Subaru Impreza WRX STi im Supertest
Nur wenige Straßensportler bekennen sich so offenherzig zu ihrer Berufung wie das Abbild des Rallye-Weltmeisterschafts-Auto von Petter Solberg. Dabei ist der 265 PS starke Impreza WRX STi alles andere als ein oberflächlicher Marketing-Gag.
Nicht, dass uns die Außenwirkung der Autos etwas bedeuten würde. Zustimmung nehmen wir als Fahrer natürlich immer dankbar zur Kenntnis. Offener Ablehnung aber setzen wir kühle Arroganz entgegen. Schließlich zeugt die kritisch hochgezogene Augenbraue des Nebenmannes von nichts anderem als blanker Unkenntnis. Die automobile Inszenierung mit dem etwas sperrigen Titel Impreza WRX STi ist nämlich keineswegs das provokante Produkt einer sinnfreien Marketingkampagne. Im Gegenteil: Sie folgt einer stringenten inneren Logik. Diese eröffnet sich nur dem Kenner der Rallye-Materie. Oder demjenigen, der sich mittlerweile vergegenwärtigt hat, dass der Norweger Petter Solberg 2003 Rallye-Weltmeister auf einem Subaru Impreza WRX STi wurde und auch in diesem Jahr in der hart umkämpften Konkurrenz wieder ganz vorn dabei ist. Sehr weit hat sich das bisher nämlich noch nicht herumgesprochen. Den meisten Betrachtern stehen demnach noch immer die Fragezeichen in den Augen geschrieben. Riesige Kühlluftöffnungen, gewissermaßen Insignien motorischer Macht, prägen nicht nur die zerklüftete Front. Selbst die Motorhaube wird, wie früher bei US-Boliden üblich, von einem opulenten Lüftungsschacht dominiert. Dahinter verbergen sich allerdings keine offenen Ansaugtrichter, sondern schlicht ein Ladeluftkühler. Den Kofferraumdeckel ziert ein Heckflügel, der fast so groß ist wie in der Formel 3.
Die Front des Impreza WRX STi zeigt sich zerklüftet
Diese eigentümliche Melange aus fast spießig anmutender Familienlimousine und flügelbewehrtem Rallye-Monster verliert ihre Extrovertiertheit höchstens im direkten Umfeld von Rallye-Events – oder neben dem Mitsubishi Carisma GT Evo VII, der in seiner achten Evolutionsstufe nunmehr Lancer heißt. Und mit dem er sozusagen in partnerschaftlichem Einvernehmen das technische Strickmuster teilt. Den beiden japanischen Kontrahenten ist augenscheinlich die Aufgabe zugewiesen, nicht nur als Homologationsmodell für die Profi-Liga Pate zu stehen, sondern auch als logischer Brückenkopf zwischen der Großserie und dem Wettbewerbsmodell zu fungieren. Der optische Auftritt des WM-Ablegers ist also keineswegs bloße Fassade. In nahezu allen Belangen ist die enge Beziehung des WRX STi zum Motorsport deutlich spürbar, was naheliegenderweise nicht nur segensreiche Eigenschaften mit sich bringt, sondern fast zwangsläufig im Alltag auch eine gehörige Kompromissbereitschaft erfordert. Schon wegen seines ungewöhnlichen technischen Grundlayouts ist der Subaru ein selten exklusives Unikat, das dem Mainstream mit erstaunlicher Beharrlichkeit entgegen tritt. Kein Reihenvierzylinder, wie in dieser Hubraumklasse üblich, sondern ein Zweiliter- Boxermotor mit Turboaufladung treibt den Impreza an. Dem auffällig kurzhubig ausgelegten Dohc-Triebwerk (Bohrung mal Hub: 92 mal 75 Millimeter) ist rücklings ein exakt ausgeführtes Sechsganggetriebe angeflanscht, das mit Doppel- und teilweise sogar solider Dreifach-Synchronisierung schnelle Schaltvorgänge ermöglicht.
Der horizontal symmetrisch aufgebaute Allradantrieb verteilt die Kraft des STi-Turbomotors variabel via Zentral- differenzial und integrierter Viscokupplung mit einer Basisverteilung von 50 :50 zwischen Vorder- und Hinterachse. Zudem weist der Impreza solide Sperrdifferenziale an beiden Achsen auf, die aufgrund des eingehenden Drehmoments und der vorliegenden Haftreibung an den Rädern bis zu 100 Prozent Sperrwirkung haben. An Traktion herrscht daher wahrlich kein Mangel – nicht bei trockener oder nasser Fahrbahn und gemäß seiner erwiesenen Offroad-Kapazitäten selbstverständlich auch nicht auf losem Untergrund. Angesichts der Art und Weise, mit der der zugunsten des Schwerpunkts sehr tief im Motorraum installierte Boxermotor auch bei geringen Reibwerten an den Antriebswellen zerrt, bleibt kein Auge trocken – allerdings nur, solange der charismatische Vierzylinder auf Drehzahlen gehalten wird. Die Arbeitsweise des mit einer Literleistung von immerhin knapp 133 PS antretenden Turbo-Triebwerks ist jedoch gewöhnungsbedürftig. Das hat zum einen mit der besonderen Leistungscharakteristik zu tun und zum anderen mit der für den europäischen Markt verlängerten Getriebeübersetzung. Der mit einer niedrigen Grundverdichtung von 8:1 operierende Motor ist tatsächlich einer der letzten Vertreter klassischer Turbotechnik mit nur einer Turbine – mit den bekannten Vor- und Nachteilen dieser Turbo- Monokultur inklusive. Im oberen Drehzahlbereich zeigt er sich sehr engagiert, im unteren eher lethargisch. Die Gedenkzeit, die der Druckaufbau des Turboladers erfordert, tritt auch als Anfahrschwäche in Erscheinung. Hier heißt es hopp oder topp, losschleichen oder förmlich von der Stelle springen. Dazwischen ist viel Gefühl in Gas- und Kupplungsfuß vonnöten, um nicht weiter auffällig zu werden.
Der Turbo des Impreza WRX STi braucht etwas Zeit
Der professionell durchgeführte Sprint, der in 5,9 Sekunden bis Tempo 100 und in 25,9 Sekunden bis 200 km/h seinen ultimativen Höhepunkt findet, gestaltet sich allerdings zwangsläufig etwas ruppig – entsprechend der Seelenverwandtschaft des WRX mit dem Titelträger der Rallye-WM. Das Drehmoment – immerhin 343 Newtonmeter – knallt beim Blitzstart durch die sehr abrupt greifende Kupplung förmlich in die Antriebswellen, was empfindsame Naturen die Zähne zusammenbeißen lässt. Auch bezüglich der Schaltung ist das Attribut geschmeidig eher fehl am Platz. Der Schaltstock erfordert bei schnellen Manövern eine kräftige Hand. Die Gangwechsel gehen dabei allerdings sehr exakt und ohne jede Kratzbürstigkeit über die Bühne. So robust diese für die Straße adaptierte Rallye-Ikone in ihrem Wesen ist, so wenig zart besaitet und klein kariert sollte auch ihr Lenker sein. Selbst das Klangbild des Boxers unterscheidet sich signifikant von allen bisher gehörten Triebwerken. Wer den Sound des seligen Alfasud noch im Ohr hat, wird Ähnlichkeiten entdecken. Auch er trat mit einem solchen Motorenlayout an. Im Leerlauf noch etwas holperig, beweist der Vierzylinder mit steigender Drehzahl zunehmend kultivierte Züge. Sogar eine ausgeprägte Drehfreude darf sich der japanische Boxer ans Revers heften. Erst bei 7500/min schreitet der Drehzahlbegrenzer ein. Nur im sechsten Gang hemmt die Boost Control bei 6200/min mit Rücksicht auf die Getriebetemperatur weitere Drehzahlsteigerungen. Die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit hat also keine politischen, sondern ganz sachliche Gründe. Die Spitze ist damit bei 244 km/h erreicht.
Die akustisch gänzlich ungewohnte Zündfolge des in seiner Mitte gegenläufig arbeitenden Motors sorgt zumindest in der Eingewöhnungsphase dafür, dass sich der Fahrer beständig in einem höheren Drehzahlbereich als dem tatsächlich anliegenden wähnt. Das verleitet in der Praxis des Alltags oft zu einem verfrühten Hochschalten, wodurch die Durchzugsschwäche des Impreza noch deutlicher ins Bewusstsein tritt. Das unkonventionelle Verhaltensmuster dieses Triebwerks und der oftmals daraus folgende, etwas aggressive Umgang mit ihm wirkt sich zwangsläufig auf den Spritverbrauch aus – in der Regel verstärkend. Der Durchschnittswert im Rahmen des Supertests beträgt immerhin knapp 16 Liter auf 100 Kilometer – das macht ihm in seiner Klasse so schnell keiner nach. Glücklicherweise ist der Flüssigkeitsbedarf darüber hinaus nur optional: Der Schalter links von der Lenksäule, den man aufgrund des Piktogramms als Knopf für die Scheinwerferwaschanlage halten könnte, aktiviert originellerweise eine aus einem Behälter im Kofferraum gespeiste Wasserdusche für den Ladeluftkühler. Der zusätzliche Kühleffekt auf die vom Turbolader komprimierte Luft dürfte in der Hitze eines Rallye-Gefechts durchaus Sinn machen. Ein Durchatmen des Motors in Form spürbaren Leistungszuwachses durch kühleres Verbrennungsgemisch ließ sich jedoch objektiv nicht verifizieren. Dem Motor zuweilen etwas Gutes tun zu können, dürfte der Beziehungskiste zwischen Mensch und Maschine aber auch so förderlich sein.
Eine Dusche für kühle Luft
Eine ausgeprägte mentale Beziehung zum Objekt kann im Fall des WRX STi tatsächlich nicht schaden. Die fantastische Traktion unter allen Witterungs- und Streckenbedingungen und das in jeder Beziehung narrensichere Fahrverhalten sind ein Pfund, das im Hinterkopf fest abgespeichert und bei passender Gelegenheit immer mal wieder auf seine Wirkungsweise überprüft werden muss, wenn die Verbindung auf Dauer nicht Schaden nehmen soll. Das Sportfahrwerk mit speziellen, die ungefederten Massen reduzierenden Upsidedown- Dämpfern der Marke Kayaba beweist in Kombination mit den für den WRX STi gerade freigegebenen Bridgestone Potenza RE 070 zwar vorzügliche Anlagen, wie die Erprobungen auf den beiden Rennstrecken und die Fahrdynamik- Tests bewiesen haben. Im Alltag aber geht einem mit fortschreitendem Nachlassen der körperlichen Kräfte das Ansprechverhalten der Federelemente deutlich auf die Nerven. So, als sei das Losbrechmoment viel zu groß bemessen, geht die Fahrt im Impreza selbst auf scheinbar ebenen Fahrbahnen mit einem niederfrequenten Wippen einher, das allenfalls erlebnishungrige Kinder zum Juchzen bringt. Im beladenen Zustand ist diese Unart weniger auffällig, auf stark unebenem Untergrund tritt sie naturgemäß gar nicht mehr auf. Ungeachtet dieses störrigen Ansprechverhaltens ist der Impreza in seiner Federung erstaunlicherweise keineswegs zu hart abgestimmt.
Auffälliges Rollen um die Längsachse weist auf grundsätzlich weiche Federn und nicht übermäßig wirkungsvolle Stabilisatoren hin. Eine über den ganzen Arbeitsweg härtere Federrate würde die Agilität des Impreza sicher noch weiter steigern. So geht nämlich auch die Umsetzung der Lenkbefehle unnötig verzögert vonstatten. Interessant zu wissen, dass die nächstjährige Version des WRX STi fahrwerksseitig stark modifiziert sein wird. Die Problematik ist also erkannt. Auch wenn die Freude am Fahren durch solche Einschränkungen unnötig getrübt wird: Der Fahrspaß im Impreza kommt keinesfalls zu kurz. Die stabile Art etwa, wie er unter Last aus den Kurven herausbeschleunigt, ohne dass die Hinterachse auch nur einen Zentimeter weit aus der Spur läuft, erzeugt pure Begeisterung. Weder Lastwechsel noch anders geartete Störeinflüsse werfen den Subaru aus der Bahn. Das Gefühl der sicheren Geborgenheit, das sich bis in höchste Grenzbereiche hinein einstellt, ist fraglos eine Folge kundiger Detailarbeit. Das fängt bei den hervorragend geschnittenen Sportsitzen mit bester Ergonomie im Umfeld an und endet bei der erwähnten Sicherheit im Fahrverhalten. Dem Subaru ist dabei grundsätzlich eine leichte Tendenz zum Untersteuern anerzogen, die sich aber – wie erwähnt – unter Zug unmittelbar in ein neutrales Verhalten wandeln lässt.
Leichte Untersteuerneigung des Impreza WRX STi
An dieser Grundabstimmung ändern auch die neuen Sportreifen vom Typ Potenza RE 070 nichts, mit denen der Allradler eine deutlich bessere Fahrdynamik an den Tag legt als mit der Basis-Paarung Potenza RE 040. Auf der Nordschleife gehen allein acht Sekunden aufs Konto der Sportreifen, womit unterm Strich eine glänzende Zeit von 8.24 Minuten notiert werden kann. Mit den Potenza RE 040 lieferte der Subaru zuvor eine Zeit von 8.32 Minuten ab. Der bestechende Einfluss Grip fördernder Reifen bleibt natürlich auch in Hockenheim nicht unbemerkt: Mit einer Rundenzeit von 1.17,9 Minuten setzt sich der reifentechnisch aufgewertete Subaru vor die Referenz aus dem Hause Mitsubishi, dem bis dato uneingeschränkten Souverän des Genres. Da die optionale Errungenschaft auf den güldenen Aluminiumfelgen wider Erwarten auch bei Nässe funktioniert, darf ihnen zumindest für den WRX STi eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden. Sogar hinsichtlich der Bremse lässt sich in diesem Kontext Positives vermelden. Fading-freie Verzögerungsleistungen von über 11 m/s2 sprechen sowohl für die Qualität der Reifen – denen, anders als normalen Reifen, Wärme durchaus zuträglich ist –, als auch für die Bremsanlage, die zum Teil aus hochkarätigen italienischen Brembo-Komponenten besteht. Daran und an der konsequenten Entwicklungstätigkeit am Objekt sieht man: Dogmen sind mittlerweile auch japanischen Konstrukteuren weitestgehend fremd.