Auf der einen Seite die Erzfeinde Audi, AMG und BMW, auf der
anderen die Exoten von Lexus und Cadillac. Wer entscheidet den
großen Test der Power-Coupés für sich?
Lassen Sie uns zu Beginn erst mal durch die Startaufstellung
schlendern. Was haben wir alles? Einen Allradler, zwei V8, drei
Sechszylinder, vier Turbomotoren und – Szenenapplaus – einen
Sauger, dem Sie gedanklich schon mal zehn Punkte aufs Endergebnis
addieren dürfen.
Hinten in der Leistungshierarchie stehen die Bayern: Audi RS 5
und der BMW M4 in der Competition-Version, die ihm neben der
Leistungsspritze auf 450 PS auch spezifische Kennlinien für
Fahrwerk, DSC und Differenzial verschafft.
Davor liegen der Caddy mit seinem 470 PS starken V6-Biturbo und
in Reihe eins der 477-PS-Lexus sowie AMGs C 63, der allerdings
nicht wie abgemacht mit etatmäßigen 476 PS erschien, sondern in der
S-Variante mit deren 510.
Und damit wären wir mittendrin in Audis neuem Aushängeschild,
jenem 450 PS starken Allradcoupé, das wir als Frontalangriff auf
den Rekordmeister aus München erwartet hatten und nun als
Ausweichmanöver kennenlernen.
Der RS 5 will Sportwagen sein - und gleichzeitig granturistisch
fahren. Ausbaden muss das vor allem das Fahrwerk: Die Zugstufe der
Adaptivdämpfer wirkt viel zu lasch, sodass der ganze Kerl auf
Bodenwellen seltsam nachwippt, selbst im Dynamic-Modus gaaaanz weit
ausfedert, in Kurven wegsackt und bei schnellen Wechseln übel zu
schunkeln beginnt.
Schlechte Vorzeichen? Wahrscheinlich, wäre da nicht der Motor,
der dank 600 Nm und Allradtraktion in der Lage ist, die
Agilitätsdefizite über die Beschleunigung zu relativieren. Gesagt,
getan.
Das sitzt. In höheren Geschwindigkeitsbereichen fehlt dem
Zwo-Neuner die Bulligkeit des AMG-V8 zwar ebenso wie die Frenetik
der Sechserreihe im M4, ab 4.500/min feuert er aber schon heftigst
voran.
Der Cadillac ATS-V kämpft etwas tranigen Kraftfluss seines V6,
der einem trotz Hubraumvorteilen gegenüber BMW und Audi immer etwas
zugeschnürt vorkommt.
... der Innenraum weit entfernt von der Geisterbahnromantik
alter Tage, dazu gibt’s pfiffige Ideen wie den an die Parksensorik
gekoppelten Fahrersitz, der heftig zu vibrieren beginnt, sobald man
sich einem Hindernis nähert. Vor allem aber hast du noch was in der
Hand.
Das Fahrgefühl ist deutlich herber als im bonbonnierten RS 5,
der Fahrbahnkontakt realer, die Verbindung zwischen Aktion und
Reaktion schnörkelloser. Statt wie der Audi in den Handflächen
herumzuflutschen, lässt sich der Cadillac ATS-V am Alcantara-Kranz
in die Querbeschleunigung schrauben.
Während der ATS-V sein Licht eher unter den Scheffel stellt,
trägt der Lexus RC F im Test etwas zu dick auf. Das futuristische
Styling konterkariert sein Antriebskonzept, und auch die
Kohlefaser, mit der man ihm den Mittelteil seiner Karosserie fast
gänzlich überbacken hat, ist am Ende nichts anderes als die
Diät-Panade auf seinem speckigen Körperbau. Er ist der einzige, der
die 1.800-Kilo-Marke überragt.
Der Fünfliter-V8, der seine 530 Nm noch aus den natürlichen
Rohstoffen Hubraum und Drehzahl schürft, spannt seine Muckis zwar
schneller an als die Kollegen mit der Turbopumpe, allerdings sind
über weite Teile seines Drehzahlspektrums kaum Muckis da, die
angespannt werden könnten.
Unter 3.000/min, wo seine aufgeladenen Rivalen bereits allesamt
voll im Saft stehen, liegt der Lexus praktisch brach. Bei dreifünf
wird ein dumpfes Ansaugbrüllen in die Geräuschkulisse eingespeist,
erst danach folgt nennenswerter Schub. Heißt im Umkehrschluss:
Untersteuern? Der BMW M4 Competition versteht nur Bahnhof.
Untersteuern, diese schlechte Angewohnheit, bei zu viel Push mit
der Vorderachse einzuknicken, nicht zum Repertoire eines M4 gehört.
Er kann es einfach nicht!
Keiner balanciert in unserem großen Coupé-Test so leichtfüßig an
der Klippe des Grenzbereichs entlang, keiner turnt so spielerisch
aus kitzeligen Situationen, und nach wie vor gibt es keinen, der
ihm das Wasser reicht.
Aber reden wir doch über Dinge, die wir nicht schon wussten.
Warum nicht über ein paar Kleinigkeiten, die jüngst geändert
wurden, aber gottlob nichts Gravierendes geändert haben. So rastet
der Blinkerhebel nun wieder nach oben oder unten ein, das iDrive
bekam ein Makeover.
... Affalterbach können sie das Lobgehudel auf den M4
wahrscheinlich nicht mehr hören. Sein Vierliter-Biturbo egalisiert
den Gewichtsnachteil gegenüber dem M4, den er selber
mitverantwortet, mit massivem Drehmoment. Das Fahrwerk stellt
ultimativen Fahrbahnkontakt ganz klar über markenklischeehaften
Abrollkomfort, und im Fall des S-Modells sitzt zwischen den
Hinterrädern ein Sperrdifferenzial mit elektronischer Steuerung –
...
Man erreicht mit dem großen C nie das Niveau dieses verflixten
BMW. Weder fahremotional noch fahrdynamisch. Wieder nicht. Das
Problem liegt im Handling und in allen Faktoren, die es direkt
beeinflussen, also Gewicht, Balance, Set-up et cetera pp.
Dem Cadillac fehlt es an Druck, dem Mercedes an Leichtfüßigkeit,
dem Lexus an den Möglichkeiten und Audi am Willen, die ausgelassene
Performance-Party des BMW zu crashen.
Der M4 war, ist und bleibt die einsame Spitze aller
querdynamisch relevanten Disziplinen, der beste Entertainer, aber
nicht der Einzige, der entertaint. ATS-V und C 63 amüsieren
jedenfalls fast genauso gut. Der eine mit seinem handfesten
Fahrbahnkontakt, der andere vor allem mit dem weichen
Heckschwung.