Land Rover Discovery im Test
Der neue Land Rover Discovery sieht nicht viel anders aus als sein Vorgänger, birgt aber eine Fälle technischer Verbesserungen im Fahrwerks- und Antriebsbereich. Im Test das Topmodell mit Vierliter-Achtzylindermotor.
Die Kurzbeschreibung des neuen Land Rover Discovery ABS-ETC-HDC-SLSACE deutet weder auf einen Defekt des Schreibcomputers noch auf eine schwerwiegende psychische Erkrankung des Autors hin. Hinter der Kürzelsammlung verbergen sich vielmehr die technischen Highlights eines Geländewagens, der in vielen wesentlichen Punkten neu ist, obwohl er sich optisch von seinem seit 1989 gebauten Vorgänger erst auf den zweiten Blick unterscheidet.
Zu den Neuerungen, die der Fahrer schon nach wenigen Metern schätzen lernt, zählen SLS und ACE. SLS steht für Self Levelling Suspension und bedeutet eine automatische Niveauregulierung an der Hinterachse. Sie hält mit von einem Kompressor versorgten Luftfedern das Niveau der Karosserie auch bei voller Zuladung konstant und trägt mit dazu bei, daß die Schraubenfedern, die für die eigentliche Federungsarbeit zuständig sind, weich ausgelegt werden konnten.
An die Komfortmaßstäbe, die Limousinen setzen, kommt der mit zwei schweren, starren Achsen versehene Landy zwar nicht heran, aber seine Federung schluckt grobe Bodenunebenheiten immerhin so be- reitwillig, daß es nicht zu störenden Vertikalbewegungen des Aufbaus kommt. Die starken Wankbewegungen in schnell durchfahrenen Wechselkurven, die den bisherigen Discovery negativ auszeichneten und ihn beim Elchtest (heute ISO-Ausweichtest) schnell auf die Kippe brachten (siehe auch Heft 24/97), gehören trotz der nachgiebigen Federung der Vergangenheit an.
Dafür sorgt ACE (Active Cornering Enhancement), das die Seitenneigung der Karosserie mit verblüffendem Erfolg unterdrückt (siehe Seite 39). Der Discovery vermittelt damit in Kurven ein sicheres Fahrgefühl, die Gefahr des Kippens bei einem abrupten Ausweichmanöver ist gebannt. Dennoch verdienen die Fahreigenschaften nur eine durchschnittliche Note. Denn die Lenkung bietet kaum Fahrbahnkontakt und arbeitet so teigig, daß es schwerfällt, eine saubere Kurvenlinie zu fahren.
Und wer sich allzu vertrauensvoll auf ACE verläßt, wird erkennen, daß physikalische Gesetze sich damit nicht außer Kraft setzen lassen. Wenn der Land Rover den Kurvengrenzbereich erreicht, bricht er sehr plötzlich mit dem Heck aus und ist dann nur von einem routinierten Fahrer wieder einzufangen. Abgesehen von solchen Extremsituationen zeigt sich lediglich eine harmlose Neigung zum Schieben über die Vorderräder in schnell gefahrenen Kurven.
ABS gehört längst zu den Selbstverständlichkeiten, aber der Discovery hat auch eine großzügiger dimensionierte Bremsanlage bekommen. Das Ergebnis: Zehn Vollbremsungen aus 100 km/h mit voller Zuladung verkraftet die Bremse ohne Nachlassen der Wirkung. Die Basisverzögerung freilich bleibt gewichtsbedingt auf einem nicht gerade überzeugenden Niveau. Die guten Geländeeigenschaften, für die Produkte des Hauses Land Rover berühmt geworden sind, bleiben auch dem neuen Discovery erhalten, obwohl er keine mechanische Sperre des zentralen Differentials mehr besitzt.
An dessen Stelle tritt ETC (Electronic Traction Control). Nach wie vor treibt der Landy permanent alle vier Räder an, aber die Kraft fließt über drei offene Differentiale. Tritt an einem Rad Schlupf auf, sorgt ein kurzer Bremsenein- griff dafür, daß die Antriebskraft an die Räder geleitet wird, die Grip vorfinden. Dieses System entspricht der bei der MKlasse von Mercedes eingeführten Traktionskontrolle und bringt auf rutschigem Untergrund sehr gute Ergebnisse, wie auch der Allradvergleich (Heft 26/98) gezeigt hat. Ein Reduktionsgetriebe für schweres Gelände gibt es auch.
Die kurze Übersetzung wird mit einem Hebel auf der Mittelkonsole zugeschaltet und bewährt sich nicht nur an extremen Steigungen, sondern auch in steilem Gefälle. Dazu greift, aktivierbar im ersten und im Rückwärtsgang, HDC (Hill Descent Control) ein. HDC sorgt mit Bremseneingriff dafür, daß eine Geschwindigkeit von 14 km/h nicht überschritten wird.
Entwickelt wurde diese Technik für den billigeren Land Rover Freelander, der auf ein Reduktionsgetriebe verzichten muß. Beim im Geländegang sehr kurz übersetzten Discovery hat sie wenig zu tun, das Bremsmoment des Motors genügt meist, um bergab nicht zu schnell zu werden. Was noch? Eine funktionelle, ordentlich verarbeitete Karosserie mit reichhaltiger Ausstattung und auf Wunsch sieben Sitzplätzen, die alle mit Automatikgurten und Kopfstützen ausgerüstet sind. Und ein alter Bekannter als Antriebsquelle, nämlich jener Leichtmetall-V8 ursprünglich amerikanischer Herkunft, der auch im Range Rover Dienst tut.
Im Discovery besitzt er vier Liter Hubraum, harmoniert trefflich mit der Viergangautomatik (Aufpreis: 4000 Mark), sorgt für kräftigen Schub und fördert den Komfort durch sein unaufdringliches Laufgeräusch. Für all das muß er erwartungsgemäß mit beträchtlichen Benzinmengen entlohnt werden. So sind es vor allem die Fahrwerksverbesserungen, die dem neuen Discovery einen respektablen Platz unter den Offroadern der Oberklasse sichern. WD kann man da nur sagen. Well Done.