Ein bis zwei Prozent Gripverlust
Die Teams trauen sich nach den Testfahrten noch keine Prognosen zu. Pirelli dagegen zieht eine positive Bilanz. Alle gesteckten Ziele wurden erreicht. Die Reifen haben nur ein bis zwei Prozent Grip verloren.
Für die Ingenieure war es ein arbeitsreicher Winter. Trotz Homologation und Token-Regel. Die 2021er Autos sehen zwar aus wie eine Weiterentwicklung ihrer Vorgänger, doch die neuen Aerodynamik-Vorschriften und die neuen Pirelli-Reifen verlangten von den Technikbüros zahlreiche Umbauten. Auf dem Papier hätten die Autos zehn Prozent Abtrieb verloren und die Reifen ordentlich Grip. Die Schätzungen über den Zeitverlust reichten von acht Zehntel bis 1,5 Sekunden.
Pirelli gab den Teams in Portimao, Bahrain und Abu Dhabi einen Vorgeschmack auf sein neues Produkt. Der Reifenausrüster aus Mailand baute Reifen mit einer robusteren Konstruktion, obwohl die FIA die Autos mit Restriktionen an Unterboden, Diffusor und Bremsbelüftungen einbremste. "Wir hatten im Sommer einige Prototypen entwickelt, um unsere Reifen stabiler gegen Schäden zu machen. Dafür haben wir die Geometrie der Konstruktion verändert und neue Materialien verwendet. Das hat sich als klarer Fortschritt erwiesen. Wenn du ein besseres Produkt in der Tasche hast, wäre es dumm gewesen, es zu verstecken", erklärt Sportchef Mario Isola die Fleißaufgabe.
Reifendrücke stark reduziert
Die Proberunden bei den letzten Rennen der vergangenen Saison gaben Pirelli wenig Aufschluss. "Wenn du die Teams an einem Rennwochenende neue Reifen testen lässt, dann fahren sie zum Vergleich mit den alten das gleiche Setup. Sie haben nicht die Zeit, ihre Autos den Reifen anzupassen. Deshalb sind auch die Ergebnisse und Eindrücke verfälscht", bedauert Isola. Prompt hagelte es aus dem Lager der Fahrer Beschwerden, die Reifen hätten zu wenig Grip.
Bei den Testfahrten vor zwei Wochen relativierte sich die Kritik. Die Rundenzeiten waren trotz Abtrieb.verlust und neuer Reifen nicht so dramatisch langsamer als bei besseren Bedingungen im November. Red Bull verlor 1,2 Sekunden, Alfa Romeo nur zwei Zehntel. Pirelli stellte nach Durchsicht aller Daten fest: "Wir sind nicht mehr bei zehn Prozent weniger Abtrieb. Die Teams haben schon wieder viel zurückgewonnen und stehen derzeit bei Einbußen von nur noch vier bis fünf Prozent. Im Lauf der Saison wird das ausgeglichen sein", prophezeit Isola.
Auch der Gripverlust der Reifen fällt geringer aus als erwartet: "So ein bis zwei Prozent." Das liegt auch daran, dass die neuen Pirellis mit geringeren Drücken gefahren werden können. Im Vergleich zum Vorjahr vorne um 1,5 PSI und hinten um 2,0 PSI. Das erhöht die Auflagefläche und reduziert die Gefahr des Überhitzens.
Mit dem Setup gegen Untersteuern./strong>
Laut Isola hat sich an der Charakteristik der Pirelli-Sohlen nicht viel verändert. "Die Arbeitsbereiche sind gleich geblieben. Die Mischungen wurden ja nicht verändert. Wir erwarten höchstens, dass sich der C2-Reifen bei kühlen Temperaturen etwas langsamer aufwärmt." Mercedes hatte bei den Testfahrten das Gefühl, dass sich das Arbeitsfenster verkleinert hat. "Das kann eigentlich nicht sein", wundert sich Isola. Seine einzige Erklärung: "Das ist von Auto zu Auto verschieden." Vielleicht haben einige Teams noch nicht die perfekte Abstimmung für die neuen Reifen gefunden.
Tendenziell führen die neuen Reifen zu mehr Untersteuern. Schuld daran ist das neue Profil der Vorderreifen, das die Aerodynamik beeinflusst. Die Teams mussten mit der Fahrzeugabstimmung die Balance wieder ins Gleichgewicht bringen. Von einer neuen Form der Hinterreifen sah Pirelli mit Rücksicht auf die Teams ab. "Zwischen Hinterreifen und Unterboden ist kaum Luft. Hätten wir da das Profil geändert, hätte das noch mehr Arbeit für die Ingenieure bedeutet."
Während die 13-Zoll-Reifen in ihre letzte Saison gehen, hat für Pirelli die Zukunft bereits begonnen. Ferrari führte im Januar Testfahrten mit den 18-Zoll-Reifen durch. In einem ersten Schritt probiert Pirelli unterschiedliche Karkassen aus. "Da brauchen wir noch einige Testsitzungen. Dann geht es an die Mischungen. Wir planen eine völlig neue Familie von Gummimischungen einzuführen." Die Fahrer mussten sich überraschenderweise gar nicht so groß umstellen. Nur bei hohen Randsteinen ist eine neue Linie gefragt. 18-Zoll-Reifen haben eine kleinere Flanke und damit einen geringeren Federungskomfort als ihre Vorgänger.