BMW 320i Touring im Test
Die BMW 3er-Reihe ist komplett: Nach Limousine, Compact, Cabrio und Coupé gibt es nun als vorläufig letzte Modell-Version den Edel-Kombi BMW 3er Touring.
Diese Kundschaft darf nicht vergrault werden: „Der Touring-Fahrer ist jung, gebildet und in seiner Freizeit aktiv“, erläutert Karl-Heinz Kalbfell, Marketing-Chef von BMW, die Erkenntnisse seines Ressorts über das Persönlichkeitsprofil des typischen Touring- Besitzers, der sich auch anderweitig vom durchschnittlichen Dreier-Konsumenten abhebt. Kalbfell: „Doppelt so viele Selbständige wie bei der Limousine plus ein doppelt so hoher Frauenanteil.“ Alle Ampeln auf Grün also für ein Remake des zwischen 1988 und 1994 gebauten 3er Touring der alten Form, BMW-intern E 30 genannt.
Zumal auch die Verkaufszahlen eine beachtliche Erfolgsstory erzählen: Rund 104.000 Touring wurden in diesen sechs Jahren abgesetzt – womit der Edel-Kombi innerhalb der Dreier-Reihe eine Nische von zehn Prozent belegte. Ein zehnprozentiger Anteil an den Gesamtverkaufszahlen des Dreiers wird auch dem neuen Touring zugetraut, dessen Entwicklung – unter dem Code E 36/3 – so richtig erst 1992 begann, als das Basis- Modell schon zwei Jahre auf dem Markt war. Ein geplanter Spätstart, meint Touring-Projektleiter Helfried Weiss, denn: „Wir hatten auch noch andere Dinge zu tun, beispielsweise den Compact serienreif zu machen. Vieles am E 36/3 stand ohnehin schon fest – das Auto war Bestandteil der normalen Limousinen-Entwicklung.“ In diesem Punkt unterscheidet sich der neue Touring vom Vorgänger, der (Weiss: „... eher ein Zufallsprodukt“) erst später aus der bestehenden Dreier-Linie abgeleitet wurde und entsprechende Defizite an Laderaum aufwies. Die frühzeitige Einbindung von Transport- Experten bei BMW haben aus der neuen Touring-Version auf jeden Fall einen erheblich fähigeren Kombi mit gesteigerter Ladekapazität gemacht. Schon am reinen Ladevolumen gemessen, dürfen sich die Resultate der Raumforscher bei BMW sehen lassen, wenngleich hier der Optimalstand von bis in den letzten Winkel aufgefüllten Gepäckabteilen vorgeführt wird: 40 Liter mehr Kofferraum- Volumen (370 Liter bis Höhe Abdeckrollo) als beim Vorgänger und 133 Liter Plus beim Fassungsvermögen des gesamten Laderaums mit umgelegten Rücksitzen (insgesamt 1320 Liter).
Der Einsatz eigenständiger Rückleuchten am neuen Touring rückte die Ladekante in die Breite: Der Abstand zwischen der Blechumfassung beträgt jetzt 89 Zentimeter – beim alten Modell, mit den Leuchten der Limousine, war gerade mal ein halber Meter Platz, um sperriges Gepäck auf die Ladefläche zu schieben. Bedienungsfreundlicher ist der Bayern-Kombi überdies geworden. Das Schloß der Heckklappe sitzt nun in der Mitte der Ladeluke statt tiefliegend über dem Stoßfänger wie beim Vorgänger. Die Rücksitzlehnen sind spielend einfach nach vorn umzulegen und bilden, im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel geteilt, als schräge Ebene die Fortführung der Kofferraum-Ladefläche.
Durch die starr montierten, nicht mehr nach vorn zu klappenden Sitzkissen verspricht BMW einen Komfortzuwachs für die Fond-Passagiere. Der Sitzkomfort hat durch die tiefere, aber nach wie vor recht straff gewählte Polsterung zwar zugenommen, ein Luxusliner für die fünfköpfige Reisegruppe ist der Touring deshalb aber noch lange nicht. Nach wie vor geht es auf der Touring-Heckbank vor allem im Fußraum sehr eng zu.
Daran ändern auch die drei Kopfstützen nichts, mit denen BMW glauben machen will, hinten hätten drei Erwachsene ausreichend Platz – sie haben ihn allenfalls bei Kurztrips. Der Nobel-Kombi, dessen Laderaum mit feinem Velours ausgeschlagen ist und der für Fahrer und Mitreisende mit den Polstern und Innenfarben des Dreier Coupé aufwartet, ist technisch mit dem Basis-Modell, der viertürigen Dreier-Limousine, weitgehend identisch. Lediglich die Raten für Dämpfung und Federung wurden etwas härter gewählt, um die um 40 Kilogramm erhöhte Zuladung sowie das Fahrzeug- Mehrgewicht von 50 Kilogramm zu kompensieren. In der Realität eines mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern und elektrischer Sitzverstellung üppig ausgestatteten BMW 320i Touring ist ein immerhin 1398 Kilogramm schweres Auto unterwegs, das jedoch nichts von der BMW-typischen Handlichkeit und Agilität verloren hat.
Der Touring blieb ein Dreier durch und durch – perfektes Einlenken in Kurven, beispielhafte Fahrstabilität und exzellente Bremsen sind die Prädikate, die auch dem Kombi zustehen. Gegenüber der 2500 Mark preisgünstigeren Dreier-Limousine müssen aber Abstriche im Federungskomfort hingenommen werden. Das straffer abgestimmte Fahrwerk bügelt längst nicht alles so perfekt glatt, wie es die Limousinen- Aufhängungen tun – dies vor allem auf kurzen Bodenwellen. Daß der BMW 320i-Sechszylinder mit 150 PS im schwereren Touring einen härteren Job verrichten muß als in Coupé oder Limousine, ist allenfalls an leicht erhöhten Verbrauchswerten festzustellen.
Den Part des sportlichen Antriebs spielt der neue Alu-Motor auch in diesem Kombi überzeugend: Der Reihen-Sechser ist spurtstark und ausreichend elastisch zugleich und gefällt besonders mit seinem sehr guten Drehvermögen. In Beschleunigung und Durchzug ist der Vierventiler sogar hubraumstärkeren Konkurrenzmotoren mit gleicher Leistung zumindest ebenbürtig (siehe Vergleichstabelle auf dieser Seite). In der Kombination von Motor, Handling und Ausstattung ist der 320i Touring mithin das geblieben, womit auch schon die Vorgänger reüssierten: ein feiner, sportlicher Power- Kombi, aber kein Transportmittel fürs Grobe.