Opel Vectra 2.5 V6 Caravan im Test
Mit den Caravan-Versionen von Astra und Omega ist Opel im Kombi-Markt traditionell sehr stark vertreten. Nun kommt mit der neuen Vectra-Variante noch eine dritte Kraft dazu. Sie soll vor allem den freizeitorientierten Kombis Konkurrenz machen.
Kombis befinden sich im Aufwärtstrend: Das zeigt die Entwicklung ihres Marktanteils in Europa, der in den vergangenen zehn Jahren von fünf auf 13 Prozent wuchs. Um die Jahrtausendwende soll er den Marktforschern zufolge schon rund 15 Prozent betragen. Der Grund für den Siegeszug der Kombinations-Kraftwagen: Ihr Image hat sich innerhalb des letzten Jahrzehnts stark gewandelt, vom Lastesel für Handwerker zum Allrounder für den vielseitigen Privatmann. Da darf auch die Transportkapazität zugunsten eines schicken Auftritts hinten anstehen.
Die gute Resonanz auf attraktive Typen wie etwa den Audi A4 Avant oder das T-Modell der C-Klasse von Mercedes unterstreichen diese These. Der Part des eleganten Livestyle-Kombis im Caravan- Programm von Opel ist ganz bewußt dem Vectra zugedacht. Aus diesem Grund braucht er sich nach Ansicht seiner Väter auch nicht hinter dem eine ganze Klasse tiefer rangierenden Astra Caravan zu verstecken, obgleich der ein etwas größeres Ladevolumen bietet.
Schon die Form des Vectra soll die ihm zugedachte Rolle deutlich machen, was manchem Betrachter schwer nachvollziehbar erscheint. Zwar wirkt er keineswegs wie eine nachträglich zum Kombi umgebaute Limousine, aber seine Eleganz ist doch eher von zurückhaltender Art. Zu den charakteristischen Stilmerkmalen zählen etwa die in Wagenfarbe lackierten Stoßfänger mit markanten Gummileisten, die sanft gebogene Heckscheibe sowie die breite Heckklappe, welche die DSäulen mit abdeckt. Die Dachreling gehört zur Grundausstattung, sie darf bis zu 100 Kilogramm tragen.
In der hohen Heckpartie verbirgt sich ein glattflächiger Laderaum der feineren Sorte. Er ist vollständig mit Teppich ausgeschlagen, seinen Boden schützen Scheuerleisten. Der Raum unter ihm wurde sinnvoll genutzt: Hier steckt unter einer großen Klappe das Reserverad, dessen Abdeckung Fächer zur Unterbringung diverser Utensilien bereitstellt. Eine zweite Klappe im Boden direkt hinter den Rücksitzlehnen führt zu einer breiten Box, die via Durchladeöffnung auch vom Innenraum aus erreichbar ist. Gepäck im Laderaum blockiert natürlich den Zugang zu diesen Geheimfächern. Ein Netz zur Fixierung von Gepäckstücken und eines zur Abtrennung des Laderaumes hin zum Passagierabteil ist beim Vectra Caravan ebenso serienmäßig wie eine Gepäckraumabdeckung. Gerade dieses Teil hat beispielsweise beim Omega Kombi wegen mangelhafter Funktionstüchtigkeit viel Verdruß bereitet.
Beim Vectra läßt sich die Plane wesentlich einfacher herausnehmen: Man schiebt sie nach hinten zusammen und zieht sie am Stück nach oben aus der Verankerung, wobei sich an jeder Seite ein Teil der Führungsschiene mit ausklinkt. Lästiges Einfädeln der Plane beim Wiedereinbau entfällt also. Die weit öffnende Heckklappe ist breit, und die Gepäckraumfläche liegt tief, was dem Ladekomfort sehr zugute kommt. Mit seinem Stauvolumen nach VDA-Norm von 460 Litern erreicht der Vectra das Niveau des kleinen T-Modells von Mercedes (465 Liter).Nach dem Umklappen der asymmetrisch geteilten Rücksitzbank stehen bis zum Dach gemessen 1490 Liter zur Verfügung (Mercedes 1510 Liter).
Vergleicht man die beiden größtmöglichen Quader, die jeweils in den kleinen und den erweiterten Laderaum hineinpassen, übertrifft der Vectra seine deutschen Klassenkonkurrenten (Audi, BMW Dreier, Mercedes), nicht aber den VW Passat und den Astra. Die erlaubte Zuladung ist mit 542 Kilogramm ungewöhnlich hoch. Es empfiehlt sich aber nicht, das zulässige Maximum auszuschöpfen, weil die Fahreigenschaften unter dieser Last spürbar leiden.
Der vollbeladene Caravan wird auf welliger Fahrbahn und bei schnellen Lenkbewegungen an der Hinterhand instabil. Daraus resultieren unangenehme Lastwechselreaktionen, außerdem drängt der üblicherweise leicht beherrschbare Vectra dann bei hohem Kurventempo mit dem Heck nach außen. Kräftige Vertikalbewegungen auf langen Wellen, bei denen der Wagen auch mal bis auf die Anschläge durchfedert, sorgen für zusätzliche Unruhe und verringern die Lenkpräzision. Wer häufig mit hoher Zuladung fährt, sollte auf die Niveauregulierung (Aufpreis etwa 1000 Mark) auf keinen Fall verzichten. Bis zu normaler Beladung fährt sich der Caravan ähnlich gutmütig wie die Limousine: Er untersteuert minimal, zeigt keine kritischen Reaktionen bei plötzlichem Gaswegnehmen in Kurven und folgt willig den Befehlen der exakten Lenkung. Und er bietet, mit Einschränkungen auf langen Wellen, einen recht ausgewogenen Komfort.
Allein die Sitzposition empfinden lang gewachsene Personen trotz jüngst erfolgter Modifikationen noch als etwas zu hoch. Auch die Ergonomie, beim Vectra eigentlich kein Thema, verdient in einem Punkt Kritik: Der Schalthebelknauf sitzt zu weit hinten. Der V6-Motor mit 2,5 Liter Hubraum und 170 PS, schon im Vorgänger eingesetzt, zeichnet sich auch dank Schaltsaugrohr durch gute Kraftentfaltung bei niedrigen Drehzahlen und akzeptable Trinkgewohnheiten aus (Testverbrauch 10,8 Liter/ 100 km). Er läuft zwar rauh und klingt kernig, verhilft dem über 1,4 Tonnen wiegenden Caravan aber zu ansprechenden Fahrleistungen.
Der Testwagen beschleunigte in 8,8 Sekunden von null auf Tempo 100 und gefiel durch gute Elastizitätswerte. Seine Höchstgeschwindigkeit: stattliche 222 km/h. Als Caravan kostet des Vectra exakt 1090 Mark mehr als eine vergleichbar ausgestattete und motorisierte Schräghecklimousine. Damit ist er als preisgünstiges Angebot einzustufen. Der Testwagen, ein CD mit sehr umfangreicher Ausstattung, bringt es auf einen Preis von 51 450 Mark. Auf das rund 5000 Mark teure Exklusiv-Paket kann getrost verzichtet werden, womit der Vectra Caravan V6 CD bei knapp über 46 000 Mark liegt. Da kann man nicht meckern.