Mercedes C 43 AMG im Gebrauchtwagentest
Auch ein AMG-Mercedes kommt einmal in die Jahre und wird erschwinglicher. Wie steht es um die Qualitäten eines C 43 AMG mit 306 PS starkem V8-Motor?
Wir schreiben das Jahr 1996: Im japanischen Suzuka verstummen die hochdrehenden Rennmotoren der AMG C-Klassen, Alfa 155 und Opel Calibra für immer. Zu hohe Kosten lassen die DTM und ITC sterben. AMG-Mercedes verlässt die Show-Bühne immerhin als Meister. Im Folgejahr versucht die Affalterbacher PS-Schmiede das Siegerlorbeer in Form des neuen C 43 AMG in Glanz zu halten – auch wenn die Serienversion mit dem Hightech-Rennwagen aus der DTM so gut wie nichts zu tun hat.
Für 10.000 Euro sind erste Modelle zu haben
Preislich rangiert der C 43 AMG bei seinem Debüt 1997 in S-Klasse-Sphären und kostet stolze 114.425 Mark. Heute reicht eine wesentlich schlankere Geldbörse. Bei rund 10.000 Euro starten 1997er Limousinen, hier sind Laufleistungen von über 200.000 Kilometern möglich. Gepflegte 2000er Kombis aus erster Hand kosten rund 25.000 Euro.
Erfreulich für all jene, die mit einem gebrauchten AMG liebäugeln: Die Nachfrage nach Autos mit dickem Motor tendiert angesichts der Spritpreise eher gegen Null. Noch etwas spricht für den schnellen Schwaben: Optisch macht er kaum auf dicke Hose. Nur Kenner wissen um die motorische Potenz des hohen C, außer 17 Zoll-Rädern, AMG-Styling an Front, Schweller und Heck sowie Doppelrohrauspuff ist der V8-Hammer verdammt nah an einem C 200 Diesel. Innen wurde schon mehr investiert: elektrische Sportsitze mit Sitzheizung und aufblasbaren Multikontur-Backen, sind ebenso serienmäßig wie Leder-Sportlenkrad und Klimaautomatik. Wer Glück hat – oder Pech – findet ein Auto mit silber-schwarzen Lederbezügen. Über jede Diskussion erhaben ist hingegen die Sicherheitsausstattung: ABS, ESP, ASR und vier Airbags sind Standard.
Der V8-Schauer kommt sofort beim Anlassen
Prinzipiell überzeugend ist auch der Fahreindruck im C 43 AMG. Beim Anlassen fährt einem ein wohliger V8-Schauer über den Rücken, schön dass man die 306 PS und 410 Newtonmeter gleich hört und spürt. Der Motor gefällt mit souveräner Kraftentfaltung schon ab 2.000/min, mag aber dank kurzem Hub auch höhere Drehzahlen. Die Kugelumlauf-Servolenkung ist straff abgestimmt, doch leider nicht sehr präzise – das können aktuelle Zahnstangen-Lenkungen besser. Auch die Agilität des Sport-Benz ist aus heutiger Sicht nur Durchschnitt. Ähnliches Bild beim Fünfgang-Automatikgetriebe: Es schaltet ruckfrei, fällt aber durch seine wenig spontane Arbeitsweise auf und bietet nur zwei festgelegte Schaltprogramme. Thema laufende Kosten: Zwischen zehn und 18 Liter Verbrauch muss man rechnen. Immerhin: Es genügt das 95 oktanige Super. Trotz 4.266 Kubikzentimeter Hubraum fällt die Steuerrechnung recht günstig aus, denn je nach Baujahr wird Euro 3 oder D4 erfüllt. Kostspieliger kann es werden, wenn der Sport-Benz eine Werkstatt von innen sieht. Falls die Lichtmaschine keinen Strom mehr produziert – was wohl häufiger vorkommen soll – werden knapp 580 Euro für das Austauschteil fällig. Automatikgetriebe gelten speziell bei den 98er Modellen als anfällig. Wer also merkwürdige Schaltstöße oder Geräusche vernimmt, könnte bald um 2.674 Euro ärmer sein.
Für den AMG V8-Motor selbst sind Laufleistungen von bis zu 250.000 Kilometern kein Problem, sofern man die Service-Intervalle einhält. Bei hoher Laufleistung sollte man die Nockenwellen-Steuerkette im Blick haben. Eine typische Mercedes-Malaise ist ein undichtes und jaulendes Hinterachs-Differenzial, doch dessen Abdichtung ist rasch und günstig erledigt. Der TÜV moniert übrigens öfters die einseitige Wirkung der Feststellbremse. Nur vereinzelt werden dagegen Schwächen vom Tankgeber (defekt) und vom Lenkgetriebe (undicht) gemeldet. Eine spezielle AMG-Kuriosität ist die sich anhebende Motorhaube wenn man oft mit über 200 km/h durch die Lande eilt. Erfahrene Karosseriebauer kümmern sich bei diesem Problem um die richtige Positionierung des Haubenschlosses über die Einstellung der Quertraverse.
Bleiben wir bei der Karosserie: Rost hat die C-Klasse auch zu bieten, aber nicht so viel wie befürchtet. Außerdem zeigen sich die Stuttgarter bei der Behebung recht kulant. Betroffen sind die Kofferraumleiste, das Kofferraumschloss, die Reserveradwanne, die Türrahmen unterhalb der Fenstergummi-Dichtung und der Tankeinfüllstutzen. Wer all dies in den Griff bekommt, darf sich an einem schnellen Understatement-Auto erfreuen, das erfreulicherweise keine Elektronik-Probleme der Neuzeit kennt.
Der C 43 AMG im Supertest-Fazit „Der große V8 in der kleinen C-Klasse – diese Kombination ist ein einmaliges Zusammentreffen von souveräner Leis-tungsentfaltung, zivilem Auftritt, praktischen Aspekten und einer sportlichen Gesinnung. Dieses Quartett von Eigenschaften hat – über einen längeren Zeitraum betrachtet – ein Spaßpotenzial, wie es nur selten anzutreffen ist. Der leistungsfähige Motor wirkt wie ein Magnet – er zieht die Sinne auf sich. Dass AMG die sportlichen Tugenden weiter herausgearbeitet hat, lässt sich angesichts der guten Resultate nicht bestreiten. Die dynamischen Qualitäten des BMW M3 erreicht der C 43 AMG aber nicht. Die Automatik sowie der hohe Preis signalisieren, dass AMG einen anderen Kunden im Auge hat als den spezialisierten Sportfahrer.“
Früher war nicht alles besser – Das Leergewicht des C 43 AMG liegt mit 1.571 kg nur um rund 60 Kilo unter dem des aktuellen C 55 AMG. Dieser wuchert aber mit 367 PS – und kommt somit auf ein Leistungsgewicht von 4,5 kg/PS, während der C 43 AMG nur 5,1 kg/PS erreicht. So verwundert es kaum, dass seine Beschleunigung von 0-100 km/h (6,5 Sekunden) um nur sieben Zehntel Sekunden schneller ausfällt als die eines VW Golf GTI.
Small statt Big Block – AMG ist seit jeher für üppige Hubraumerweitungen bekannt. Der C 43 AMG schert aus dieser Linie aus. Klassisches Tuning (Nockenwellen, Ansaugluftführung, Abgasanlage) hebt bei dem 4,3-Liter-V8 die Leistung von 279 PS auf 306 PS. Das ist exakt die Leistung wie beim 5,0-Liter-V8, der noch heute E 500 und CLK 500 antreibt.
Freiwillig schneller – Die Vmax-Entriegelung wird unter den AMG Fans in Internet-Foren leidenschaftlich diskutiert. Zwischen „billig“ (Tuner) und „teuer“ (bei AMG, dafür mit Garantie, 300 km/h-Tacho und den korrekten Reifen mit Speedindex Y) gibt es verschiedene Möglichkeiten, seinen C 43 AMG echte 272 km/h laufen zu lassen. Weitere Tips und Tricks gibt es unter: www.amg-owners-club.org www.motor-talk.de www.mercedes-forum.com
Großer Luxus, kleines Geld – Mercedes-typisch liefen viele C 43 AMG mit Vollausstattung vom Band. Das Angebot an Limousinen ist höher als an T-Modellen. Kein Wunder: zwischen 1997 und 2000 wurden 3.100 Viertürer und 800 Kombis gefertigt.
Noch dickere Hose – das war der C 55 AMG mit dem 5,5-Liter-V8. Das 347-PS-Geschoss konnte man entweder bei jedem x-beliebigen Mercedes-Händler bestellen, oder aber seinen C 43 in Affalterbach umrüsten lassen. Preis: rund 30.000 Euro.