Mercedes SLK 55 AMG - Tune Up Teil 3
Nach der zweiten und letzten Stufe des Tune Up firmiert unser Mercedes SLK 55 AMG nun als 400 PS starkes und 280 km/h schnelles Sondermodell Black Series mit Hardtop und messerscharfen fahrdynamischen Qualitäten.
Ein SLK spaltet die Redaktion, treibt sich als fahrender Keil zwischen die Fronten. Das eine Lager scheint dem Entsetzen nahe zu sein. Der Rest wiederum, die Hardcore-Fraktion, ist fast zu Tränen gerührt.
Spaltendes Material – Der Black Series bricht mit Tugenden
Was sich hier nämlich in seiner letzten Tune Up-Stufe als Sondermodell Black Series mit satt sitzenden Recaro-Schalen um die mehr oder weniger breiten Hüften der sport auto-Mannschaft spannt, hat weder mit einem Mercedes im Speziellen noch mit einem AMG-Modell im herkömmlichen Sinn was zu tun. Mit dieser Einstufung sind sich die beiden Lager jedenfalls vollkommen einig. Das mächtig motorisierte Klappdach-Coupé bricht mit seinen Tugenden. Vorbei die Zeit des feinen Roadster-Feelings mit ausgeprägtem Langstreckencharakter. Was hier als 107.300 Euro teures Sondermodell firmiert, ist schlicht und ergreifend der Hammer.
Zugespitzt auf ein primäres Ziel – den optimal anvisierten Kurvenscheitelpunkt schnellstmöglich wieder hinter sich zu lassen. Passé auch die Zeit, wo sportlich akzentuierte Polstersitze per Elektrounterstützung in die Komfortstellung surrten und ein Airscarf den Nacken kraulte. Wem die radikalen Sitzschalen nicht behagen, hat den Sinn und vor allem den Zweck dieses AMG-SLK nicht kapiert. Gleiten im altbekannten Stil gibt’s nicht mehr. Cruisen grenzt ab sofort an Selbstkasteiung. Hier fährt ein knallharter Renner mit Straßenzulassung, der nur knapp an der messerscharfen Zuspitzung eines CLK AMG DTM vorbeischrammt.
Die Automatik lässt Radikalität vermissen
Und das eigentlich auch nur, weil das Siebengang-Automatikgetriebe die Fahrstufen nicht so zügig und trocken nach klopft, wie es der Straßen-DTM in angenehmer Grobheit tut. Womit wir auch schon an einer Art Achillesferse des Black Series angelangt sind. Die Automatik schaltet weitestgehend verschliffen und waltet gediegen ihres Amtes, fügt sich in dieser Form aber auch nicht mehr schlüssig ins sonst so radikale Konzept. Vom Impuls an den Schaltwippen bis zur Umsetzung im Getriebe vergeht einfach zu viel Zeit. Die Wandlerautomatik ist allerdings auch das einzige Glied in der Kette, das bei der finalen Tune Up-Stufe unangetastet blieb.
Nicht mal mehr die Silhouette ist mit der des herkömmlichen SLK 55 AMG identisch. Zumindest was die Frontalansicht betrifft, da die vorderen, nun aus mit Kohlefaser verstärktem Pu-Rim- Material gefertigten Kotflügel um 25 Millimeter pro Seite bauchiger ausfallen. Auch die hinteren Radhäuser sind um je 10 Millimeter breiter. In der wuchtigeren Behausung stecken Schmiederäder im 19-Zoll-Format, die im Vergleich zum herkömmlichen Radsatz immerhin einen Gewichtsvorteil von 6 Kilogramm erzielen. Bei der möglichen Bereifung genießt der Kunde Entscheidungsfreiheit: Pirelli P Zero Nero oder Corsa. Wobei – wenn schon, denn schon – also gripfreudigere Corsas. Zumal die konsequente Umsetzung der gesteigerten Fahrdynmik auch ansonsten an allen Fronten zu spüren und zu sehen ist. Letztlich hinterlassen die Corsa-Gummis auch bei Nässe einen sehr guten Eindruck.
Der Black Series hat oben kräftig abgespeckt
Die Türinnenverkleidungen glänzen im Black Series in fein verarbeitetem Carbon. Das Variodach war einmal. Einziges Überbleibsel ist der stillgelegte Schalter in der Mittelkonsole. Das versenkbare Blechdach ist einer festen Kohlefaservariante gewichen, womit sich der modifizierte SLK von satten 35 Kilogramm in exponierter Lage entledigt. Überhaupt bringt der Black Series im Vergleich zum Ausgangsprodukt nun 47 Kilogramm weniger auf die Waage.
Durch eine überarbeitete Luftführung, den Einsatz eines Fächerkrümmers und einer neu programmierten Motorsoftware, die überdies eine Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h zulässt, mobilisiert der V8 nun 400 anstatt der üblichen 360 PS. Daraus errechnet sich ein Leistungsgewicht von 3,8 Kilogramm pro PS (Serie: 4,3 kg/PS). Das neue Verhältnis von Kraft zu Masse zeigt Wirkung. Beim Sprung auf Tempo 100 entfernt sich der Black Series um 0,6 Sekunden von der Basis. Bis 200 km/h beträgt der Vorsprung schon 2,5 Sekunden. Bei den Elastizitätsmessungen halten sich die Vorteile hingegen in überschaubaren Grenzen, da das maximale Drehmoment nach den Umbaumaßnahmen schließlich auch nur um 10 Newtonmeter anstieg und der wuchtige V8 die deutliche Schippe mehr Tatendrang hauptsächlich im oberen Drehzahlbereich nachlegt.
Sein Geläuf ist die Rennstrecke
Derart ausgerichtet macht der Über-SLK auch ohne Messequipment unmissverständlich klar, dass in seinen Grundfesten ein anderer Wind weht. Der V8 pröttelt ein gesundes Maß markiger aus den vier Endrohren und quittiert Gaspedalregungen noch eine deutliche Stufe gieriger. Wer den Geist des Black Series bis dato immer noch nicht verstanden hat, wird spätestens beim ersten Gullideckel ohne Umschweife darüber informiert, dass sich hier einer auf öffentlichem Terrain bewegt, der seinewahre Berufung erst auf der Rennstrecke findet.
Das in Zug-und Druckstufe einstellbare Gewindefahrwerk mag beileibe nicht der beste Freund von kurzen Absätzen sein und gibt derartige Schläge demnach gnadenlos und rigoros weiter. Dennoch ist es in sich perfekt abgestimmt und bestens konditioniert, den Zweisitzer auch bei hohen Geschwindigkeiten und eventuell auftretenden Bodenwellen auf Kurs zu halten. Dabei sind es aber gerade die Abweichungen vom sturen Kurs, die dem außergewöhnlichen Reiz des Black Series das Tüpfelchen auf dem i bescheren. Als wäre er aus einem gänzlich anderen Holz geschnitzt, pariert dieser SLK 55 Lenkbefehle nun mit einer unverschämt präzisen Direktheit, die in dieser Form nicht nur auf die Fähigkeiten der Reifen zurückzuführen ist.
Der Black Series lässt die Basis locker hinter sich
In der Tat sorgen nämlich das straffere Motorlager und der Einsatz von Aluminium anstatt von Gummi beim Lenkungslager für eine Agilität, die sich auf dem Testfeld in Hockenheim in bestechende Zahlenwerte ummünzen lässt. Den 18-Meter-Slalom durchsticht der Hecktriebler messerscharf und neutral. Diese exakte Gangart spiegelt sich für einen SLK in bislang ungeahnter Form auch auf dem Kleinen Kurs wider. Dort nimmt der Black Series seiner Basis in beeindruckender Manier und fast schon spielerisch 2,8 Sekunden ab.
Er knabbert an allen Fronten. Beim Bremsen beispielsweise, wo die Messsensorik nun durch die Bank Verzögerungswerte von über 11 m/s² attestiert. Auf den Geraden, wo das bessere Leistungsgewicht zum Tragen kommt. Und natürlich auch in der neuen Paradedisziplin des Black Series, den Kurven, die erfreudvoll agil und nur ansatzweise untersteuernd angeht. Dank optionalem Sperrdifferenzial geht’s traktionsreich, bei etwas zu viel Gas naturgemäß auch freudvoll driftend wieder aus den Ecken heraus. Um es für die etwas verweichlichte Fraktion also nochmal auf den Punkt zu bringen: Ist der Black Series zu stark, bist du zu schwach ...
Auf den Punkt gebracht
Manche mögen’s heiß, und genau auf deren Ansprüche ist der Mercedes SLK 55 AMG Black Series zugeschnitten. Während das Ausgangsprodukt für unsere Serie Tune Up noch gekonnt den Spagat zwischen Sportlichkeit und Komfort pflegte, die erste Stufe bereits eine kleine Richtungsänderung vorgab, kennt der Zweitürer im Endstadium nun keine Kompromisse mehr. Die tief greifenden Umbaumaßnahmen machen quasi vor nichts Halt – zumindest in Bezug auf das Herausarbeiten der fahrdynamischen Qualitäten: Räder, Reifen, Fahrwerk, Motor, Gewicht und auch der rennmäßige Sitzkomfort werden bei AMG in die Mangel genommen. Dass sich der Kaufpreis des knallharten Sportlers für die Straße in Schwindel erregende Höhen begibt, ist die Kehrseite der gewonnenen Agilität. Mit dem Black Series zeigt AMG jedenfalls, was bei einer konsequenten Umsetzung aus einer guten Basis noch zu holen ist. Lediglich das unveränderte Automatikgetriebe verwässert die ansonsten reine Umsetzung des Themas etwas.