Honda S 2000, Porsche Boxster und Mercedes SLK 320
Drei offene Zweisitzer, drei unterschiedliche Charaktere. Mit stärkerem Motor und modellgepflegter Karosserie tritt der Porsche Boxster gegen den Honda S2000 und den Mercedes SLK 320 an.
Roadster sind Charakterköpfe. Von langweiliger Monotonie, die neuzeitlichen Limousinen gern nachgesagt wird, halten sie sich meilenweit entfernt. Und das liegt keineswegs nur an den aufklappbaren Dächern, sondern in erster Linie an der individuellen Technik unter den Motorhauben. Die hier getroffene Auswahl macht das besonders deutlich. Der jüngst renovierte Boxster besitzt einen Motor, wie es ihn eben nur bei Porsche gibt: einen relativ kleinvolumigen, hoch drehenden Sechszylinder in der selten gewordenen Boxerbauweise mit 180 Grad Zylinderwinkel und gegenläufigen Kolben. Das sorgt für einen perfekten Massenausgleich und damit dafür, dass die Porsche-Maschine läuft wie eine Nähmaschine. Honda setzt beim S 2000 auf ein ganz anderes Prinzip. Der japanische Hersteller bleibt mit dem Triebwerk des Zweisitzers stramm auf der Linie der Motorrad-Technologie: nur vier Zylinder, nur zwei Liter Hubraum, dafür aber Drehzahlen, die im Automobilbau einzig sind. Erst bei 9000 Umdrehungen stößt das Leuchtband des Drehzahlmessers an den roten Warnbereich. Die Höchstleistung steht bei 8300/min an, die höchste Durchzugskraft findet sich bei 7500/min. Gerade mal 208 Newtonmeter liefert der japanische Drehwurm dann – ein Wert, den die Drehmomentkurve des Mercedes-Motors schon im Bereich der Leerlaufdrehzahl überschreitet. Der schwäbische V6, nicht als Sportwagenmotor, sondern als universelle Maschine für Autos unterschiedlichster Provenienz konzipiert, holt nach bürgerlicher Motorenbauer-Weisheit die Kraft aus dem Hubraum. Was aber nicht heißt, dass ihm jegliche Sportlichkeit völlig fremd ist. Denn letztendlich macht der Ton die Musik. Der Klang des Motors wird speziell bei offenem Dach zu einem wichtigen Bestandteil des Fahrvergnügens. Und da braucht sich der Mercedes nicht zu verstecken. Der Auspuffton, den der SLK inszeniert, besitzt eine für Mercedes-Verhältnisse geradezu frivole Note. Dazu kommt eine bullige Durchzugskraft, die erst im sehr lang übersetzten sechsten Gang nachlässt. Schalten wird deshalb zur Nebensache. Das ist auch gut so, denn die hakelige Führung des Schalthebels fällt beim aktuellen Testwagen wieder einmal besonders negativ auf. Der Boxster-Motor hat durch die jüngste Überarbeitung stärker gewonnen, als es der bescheidene Leistungszuwachs um acht Pferdestärken vermuten lässt.
Der typische Porsche-Sound wurde noch eine Spur aggressiver. Unter Volllast trompetet der Sechszylinder gewaltig. Das macht Spaß auf der Landstraße, kann einem aber bei langer und schneller Fahrt ganz schön auf die Nerven gehen. Weil es sich beim Porsche-Konzert um ein reines Gaswechselgeräusch ohne lästige mechanische Untermalung handelt, kann der Fahrer Abhilfe schaffen: Gas zurücknehmen, gleichmäßig rollen – und vom Motor ist auch bei hohem Tempo nur noch wenig zu hören. Ein Drehmoment-Büffel wie der Mercedes-V6 ist der Porsche-Boxer auch nach der Ausrüstung mit verstellbarer Einlass-Nockenwelle nicht geworden. Der richtige Dampf kommt erst bei hohen Drehzahlen. Aber der Motor erlaubt jetzt mehr als früher schaltfaules Fahren, ohne dass der Eindruck unzureichender Durchzugskraft entsteht. Wie beim Honda. Dessen Vierzylinder zeigt beim Bummeln im unteren Drehzahlbereich erstaunlich gute Manieren für ein Triebwerk mit derart hoher spezifischer Leistung. Er spricht gut aufs Gas an und bietet dank der engen Getriebeabstufung saubere Anschlüsse nach dem Hochschalten. Aber von Durchzug kann nicht die Rede sein. Wenn der Honda seinen Konkurrenten folgen soll, muss der Fahrer in Sachen Drehzahl umdenken. 5000 Umdrehungen sind das Mindeste, 7000/min und mehr gehören zum täglichen Brot. Das Honda-Triebwerk besitzt die Charakteristik eines Rennmotors. Das mag als Demonstration des technisch Machbaren eindrucksvoll sein, aber für einen Straßensportwagen stellt das extreme Hochdrehzahl-Konzept eine zweifelhafte Lösung dar. Dass man dauernd schalten muss, um den Motor bei Kraft zu halten, ist dabei noch das kleinere Übel. Denn die sechs Gänge des Honda-Getriebes rasten auf so kurzen Wegen und so knackig ein, dass sich selbst die zweifellos sehr gute Porsche-Schaltung davon noch eine Scheibe abschneiden kann. Aber wer sich auf dem Weg in den Drehzahlhimmel befindet, geht dabei durch die Hölle eines infernalischen Lärms. Die Messwerte erreichen einsame Spitzenwerte, aber der Schalldruck sagt bekanntlich nicht alles. Was die Honda-Maschine von sich gibt, hat mit Sound nichts mehr zu tun. Ein derart schrilles Kreischen der Mechanik gehört auf die Rennstrecke. Generell ist der Honda ein Fall für Hartgesottene. Seine Federung kennt keine Gnade, Unebenheiten stören den Geradeauslauf. Handlich und direkt erreicht er hohe Kurvengeschwindigkeiten, aber der Grenzbereich ist schmal. Wenn es zuviel wird, zeigt das Heck ein giftiges Eigenleben, dem kein ESP entgegentritt. Der Porsche erscheint viel ausgewogener. Sein präzises Handling liegt auf sehr hohem Niveau, das Eigenlenkverhalten ist neutral. Seiner Grenze nähert er sich mit einer Gutmütigkeit, die den Fahrer nicht überfordert. Das wohl abgestimmte, weich eingreifende ESP tut ein Übriges.
Dass Porsche, generell eine beutelschneiderische Aufpreispolitik pflegend, sich die Fahrwerks-Elektronik immer noch extra bezahlen lässt, ist allerdings ein gänzlich unverständlicher Anachronismus. Der Mercedes hat ESP. Seine Fahrsicherheit ist damit über jeden Zweifel erhaben. Aber unter fahrdynamischen Gesichtpunkten hat er gegenüber seinen Konkurrenten das Nachsehen. Er spielt überzeugend die Rolle des sportlichen Cabrios, weniger gut die des agilen Sportwagens. Seine Lenkung, als eine der wenigen im Mercedes-Programm noch nach dem Kugelumlauf-Prinzip arbeitend, spricht vergleichsweise träge an. Das Fahrgefühl wirkt weniger präzise. Das Eigenlenkverhalten betont mit einer Tendenz zum Untersteuern weniger die Sportlichkeit als die Gutmütigkeit in Grenzsituationen. Dafür kommt der SLK-Fahrer in den Genuss der besten Federung und eines absolut langstreckentauglichen Geräuschkomforts, zu dem auch das Falt-Hardtop beiträgt. Das Stoffdach des Porsche verursacht mehr Windgeräusche, öffnet aber schneller und nimmt weniger Platz weg. Am lautesten zischt es um die Honda-Haube, die nach dem Öffnen mit einer unhandlichen Persenning abgedeckt werden muss. So machen die deutschen Roadster die Sache unter sich aus, wobei der kompromisslosere Porsche unter Berücksichtigung aller Kriterien das Nachsehen hat. Seinen hohen Preis rechtfertigt er trotzdem: mit klarer Dominanz in den Wertungen von Antrieb und Fahreigenschaften.