Aston Martin V8 Vantage im Fahrbericht
Der Aston Martin V8 Vantage bekommt ein Facelift mit kaum wahrnehmbarer Nasenkorrektur, dafür mit Modifikationen an Fahrwerk und Antriebsstrang. Läuft er so vom Lager der Luxus-Coupés in das der Supersportler über?
Tankstopp, Routinecheck. Hochoktaniges rauscht in den Tank, die Haube ist bereits entriegelt. Schwerpunktsenkend leicht wie ein Backblech, schwingt sie nach oben. Schwer und massiv dagegen der Öldeckel – andere Hersteller stellen daraus einen Satz Alufelgen her, vermutlich jedoch nicht so stilvoll wie dieses Detail des Aston Martin V8 Vantage.
Überhaupt das Design: Eine Flut rauschender Bewunderung perlt über die im allgemeinen Stilempfinden als aufregend elegant kategorisierte Karosserie. Doch darauf möchte sich das Basismodell Aston Martin V8 Vantage nicht reduzieren lassen. Wo sonst kauert ein hochdrehender V8-Motor so dicht an der Spritzwand und so nah über dem Asphalt im Bug? Wer leistet sich noch eine querbeschleunigungsresistente Trockensumpfschmierung? Wie häufig platzieren Ingenieure ein Getriebe balancebegünstigend direkt vor der Hinterachse? Wann darf noch ein mechanisches Sperrdifferenzial über die Traktion richten?
Aston Martin V8 Vantage auch für Großgewachsene
Nun legt Aston Martin nach: Eine mit 15:1 statt 17:1 direkter übersetzte Lenkung, von 355 auf 380 Millimeter vergrößerte Bremsscheiben an der Vorderachse, zehn Millimeter breitere Reifen rundum und darauf abgestimmte Federn, Dämpfer, Stabis, Aufhängungsbuchsen und Motorlager – auf dass nun alle die fahrdynamischen Talente des Aston Martin V8 Vantage erkennen mögen. Um diese auszuloten, hilft eine angenehme Sitzposition ungemein, was nicht alle Sportwagen-Hersteller so sehen. Im V8 allerdings passen selbst Fahrer, die sich einem überdurchschnittlichen Körperwachstum nicht entziehen konnten, bequem unter den Alcantara-Himmel.
Leise verschwindet nun der teiltransparente Schlüssel im dafür vorgesehenen Schlitz in der klavierbelackten Mittelkonsole als plan integriertes Stilelement. Laut weckt er – nach einem kurzen Druck – das 4,7-Liter-Triebwerk, lässt durch sein Aufbellen Nachbarn hektisch mit dem Kaffeegeschirr klirren. Nur noch selten wabern derart authentische V8-Klangwolken durch die Luft, erfüllen die Umgebung mit den ihnen eigenen Bässen. Der Aston Martin V8 Vantage braucht keine ingeniösen Lautsprecher-Soundtricks. Na gut, eine Bypass-gesteuerte Auspuffanlage bekommt er mit auf den Weg, bleibt damit jedoch weit entfernt von jeglicher Klang-Synthetik.
Mindestens ein kleines Steak zum Frühstück
Bereits kurz nach dem Losrollen offenbart sich diese Echtheit auch in anderen Disziplinen, denn die Leichtigkeit der Form hat der Aston Martin V8 Vantage offenbar bereits weggebrüllt. Kupplungspedal, Schalthebel und Lenkung erfordern mindestens ein kleines Steak zum Frühstück, strafen zu schwache Gliedmaßen ihrerseits mit eingeschränkter Funktion. Vor den Augen des Fahrers beginnt unterdessen das immer wieder begeisternde Schauspiel der gegenläufig kletternden Nadeln von Tacho und Drehzahlmesser. Bei Bedarf steigen sie schneller, als Aktienkurse fallen können: In 4,9 Sekunden soll der 426 PS starke Aston Martin V8 Vantage von null auf 100 km/h stürmen, dabei über 7.000/min jubeln und erst bei 290 km/h am Luftwiderstand scheitern. Doch das war schon vor der Modellpflege kein Problem, also bleiben schnurgerade Asphaltbänder vorerst unbeachtet.
Wo sind die Passstraßen dieser Welt, wenn sie gebraucht werden? Egal, dann eben das Voralpenland. Hier entschädigt der Aston Martin V8 Vantage für den vergleichsweise hohen Kraftaufwand mit einem herrlich analogen Fahrvergnügen, vermittelt das Gefühl, sich direkt dem Fahrer auszuliefern. Es obliegt natürlich ihm, Brems- und Scheitelpunkte präzise auszuwählen und das Gas exakt zu dosieren, wobei der Vantage bestmögliche Unterstützung bietet.
Mehr Seitenhalt im Aston Martin V8 Vantage wünschenswert
Jede noch so kleine Bewegung mit Finger- oder Zehenspitzen erzeugt unmittelbar eine Reaktion des knapp 1,6 Tonnen schweren Aston Martin V8 Vantage, der nur mit grobem Vorsatz die Schwelle ins Reich des Übersteuerns übertritt und fast immer diesseits von den Niederungen des Untersteuerns über Land tobt. Ungeachtet ihrer Direktheit versäumt die Lenkung jedoch gelegentlich, alle Feindaten der auf die Reifen einwirkenden Kräfte zu übermitteln, um die spielerische Agilität eines Porsche 911 zu erreichen. Deutlich konsequenter: die Abstimmung des mit doppelten Querlenkern ausgerüsteten Fahrwerks. Sie verzahnt die 19-Zoll-Räder mit der Straße, bietet trotz strenger Feder- und Dämpferraten beruhigende Bodenhaftung. Seitenneigung? Also bitte. Seitenhalt, ja, davon wünscht sich der Fahrer mehr.
Damit endet der Wunschzettel allerdings beinahe schon. Vielleicht sollte sich die etwas wirre, von Volvo bekannte Infotainment-Bedienung allmählich neue Vorbilder suchen. Bis dahin übernimmt der Antrieb die Bespaßung, schmettert sein progressives Achtzylinder-Gewitter aus den beiden Endrohren. Dabei verspricht Aston doch vor allem vom neu gestalteten Heckdiffusor wortwörtlich „ mehr Drama“ – Unsinn. Bereits die Ouvertüre vor Erreichen der 4.000/min-Marke bietet mehr davon, das Hauptthema bei geöffneter Auspuffklappe ruft voll und heiser die akustische Brillanz von Verbrennungsmotoren in Erinnerung. Beim Aston Martin V8 Vantage vollendet der Klang das Gesamtkunstwerk eines im besten Sinn klassischen Sportwagens: aufregend, edel, raubeinig, schnell und, ja, unbedingt auch schön – bis hin zum Öldeckel.