Welcher Allradkombi steigt auf den Thron?

Mercedes E 220 d, Volvo V90 CC, VW Passat Alltrack 2.0 TDI

Höher hinauszukommen als normale Allradkombis versprechen seit 20 Jahren Volvos Cross-Country-Modelle. Nun startet der V90 CC zeitgleich mit der Mercedes E-Klasse All-Terrain. Wir holen noch den VW Passat Alltrack dazu, und los geht’s.

1997 setzte Volvo mit dem hoch gelegten Allradkombi V70 XC einen neuen Trend, auf den viele Hersteller aufsprangen. Subaru, Audi, später VW mit dem Passat Alltrack und letztens Mercedes mit der E-Klasse All-Terrain.

Ach, passt das schön: Mit Allrad und hoher Bodenfreiheit können die drei vielen SUV das Wasser reichen.

Tante E mit Wanderstiefeln? Ja, das hätte es früher nicht gegeben. Was nur wieder zeigt, dass früher auch nicht alles besser oder alle schlauer waren. Denn als All-Terrain kann es das große T-Modell mit so ziemlich jedem SUV aufnehmen.

Viel hat sich allerdings nicht geändert: Der All-Terrain ist lediglich 2,9 cm höher: 1,5 kommen durch die geliftete Karosserie zustande, die anderen 1,4 cm durch Reifen mit höheren Seitenflanken, die nebenbei auch den Komfort erhöhen.

Mit der serienmäßigen Luftfederung lässt sich die Bodenfreiheit im All-Terrain-Modus von 12,1 auf 15,6 cm erhöhen. Dann verschafft die Federung dem E etwas mehr Geländetalent, während sie auf der Straße für oberklassigen Komfort sorgt

Der E 220 d beschleunigt zwar weniger eilig als die anderen, gleicht das aber mit dem niedrigsten Verbrauch (7,5 l/100 km) und der großen Reichweite (880 km mit 66-Liter-Optionstank) locker aus.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Frontansicht

Mal angenommen, man nähme dem Volvo V90 CC alles an Glamour, übertriebener Stilistik, Lässigkeit und ersetzte es durch perfekt durchkonstruierte, hochwertige Pragmatik, dann, ja dann stünde da ziemlich genau ein Auto wie der VW Passat Alltrack.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Seitenansicht

Der überzeugt nicht nur durch seinen Pragmatismus - er ist auch noch verdammt flott: 6,3 Sekunden auf 100 km/h: Und damit, verehrte Damen und Herren, begrüßen wir in der Nullhundert-Sprintdimension von Sportwagen diesen höhergelegten Passat Variant mit Dieselmotor.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Heckansicht

Das VW-Set-up überzeugt mit seiner großen Spreizung - beflissen im Comfort-Modus, bissig auf Dynamic.. Dann strafft der Passat Dämpfer, Lenkung und Gasannahme.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Motor

Bei der Wucht von 240 PS und 500 Nm kann die Doppelkupplungsbox ihre sieben Gänge niedertourig sortieren, bestünde selbst im Sport-Modus kein Grund für Hektik, und es ginge noch immer voran wie in einem Golf GTI.

Volvo: Für alle, für die Tradition auch bedeutet, sich immer wieder neu zu erfinden.

Der Test-CC kommt mit der optionalen Luftfederung an der Hinterachse, dazu den 20-Zoll-Rädern. Mit denen rollt er herb ab, stakst harsch über kurze Unebenheiten. Doch anders als beim Standard-Kombi federt das CC-Set-up lange Wellen besser weg.

Das Handling dynamisiert es dagegen nicht. Auf 20 cm Bodenfreiheit hochgesetzt, wankt der Volvo stärker, fühlt sich schwerfälliger und sperriger an. Dafür kommt der Cross Country abseits der Straße weit.

In der stärksten Leistungsversion des Biturbodiesel faucht dem Vierzylinder ein Kompressor bei niedrigen Drehzahlen zusätzlichen Ladedruck ein. Entschlossen in Ton wie Temperament zieht der Zweiliter voran.

66 dB(A): Alle drei Testwagen haben optionales Dämmglas. Aber der Mercedes schottet die Passagiere am besten von Geräuschen ab, ist bei 130 km/h vier Dezibel leiser als der VW. Der Volvo liegt mit 68 dB(A) dazwischen.

Das Offroad-Setup kratzt ein wenig am bemerkenswerten Handlingtalent der neuen E-Generation. Die Lenkung spricht noch immer geschmeidig an, aber der Kombi neigt etwas früher zum Untersteuern und das ESP regelt ein wenig eiliger.

So, wir machen das edle Interieur günstiger. Denn das Touchpad für 226 Euro braucht es ebenso wenig wie Digitalinstrumente (1.012 Euro).

Doch, hilft tatsächlich: Die All-Terrain-Kennlinien verbessern die Traktion auf rutschigem Untergrund klar.

Mit dem kleinen Kippschalter lassen sich die verschiedenen Fahrdynamikmodi umschalten.

Weil er den Motor quer unter der Fronthaube trägt, schafft der Passat trotz 17 cm weniger Länge sogar mehr Platz als der Mercedes.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Cockpit

Selbst in reichlicher Ausstattung kommt der Alltrack nicht ganz an die glänzende Materialgüte der anderen heran. Dafür ist er aber auch deutlich günstiger.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Infotainment

Wie der Mercedes besitzt auch der Passat neben den regulären Fahrmodi eine separate Offroadkennlinie für mehr Traktion und Feingefühl fernab befestigter Straßen.

Auch der V90 trägt den Motor quer, hat aber weniger Platz als die anderen. Das hätte es beim 240 nie gegeben? Kommt drüber weg.

Weil er drinnen so grandios, stilvoll, reduziert ist, arrangiert man sich sogar mit dem Bedienchaos, das der Touchscreen anstellt.

Unkonventionell: Start des Motors per Drehschalter. Die Bedienelemente wirken insgesamt alle sehr hochwertig und edel.

Darf auch im V90 CC nicht fehlen - ein Offroad-Fahrmodus. Dabei sind allerdings zu viele Funktionen auf den Hochkant-Touchscreen ausgelagert, die Menüs verworren.

653 Kilogramm darf die E-Klasse zuladen - 207 Kilo mehr als der Volvo. Und wenn mal wieder etwas mehr mitsoll, packt der Mercedes bis zu 1.820 Liter in den Gepäckraum.

Plus 2,9 cm Bodenfreiheit, 1,4 durch die Reifen und die beste Bremse im Test - nach 35m aus 100 km/h steht der All-Terrain.

Üppiger Fond, etwas flache Lehne.

640 bis maximal 1.820 Liter Ladevolumen - hier macht dem T-Modell auch als All-Terrain keiner so schnell etwas vor.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Rad, Felge

Als einzige Extravaganz leistet sich der Variant den Rempelschutz rundum und die Höherlegung um 2,8 cm. Die bringt abseits der Straße ein wenig mehr Boden- und Abenteuerfreiheit, ändern aber nichts an der ausgewogenen Fahrwerksabstimmung.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Fondsitze

Beim Platzangebot im Fond profitiert der Passat von seinem quer eingebauten Motor.

VW Passat Alltrack 2.0 TDI 4Motion, Kofferraum

Dies zeigt sich auch im Laderaum. 639 bis 1.769 Liter sind nahezu auf E-Klasse-Niveau.

Optionale 20-Zoll-Räder, 19,8 cm Bodenfreiheit. Beim Bremsen fällt der V90 CC leicht hinter den hervorragend bremsenden konventionellen V90 zurück.

Auf der behaglichen Rückbank im Volvo kommen drei Mitfahrer bequem unter.

Volvo V90 CC D5 AWD, Fondsitze, Umklappen

Zwei integrierte Kindersitze (320 Euro).

Beim Ladevolumen liegt der V90 aber nicht nur unter dem Niveau der Rivalen und der Klasse, sondern auch entfernt von dem, was man noch immer von einem großen Volvo-Kombi erwartet. 560 bis 1.526 Liter sollten dennoch in den meisten Fällen reichen.

Die Eigenschaftswertung entscheidet der Mercedes so deutlich für sich, dass nicht einmal 14.000 Euro Mehrpreis gegenüber dem Passat den Sieg verhindern können. Der elegante Volvo überzeugt auf seine ganz eigene Art, ist objektiv aber zu teuer und durstig.

Platz 1 geht an die E-Klasse All-Terrain: Für alle, die hoch hinauf wollen: klarer Sieg mit brillanter Traktion, schmeichelndem Federungskomfort, dem kultivierten sparsamen Motor und hervorragender Sicherheit.

Platz 2 für den VW Passat Alltrack: Für alle, die schnell hinaus wollen: Der wuchtige Antrieb und das vergnügliche Handling sind die Stärken des geräumigen Passat. Bei der Sicherheitsausstattung liegt er zurück.

Platz 3 für den Volvo V90 CC: Für alle, die groß rauskommen wollen. Trotz lückenloser Sicherheitsausstattung, gutem Komfort und viel Ausstattung reicht es für den eleganten, treuen und durstigen Schweden nur für Rang drei.

Die leichte Offroad-Kur hat den Kombis gut getan - so gut, dass man sich mal wieder nach dem Sinn großer SUV fragen kann.

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