Rasende Luftschlösser
Aston Martin DB 7 Volante, BMW Z8, Maserati Spyder und Mercedes SL 55 AMG: 481.616 Euro teurer Open-Air-Genuss mit insgesamt 1.686 PS. Wer ist der Star und wer sind die Sternchen am Cabrio-Himmel?
Der Star unter den Stars ist der neue SL. Schon seine Papierform lässt es befürchten. Für den zugegeben nicht unerheblichen Betrag von 124.236 Euro bekommt man 476 PS, dazu das Drehmoment eines Zwölftonners: 700 Nm. Im Preis enthalten sind das aktive ABC-Fahrwerk, Brake-by-wire per SBC-Bremse, eine Fünfgangautomatik mit Tastenschaltung am Lenkrad, das im Kofferraum versenkbare Coupé-Dach, Bi-Xenon-Scheinwerfer und auch sonst einfach alles, was der Fortschritt hergibt.
Der SL 55 ist also die Wundertüte unter den Supersportwagen. Eben noch ganz die S-Klasse, geschmeidig, leise, zivilisiert, verwandelt er sich, wenn es darauf ankommt, unversehens in ein Sportgerät. Er rennt straff und präzise des Weges, umrundet Kurven, als wäre er mindestens eine Nummer kleiner und leichter - ein Triumph der Regeltechnik. Abhängig von der Fahrweise schaltet der Automat mal sanft, mal aggressiv, verändert sich die Lenkcharakteristik, reagieren die Bremsen. Und die enormen Kräfte zerren nur so viel an den Hinterrädern, wie es ASR und ESP zulassen. Unauffällig, aber wachsam zwingt die Elektronik den SL auf den Pfad der Tugend. Zu allem Überfluss vermag er auch noch Fahrleistungen zu entfachen, die in dieser Qualität einzigartig sind. Wenn über das Gaspedal entsprechende Anweisungen erteilt werden, katapultiert es den Kompressor-SL aus dem Drehzahlkeller und den Fahrer brachial ins Leder. 4,4 Sekunden vergehen bis Tempo 100, 14,1 Sekunden bis Tempo 200.
Der BMW Z8 dagegen ist in vieler Hinsicht das glatte Gegenteil vom SL - nicht wuchtig-modern, sondern aufregend klassisch, ein Roadster, eng geschnitten, aber weit offen. Während beim SL Cabrio-Gefühle erfolgreich wegoptimiert wurden, herrscht im Z8 hinter der relativ kleinen, steilen Frontscheibe noch Sturm und Drang. Der Z8 verkörpert eben die Sportwagenfantasien der fünfziger und sechziger Jahre - mehr noch: Er übertrifft sie. So wie der Z8 beschleunigte seinerzeit höchstens die Roadster-Ikone Cobra; und dann nur in der gnadenlosen Big-Block-Ausführung. Sein spiritueller Nachfolger aber gibt sich gnädig: ABS, ESP, Airbags, elektrische Fensterheber, Sitzheizung, sogar Klimaanlage - ein Roadster mit Filter.
Der Gesundheit schadet hier höchstens die Rechnung. Das Spielzeug für Romantiker kostet fast so viel wie ein SL 55: 122.700 Euro. Das muss man nicht verstehen, aber man kann es, denn erstens ist alles im Preis enthalten (auch ein Hardtop). Und zweitens erkennt selbst der Laie auf den ersten Blick, dass er es mit einem Juwel zu tun hat. Werkstoffe vom Feinsten, lupenreine Verarbeitung, innen nur Glanzlack, geschmeidiges Nappaleder und eloxiertes Metall.
Seine Extraklasse untermauert der BMW beim Fahren. Die ganz aus Leichtmetall gefertigte Karosse ist steif wie Beton, der Fünfliter-V8 prasst mit überschüssiger Kraft, der Schalthebel des Sechsganggetriebes flutscht wie ein Gewehrbolzen. Präzision und Finesse auch beim Fahrwerk: Immer straff, aber selten hart; direkt, aber kein Leichtfuß, nimmt der Z8 den Fahrer mehr in die Pflicht als der SL. Und das ehrt ihn.
Der Maserati schließlich ist ein Vollblut-Italiener - Motor von Ferrari, Form von Giugiaro, Stimme von Pavarotti. Das schürt hohe Erwartungen. Die gute Nachricht: Der neue Spyder ist endlich wieder ein Maserati, der hält, was sein Name verspricht. Er ist der Quirlige mit dem Charme der Temperamentsbestie. Man muss ihn nur drehen lassen - aber das ergibt sich dank kurzer Übersetzungen von selbst. Dann nimmt er begierig Gas an, stürmt davon.
Den Testwagen zierte der Schriftzug Cambiocorsa, der den vergleichsweise bescheidenen Preis für das Maserati-Vergnügen um 5.000 auf 90.000 Euro erhöht. Dahinter verbirgt sich ein automatisiertes Sechsganggetriebe mit sequenzieller Schaltung über Paddel am Lenkrad. Allerdings rupft beim Losfahren schon mal die Kupplung, und beim Gangwechsel schlackert hörbar die Mechanik.
Auch sonst fehlt dem Simpatico noch etwas Feinschliff. Die Karosserie gönnt sich auf schlechten Straßen zu viel Eigenleben, die Lenkung könnte um die Mittellage präziser sein, und auf unebenen Belägen streunert der Maserati gern mal aus der Spur. Doch wer wollte es ihm übel nehmen? Mit seinem exotischen Flair, dem schönen, handwerklich verarbeiteten Interieur und dem grandiosen Motor trifft der Spyder geradewegs ins Enthusiastenherz. Vom Preisvorteil ganz zu schweigen.
Der Aston Martin tut sich da zweifellos schwerer. Sein Vorzug ist die Exklusivität. Dazu gehört, dass das Vergnügen, mit der eigenen Automarke weitgehend allein auf weiter Flur zu stehen, teuer erkauft wird. Mit 144.680 Euro in der Automatikversion schießt der DB7 Volante den Vogel ab, und auch die Unterhaltskosten liegen jenseits von Gut und Böse. Auf der Habenseite steht ein sechs Liter großer V12-Motor mit 420 PS, der das gewichtige Cabrio diskret, aber nachdrücklich vorantreibt. Ansonsten beweist der DB7, dass der Fortschritt keine Gnade kennt.
Von der zittrigen Karosserie und der rudimentären Sicherheitsausstattung über die zermürbende, weil viel zu hohe Sitzposition bis hin zum schwerfälligen Handling verlangt der betagte Nobelsportwagen Zugeständnisse, zu denen nur Markenfanatiker bereit sein dürften. Aber auch Ausstattung und Inneneinrichtung entsprechen nicht der hohen Preislage. Teures Leder beißt sich mit Billigschaltern aus dem Ford-Arsenal. Und Annehmlichkeiten wie die Audioanlage, ein Navigationssystem oder auch nur die beheizbare Frontscheibe werden cool mit Aufpreisen belegt. Sorry, da bleibt dem Aston der KO nach Punkten nicht erspart.