Von Ford bekamen wir als ersten Testwagen den Focus 1.5 EcoBoost
mit 150 PS in der sportlichen ST-Line. Zum Vergleich schicken wir
den VW Golf, ebenfalls mit aufgeladenem 1,5-Liter-Benziner, ins
Rennen. Zwar bringt der Golf 20 PS weniger mit - beide Kompaktwagen
spielen aber auch ausstattungsbereinigt etwa in einer
Preisliga.
Fahren konnte der Focus schon immer gut, und auch unser
Testwagen folgt der Tradition weitestgehend. Allerdings verfügt der
Focus als ST-Line über härtere Dämpfer und zehn Millimeter kürzere
Federn, womit er selbst kleinere Unebenheiten recht herb und zum
Teil rüde absorbiert.
Wem das nicht behagt, dem seien das Standardfahrwerk oder besser
noch die erstmals angebotenen Dämpfer mit elektronischer Regelung
empfohlen (1.000 Euro).
An der Lenkung gibt dafür wenig zu kritisieren. Wie gewohnt
setzt sie die Lenkbefehle sensibel, flott und präzise um und
verhilft dem Focus zu einer erfrischenden Leichtfüßigkeit. Passend
dazu wurde ein kultiviert arbeitender Dreizylinder verbaut, der mit
viel Schubkraft überzeugt.
Als ST-Line tritt der Ford betont sportlich auf. Wer den großen
Spoiler und die roten Bremssättel muss noch zusätzliche 500 Euro
investieren. Die dunklen 17-Zöller sind hingegen serienmäßiger
Bestandteil der ST-Line. Darf es etwas mehr sein? Dann muss zu den
optionalen Leichtmetallfelgen des 18-Zoll-Formats gegriffen werden
(500 Euro).
Der Ford wirkt immer noch nicht sonderlich hochwertig, und das
Cockpit gefällt nicht jedem. Pluspunkte gibt es für reichlich
Ablagen und den gut positionierten Touchscreen.
Ford belässt es bei den klassischen Rundinstrumenten plus großem
Bordcomputer. Wem das nicht reicht, der kann noch ein
Head-up-Disblay hinzu kombinieren. Dieses kostet 450 Euro und
projeziert auf eine kleine ausklappbare Zusatzscheibe.
Lobenswert sollte erwähnt werden, dass Ford den Focus ST-Line
serienmäßig mit dem Sync 3 System ausstattet. Dies besitzt neben
der 8"-Touch-Display auch eine Sprachbedienung. Natürlich ebenfalls
an Bord: Apple CarPlay und Android Auto.
Der zwölf zentimeter längere Focus bietet hinten etwas mehr Luft
im Beinbereich. Dafür gibt es aber etwas weniger Kopffreiheit. Zwar
bezeichnen die Kölner das Gestühl als Sportsitze, dafür sind sie
aber etwas zu hoch montiert und zudem etwas zu weich
gepolstert.
Die Durchlade in der im Verhältnis von 60:40 umklappbaren
Rücksitzbank ist etwas zu klein geraden. Dafür ist das Volumen um
25 Liter gegnüber dem des Vorgängers gestiegen. Das reicht zwar
nicht um den Wolfsburger zu übertrumpfen, aber für Punktegleichheit
in der Kategorie Kofferraum.
Im Slalom um die Hütchen sieht das mit dem sportlichen
Fahrverhalten aber überraschender weise anders aus. Der nicht so
agile Golf beweist hier sein Talent und ist mit 65,7 km/h sogar
minimal schneller als der 65,5 km/h schnelle Focus. Im Spurwechsel
liegt er aber deutlich hinter dem Kölner. Wenn es sein muss, kann
also auch der Golf flott durch Kurven dirigiert werden.
Der Golf benötigt 37,4 Meter, um aus 100 km/h zum Stehen zu
kommen. Mit noch kalten Bremsen! Und die weiteren Werte werden
nicht besser. Der deutlich neuere Focus kann das besser. Aus 100
km/h steht er beachtliche 3,3 Meter früher. Beschleunigt man vor
der Bremsung auf 130 km/h hoch, sind es sogar 4,3 Meter.
Unser Testwagen rollte in der teuren Highline-Ausfürung an, die
sich optisch zurückhält. Eine R-Line-Variante ist in Kombination
mit dem 1,5-Liter-Benziner nicht zu haben. Das auffällige
Kurkumagelb gibt es für 745 Euro. Die hier verbauten 17-Zöller
kosten noch einmal 165 Euro extra. Serienmäßig sind bei der
Highline-Variante aber ebenfalls Felgen dieses Formats verbaut.
Das Interieur des Golfs zeigt sich gewohnt massentauglich. Es
erfüllt mit seiner Zurückhaltung und Übersicht viele Wünsche. Zudem
passt die Materialqualität zum Preis, und die Bedienung ist schnell
erlernt.
Spielerei oder Must-have kann hier jeder selbst entscheiden,
denn die digitalen Anzeigen werden optional verbaut. Wer sich für
"Must-have" entschieden hat, sollte zusätzliche 510 Euro auf der
hohen Kante haben und ein Kreuz beim Optionspunkt "Active Info
Display" setzen. Allerdings gibt es das Display nur in Kombination
mit Navigationssystem oder großem Radio. Zusatzkosten: mindestens
440 Euro.
Alles, was der Ford-Fahrer mit seinem Sync 3 so kann, kann der
Golf-Fahrer auch und vielleicht noch ein bisschen mehr. Allerdings
muss er dafür 2.435 Euro beim Autohaus auf den Tisch legen und den
Optionspunkt "Navigationssystem Discover Pro" wählen. Zudem werden
noch mal 205 Euro fällig, um das Smartphone-Display via Apple
CarPlay bzw. Android Auto darzustellen.
Zu viert reisen? Auch im kürzeren Golf ist das kein Problem. Der
etwas höhere Golf bietet auch etwas mehr Kopffreiheit. Es ergibt
sich ein Patt zwischen den zwei Konkurrenten, was den Sitzkomfort
auf der Rücksitzbank angeht.
Der Laderaum des Golf sorgt mit viel Volumen, Durchlade und
verstellbarem Ladeboden. Dennoch kann der Golf hier nicht wirklich
Boden gut machen. Er bietet aber 39 Liter mehr Ladevolumen als der
Ford (bei aufrecht stehenden Lehnen).
Der 20 PS stärkere Motor vom Focus tritt kräftiger an, verhilft
dem Ford zu besseren Fahrleistungen bis zur Tempo-160-Region und
klingt zugleich angenehm kernig. Auch dass man die
Zylinderabschaltung im Teillastbereich nicht spürt, macht den Motor
noch besser - auch wenn der Verbrauch im Vergleich zum Golf im
Testmittel um 0,2 bis 0,4 Liter Super höher liegt. Das VW-Aggregat
wirkt trotz zusätzlichem Zylinder freud- und lustlos.
Am Ende hat es endlich geklappt. Der Ford besiegt den Bestseller
Golf. Warum? Starke Bremsen, feiner Antrieb und ebenbürtige
Platzverhältnisse. Der Motor des VW wirkt zu müde und die
Bremsleistung zu schwach. Dennoch ist der Golf ausgewogener und
hochwertiger.