. Mai 1887, 175 Zentimeter groß, Stiefellänge 30, Stiefelbreite 7.
Viele FragezeichenDie Automobil-Historie tut sich mit dem gelernten Wagner da schon schwerer. Weder in den einschlägigen Branchen-Lexika noch im Spezial-Nachschlagewerk „Dictionary of World Coachbuilders and Car Stylists“ von Marian Suman-Hrebley ist das Karosseriewerk Schober aus Böckingen bei Heilbronn verzeichnet.
Selbst für Profis wie den DaimlerChrysler-Archivchef Dr. Harry Niemann ist Schober noch ein großer Unbekannter: „Er hat in den 20er Jahren zwar Mercedes 15/70/100 als Tourer karossiert und das auch in seinem Prospekt verewigt, aber genauere Informationen suchen wir noch.“
Ausstellung in der Maybach-Schule Heilbronn./strong>
Erste Fundstücke gibt es bei der Enkelin des Schwaben mit dem bunten Lebenslauf. Dr. Brigitte Schober-Schmutz organisiert derzeit eine Ausstellung zum Lebenswerk ihres Großvaters: Handwerk im Dienste der Mobilität, Festakt zur Eröffnung am 5. Mai 2007 um 15 Uhr in der Maybach-Schule Heilbronn.
Im Zentrum der Ausstellung stehen Karosserie-Entwürfe, die Opa Albert zwischen 1919 und 1927 anfertigte. In jener Zeit, als er in Böckingen eine offenbar durchaus renommierte Karosserie-Schmiede betrieb. Die Skizzen sind für Chassis von NSU und Aga vorgesehen, von Mercedes – und anscheinend sogar von Rabag (Düsseldorf/Mannheim), wo zwischen 1922 und 1926 Autos nach Lizenzen von Bugatti entstanden.
Geländesportler der Zwanziger
Besonders interessant wirkt dabei ein sportlicher Dreisitzer, der offenbar für die damals populären Gelände-Wettbewerbe bei Schober mit einem zweckmäßigen Aufbau präpariert wurde. Entstanden möglicherweise auf einem Rabag-Bugatti-Chassis vom Typ 22 oder 23, erkenntlich an der im Verhältnis zum Kühler weit vorgerückten Vorderachse, deuten das flach abfallende Heck und die beiden Ersatzräder mit Geländeprofilreifen auf den ernsten Einsatzzweck hin: Mit diesem Roadster wollte der Auftraggeber offenbar so richtig im Gelände wühlen.
Der zentrale dritte Sitz im Fond könnte für den vorgeschriebenen Beifahrer gedacht sein, wenn es auf rutschigem Untergrund beispielsweise einmal steil bergauf gehen sollte: Durch das Platznehmen in der zweiten Reihe wird die Antriebsachse zusätzlich belastet, was Geländefahrer stets als eine traktionsfördernde Maßnahme begrüßten.
Zum Zeitpunkt der Roadster-Kreation hatte Schober schon solide Berufserfahrung sammeln können. 1901 trat er als 14-Jähriger eine Wagnerlehre beim königlichen Hoflieferanten Klenk in Ludwigsburg an. 1905 wechselte er als Geselle zum Mannheimer Konrad Stigler, dem „Spezialist für bessere Geschäftswagen“.
Wanderzeit und Firmengründung
Dann folgte eine Wanderzeit: Das Arbeitsbuch enthält Einträge wie „1905 bei Wilhelm Werner, Dreschmaschinenbesitzer und Wagner in Nieder-Erlenbach, Hessen“, oder „Jean Luft III. Wagnerbau mit elektrischem Betrieb in Neu-Isenburg“. 1910 verdingt sich Schober bei dem noch jungen Stuttgarter Karosseriebetrieb W. & A. Reutter.
1913 tritt der begabte Handwerker bei Opel ein, als „ Kastenmacher Abteilung Motorwagen“. Danach geht es nach Potsdam zum Karossier Zimmermann. Während des Ersten Weltkriegs, schon 1914 bei Monçeau verwundet, arbeitet Schober dann bei Dürkopp in Bielefeld. 1919 gründet der frischgebackene Wagner-Meister die erste selbständige Karosseriefabrik in Böckingen. Weil Schober als Einziger im Ort sämtliche Führerscheine besitzt, muss er zum Beispiel die neue städtische Feuerwehr in Osnabrück abholen.
Insolvenz, Auswanderung und Rückkehr
Dem Schwarzen Freitag von 1929 und der Weltwirtschaftskrise geht die Krise der Schoberschen Karosseriefabrik voraus: 1927 kommt es zur Zerschlagungsinsolvenz. Der Schwager zieht sein Geld aus der Firma, der Mercedes-Vertrieb Baden-Baden zahlt einige Aufträge nicht.
Schober geht nach Amerika. Er arbeitet in Brooklyn, geht zu Ford nach Detroit, wird Karosserie-Meister bei General Motors, wechselt zu Chrysler und eröffnet 1934 einen eigenen Body- und Fender-Repair-Shop in Detroit. Ein Jahr später zieht es Schober zurück in die Heimat: Kontrolleur bei Daimler-Benz in Sindelfingen.
Weitere Stationen: Fiat Heilbronn, Karosseriewerk Weinsberg, danach wieder selbständig in Böckingen. Die Spur seiner Kreationen verliert sich in Unterensingen bei Nürtingen: Das mit Sohn Reinhold dort gegründete Karosseriewerk wird 1965 aufgelöst; Reinhold erlitt einen schweren Berufsunfall.
Die Suche nach Informationen dauert an
Enkelin Brigitte macht sich jetzt daran, den Lebenslauf ihres Großvaters wie einen seltenen biografischen Scheunenfund zu komplettieren. Gibt es noch ein Auto mit Schober- Karosserie? Existieren noch Skizzen aus den zwanziger Jahren? Was geschah mit dem Fabriksinventar nach 1927?