VW Scirocco 2.0 TSI gegen Volvo C30 T5
Bislang war das Angebot pfiffig-bezahlbarer Fließheck-Coupés begrenzt. Einzig Volvo hatte mit dem unlängst überarbeiteten C30 T5 ein auch optisch heißes Eisen im Feuer. Nun legt VW mit der bis zu 200 PS starken Neuauflage des Scirocco nach.
Deutschland gegen Schweden – im Fußball wäre der Ausgang eines solchen Matches vermutlich ziemlich klar gewesen. Ob dies auch für den sportlichen Automobilsektor gilt, soll der Vergleich zwischen dem Kultsportler aus Wolfsburg, dem 1992 eingestellten und nun neu aufgelegten Scirocco, und dem entfernt an den ehemaligen „ Schneewittchensarg“ erinnernden Volvo C30 zeigen.
Volvo C30 T5 mit 230 PS
Beide Autos sind frontgetrieben, warten mit vier Sitzen, zwei Türen und einer mäßig großen Heckklappe auf und sind zum sport auto-Test mit ihrer jeweiligen Topmotorisierung angetreten. Während VW es trotz der ausgesprochen schnittigen Silhouette des Newcomers beim Scirocco vorerst bei 200 Pferdestärken und zwei auf vier Zylinder verteilten Litern Hubraum bewenden lässt und für diesen nach eigenem Bekunden auch künftig keine Fünf- oder Sechszylindermotorisierungen plant, gibt Volvo seinem unlängst moderat erstarkten Flaggschiff namens C30 T5 230 PS und – entsprechend der fünf zu Gebote stehenden Brennräume – 2,5 Liter Hubraum mit auf den eiligen Weg. Lediglich bezüglich der Notwendigkeit einer Zwangsbeatmung ist man sich hier wie da einig. Für jene zeichnet in beiden Fällen ein Abgasturbolader verantwortlich. Für ausreichend Lendenkraft wäre also gesorgt. Dies gilt umso mehr, als beide Coupés ein gutes Stück unter der inzwischen auch in der Kompaktklasse längst nicht mehr seltenen 1,5-Tonnen-Marke bleiben.
Insbesondere der Scirocco geht mit 1.370 Kilogramm im vollen Testwagenornat in der aktuellen Autolandschaft schon fast als Leichtgewicht durch. Und das ist zu spüren. Bereits bei der alltäglichen Fortbewegung hinterlässt der Wolfsburger Zweitürer einen ausgesprochen agilen und sehr handlichen Eindruck, der sich durch Anwahl des Sportmodus der im Testwagen an Bord befindlichen, aufpreispflichtigen adaptiven Fahrwerksregelung DCC noch verstärken lässt. Die Dämpferkennlinien fallen dann straffer aus, die Abstimmung der ohnehin sehr präzise agierenden elektromechanischen Servolenkung noch direkter aus. Die hervorragend konturierten, straff gepolsterten Sportsitze und das sportlich-junge Erscheinungsbild des entschlossen dreinblickenden Norddeutsche. unterstreichen den dynamischen Anspruch.
Der Scirocco Testwagen für 37.726 Euro
Einzig die fast vollständige Abwesenheit jedweder Begleitgeräusche verblüfft: Sollte ein auch und gerade auf die jüngere Klientel abzielendes Coupé nicht wenigstens ansatzweise Stimmgewalt besitzen? Nein, meinten die Erbauer. Zu groß sei in diesem Fall die Gefahr eines ungewollten „Manta-Images“. Nun denn. Dabei hätte das Soundspektakel, das der lange bei sport auto beheimatete Dauertest-Golf GTI mit DSG bei Gangwechseln abzufackeln imstande war, dem Scirocco zweifelsohne perfekt zu Gesicht gestanden. So aber muss sich der Wolfsburger Zweitürer dem mit manuellem Sechsganggetriebe angetretenen schwedischen Konkurrenten in der Klangwertung geschlagen geben.
Der Fünfzylinder-Turbo des T5 besitzt mehr Überzeugungskraft. Davon abgesehen vermittelt der mit 1.450 Kilogramm ein gutes Stück gewichtiger ausgefallene Skandinavier einen insgesamt gediegeneren Eindruck als der jugendlich-frische Scirocco. Die Lenkung ist eine Spur indirekter geraten, die Sitze sind weicher und weniger stark ausgeformt. Die Oberschenkelauflage hätte länger sein dürfen. Der mit Alu und Leder bestückte Schalthebel liegt zwar ebenso gut zur Hand wie das hochwertige Multifunktionslenkrad, insgesamt integriert der C30 seinen Fahrer jedoch etwas weniger gut als der Scirocco. Besonders langbeinige Zeitgenossen würden sich einen etwas großzügigeren horizontalen Verstellweg der Lenksäule wünschen.
Von diesen Kleinigkeiten abgesehen, ist im Volvo jedoch ebenso viel Wohlgefühl angesagt wie im VW. Insbesondere die Verarbeitungsqualität geht hier wie da als überdurchschnittlich durch – zumindest, wenn Scirocco. und C30-Käufer willens sind, so tief in die Tasche zu greifen, wie die Werke es bei der Konfiguration der Testwagen getan haben. Allerdings werden dann statt der in den Preislisten genannten Grundpreise von 27.400 (Scirocco 2.0 TSI mit DSG) und 29.250 Euro (Volvo C30 T5 Kinetic) auch gut 10.000, respektive über 15.000 Euro Aufpreis fällig. Der Scirocco notiert im vollen Testwagengewand mit 37.726 Euro, der Volvo in der genannten üppigen Ausstattungsvariante nebst zahlreicher weiterer aufpreispflichtiger Extras gar mit 44.707 Euro. Dafür langt der Schwede – sportliche Fahrweise vorausgesetzt – beim Sprit etwas weniger zu als der Norddeutsche.
Der C30 T5 ist 1.7 Sekunden schneller
Im Mittel aller gefahrenen Testkilometer, von denen etliche auf die Nürburgring-Nordschleife entfielen, dürstete es den Scirocco 2.0 TSI nach 12,1, den C30 T5 nach 11,1 Liter Super auf 100 Kilometer. Das hört sich zwar üppig an, geht angesichts der überwiegend flotten und zudem zur Hälfte im reinen Testbetrieb, sprich beim Standardmessprogramm in Hockenheim und – mangels Verfügbarkeit des kleinen Kurses aufgrund einer Großveranstaltung – im Rahmen der Rundenzeitennahme auf der Nürburging- Nordschleife, angefallenen Kilometern jedoch in Ordnung. Schließlich haben wir es bei beiden Autos nicht etwa mit weich gespülten Möchtegernsportlern, sondern gut konditionierten Längsund Querdynamikern zu tun.
Einzig der Volvo leistet sich einen kleinen Fauxpas: Bei zehn aufeinander folgenden Vollbremsungen aus 100 km/h sanken die Verzögerungswerte von anfangs guten 10,7 m/s² auf schlussendlich 9,8 m/s². Im Alltag und auf der Rennstrecke (zwei Nordschleifen-Runden am Stück) gab sich die Anlage jedoch keine Blöße. Überhaupt lief der C30 T5 ausgerechnet in der Königsdisziplin einer jeden sport auto-Prüfung, der Rundenzeitenhatz, zur Höchstform auf. Dem von Werkstuner Heico gegen Aufpreis beigesteuerten Sperrdifferenzial sei Dank, geht der Volvo beeindruckend sicher und ausgesprochen flott ums Eck.
Unter Last gibt er sich gänzlich linientreu. Nur wer ohne Gas in die Kurve hineinrollt, wird mit einem leichten Schieben über die Vorderräder bestraft. Frühes Aufs-Gas-Gehen ist aufgrund der sehr guten Traktion kein Problem. Unterm Strich bescheren diese Tugenden dem im Slalom noch sehr verhalten agierenden Schweden auf dem 20,6 Kilometer langen Eifelkurs den Sieg: Mit 8.44,7 Minuten war der C30 T5 exakt 1,7 Sekunden schneller als der Scirocco 2.0 TSI (8.46,4 Minuten). Das Wolfsburger Coupé agiert dabei nicht minder sicher und vertrauenserweckend als das schwedische. Nachhaltiges Untersteuern ist hier ebenso wenig ein Thema wie Antriebseinflüsse in der Lenkung oder Traktionsverluste. 200 PS lassen sich auf trockener Strecke auch ohne Sperre verlustfrei zu Boden bringen. Bei Nässe scharrte der Dunlop-bereifte Norddeutsche dagegen schon mal mit den Vorderrädern.
Das Zusammenspiel von Motor und Getriebe gelingt perfekt. Dass der Scirocco 2.0 TSI trotz des Rückstandes auf der Uhr insgesamt agiler anmutet, ist vor allem der nicht nur im Sportmodus deutlich direkteren Lenkung und der insgesamt geringeren Rollneigung der Karosserie zuzuschreiben. Insgesamt ist jedoch beiden Autos für ihre Rennstrecken-Performance höchsten Respekt zu zollen. Schließlich nahm sich der in dieser Wagenklasse gemeinhin als Maßstab geltende VW Golf GTI im Supertest anno 2005 für die gleiche Übung noch 8.53 Minuten Zeit. So sieht Fortschritt aus.