Renault Mégane RT 1.9 dTi im Test
Nach Mercedes, Opel, Rover und dem VW-Konzern bietet nun auch Renault einen sparsamen Dieselmotor mit Direkteinspritzung an. Der 98 PS starke Vierzylinder kommt zunächst im Mégane zum Einsatz.
Fast drei Jahre arbeiteten die verdeckten Entwickler am Projekt F9Qt, jetzt gehen die Franzosen zum offenen Angriff über. Die neue Wunderwaffe soll die anhaltende Invasion deutscher Konkurrenten abwehren, die unter dem Kürzel TDI zum Schrecken der Tankstellenpächter, Mineralölkonzerne und Hersteller konventioneller Dieselautos avancierten. Allerdings gibt auch ihr echter Name nicht alle Geheimnisse preis, denn Experten dechiffrieren dTi völlig unspektakulär als Diesel Turbo Injection. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich freilich, daß hinter den unterschiedlichen Buchstabenfolgen die gleiche Mixtur steckt, die deutsche Lesart aber schneller zum Ziel führt. Turbo Direkt Injection steht hier für zwei Elemente, die zur Erfolgsformel moderner Dieselmotoren geworden sind: Aufladung zur Leistungssteigerung, Direkteinspritzung zur Verbrauchsreduzierung.
Dabei gelangt der Treibstoff nicht erst in eine vorgelagerte Kammer, sondern sofort in den Verbrennungsraum. Als erster französischer Autohersteller hat nun Renault die Herausforderung angenommen, die der VW-Konzern 1991 mit dem kräftigen und zugleich sparsamen Audi 80 TDI startete und sukzessive auf sämtliche Marken und fast alle Baureihen des Hauses ausdehnte. Während bei VW aber längst eine ganze Palette von Vier-, Fünf- und Sechszylindermotoren erfolgreich nach diesem Prinzip arbeitet, kommt der französische Direkteinspritzer zunächst nur in einer 98 PS-Version, die in den Modellen Mégane und Mégane Classic den 90 PS starken Vorkammer-Diesel ablöst. Erst im Oktober folgt der Scénic, im Dezember der Coach. Obwohl Renault in dieser Leistungsklasse somit derzeit drei verschiedene Dieselkonzepte anbietet – im Laguna arbeitet ein weiterer Vorkammermotor mit 2,2 Liter Hubraum und Dreiventiltechnik –, dürfte allein der Direkteinspritzer überleben. Er basiert auf dem bisherigen 1,9 Liter-Vierzylinder, dessen Graugußblock jedoch durch zusätzliche Außenrippen verstärkt wurde, um die bauartbedingten Schwingungen zu begrenzen. Völlig neu ist hingegen der Zylinderkopf aus Aluminium, der sich mit zwei Ventilen pro Zylinder begnügt.
Sie werden von einer obenliegenden Nokkenwelle gesteuert, während eine Bosch-Hochdruckpumpe die Kraftstoffversorgung übernimmt. Ihre Elektronik regelt auch, daß immer eine minimale Dosis Diesel vorab eingespritzt wird, damit der Verbrennungsvorgang gleichmäßiger und kultivierter abläuft. Den prinzipiell sehr harten Motorengeräuschen begegnen die Renault-Techniker zudem mit einer akustisch dämpfenden Abgasrückführung, Isoliermaterial unter der Fronthaube und einer Teilkapselung des Triebwerks. Natürlich ist unschwer zu erkennen, daß hier ein Diesel unter hohem Druck zündet, aber auch Vorkammermotoren arbeiten kaum leiser. Bei Temperaturen über null Grad startet der dTi spontan und verfällt ohne Umschweife in einen gleichmäßigen, keineswegs aufdringlichen Leerlauf. Bereits kurz darüber nimmt er kontinuierlich Gas an, wobei der Durchzug eher an einen großvolumigen Saugmotor erinnert. Von einem Turboloch oder einer nennenswerten Anfahrschwäche ist jedenfalls in der Praxis nichts zu spüren. Das deutet auf viel Kraft aus dem Keller hin, und tatsächlich steht schon bei 1.500 U/min ein Drehmoment von 175 Nm zur Verfügung.
Im wichtigen Bereich zwischen 2.000 und 3.750 U/min ist dann konstant der Maximalwert von 200 Nm abrufbar, was eine recht schaltfaule Fahrweise zuläßt. Nominell bietet der schwächere Golf TDI zwar etwas mehr (202 Nm bei 1.900 U/min), aber mit seiner Elastizität liegt der Mégane ziemlich genau zwischen den beiden VW mit 90 und 110 PS. Bei der Leistung verhält es sich ähnlich, denn der 18,3:1 verdichtete Turbomotor entwickelt 98 Pferdestärken schon bei 4.000 U/min. Man fühlt sich damit annähernd so gut motorisiert wie im stärkeren TDI – ein Eindruck, den die Meßwerte bestätigen. Nur 11,2 (VW 10,5) Sekunden vergehen, bis aus dem Stand Tempo 100 erreicht ist, und 12,3 (VW 11,5) Sekunden später zeigt der Tacho 140 km/h an. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 183 km/h. Subjektiv kommt mehr Freude auf als im alten Diesel, erst recht als im 90 PS-Benziner. Leichtfüßigkeit und Entspannung prägen den Fahrstil, was sich auch auf der Autobahn nicht verliert. Geschwindigkeiten zwischen 150 und 160 km/h werden noch in Teillast und mit merklichen Reserven absolviert, und trotz des lang übersetzten 5. Ganges muß man an Steigungen selten zurückschalten, wenn genügend Schwung vorhanden ist. Am deutlichsten zeigt sich die Überlegenheit des dTi wie erwartet beim Verbrauch. 17 % oder 1,1 Liter pro 100 Kilometer Einsparung gegenüber dem bisherigen Turbodiesel verspricht Renault, im Testmittel begnügte er sich sogar mit 1,4 Liter weniger (6,3 Liter). Die zuletzt gemessenen Golf TDI, die 5,6 Liter (90 PS) und 5,4 Liter (110 PS) konsumierten, konnte er allerdings nicht unterbieten.
Dennoch sind diese Werte beachtlich. Das kann man von den schwachen Bremsen nicht behaupten. Schon beim ersten Versuch lag die Verzögerung nur bei 8,7 m/s², nach der zehnten Vollbremsung aus 100 km/h mit maximaler Zuladung (511 kg) waren es gerade noch 7,5 m/s². Das rückt die leuchtenden Fahrwerksqualitäten des Mégane in ein trüberes Licht, obwohl er neuerdings serienmäßig über ABS verfügt. Der hohe Federungskomfort, das großzügige Raumangebot sowie die gute Ausstattung verdienen hingegen uneingeschränktes Lob, zumal der Renault fast 1.500 Euro billiger ist als ein vergleichbarer VW Golf TDI. Mit einem Kampfpreis von 16.400 Euro dürfte die neue Geheimwaffe Mégane RT dTi jedenfalls nicht mehr lange ein Geheimtip bleiben.