VW Golf 1.8T GTI, Alfa Romeo 145 Quadrifoglio, BMW 318 ti Compact
Der Golf GTI ist erwachsen geworden: größer, höherwertig, luxuriöser, aber kaum teurer. Was er sonst noch zu bieten hat, klärt ein Vergleich mit der sportlich renommierten Konkurrenz: Der GTI mit dem 150 PS starken Turbomotor gegen den Alfa Romeo 145 Quadrifoglio und den BMW 318 ti.
Kein neuer Golf ohne GTI. Schließlich hat der Bestseller mit der magischen Buchstabenkombination einst die Autowelt verändert. Als VW 1975 den ersten GTI herausbrachte, setzte der die Maßstäbe für eine neue Generation frontgetriebener Sportlimousinen. Der GTI war leicht, stark und unscheinbar. Er verknüpfte die Vorteile eines Volkswagens mit den Talenten eines Sportwagens. Und kein anderer bot so viel Fahrleistung fürs Geld. Über den Erfolg des GTI wunderte sich damals nur einer: der Urheber. Ein paar tausend Stück hoffte VW verkaufen zu können – ein Irrtum, wie sich herausstellte. Die Marktexperten hatten die Chancen des GTI um den Faktor 100 unterschätzt. Nostalgie schwingt aber auch bei der vorliegenden Auslese der GTI-Rivalen mit. Im Alfa 145 Quadrifoglio lebt unverkennbar der Geist des Alfasud, jenes Zeitgenossen des Ur-Golf, der germanische Kraftmeierei mit italienischem Esprit kontrastierte, bevor er sich vorzeitig in Rost auflöste.
Und am BMW 318 ti erinnert mehr als nur die zwei Buchstaben an den epochemachenden 2002 ti, der vor 30 Jahren das BMW-Image zementierte. Im übrigen veranschaulicht die veritable Ahnengalerie vor allem eines: Die kompakte Sportlimousine hat ihre Unschuld verloren. Sportlichkeit ohne Rücksicht auf Verluste ist passé. Die Nachfahren servieren den Fahrgenuß auf dem silbernen Tablett. Da ist der Golf GTI ein Paradebeispiel. Der Brutalo unter den Kompakten verwandelte sich in eine Limousine von derart gesittetem Wesen, daß man die sportliche Komponente nur noch beiläufig zur Kenntnis nimmt. Das gilt bereits für den Auftritt: keine Spoiler, keine Streifen, kein Mattschwarz, nur ein dezenter Schriftzug am Heck und zünftige 16 Zoll-Aluräder.
Innen beschränkt sich die sportive Note auf voluminöse Recarositze für Fahrer und Beifahrer, die eindrucksvoll aussehen, aber mit ihrer schwer zugänglichen Lehnenverstellung und der erhöhten Sitzposition auch ihre Nachteile haben. Ansonsten glänzt die übliche Sportkosmetik durch wohltuende Abwesenheit. Im GTI geht es zu wie in einem normalen Golf – sachlich, praktisch, gut. Und außerdem erfreulich geräumig: Der neue GTI bietet ein deutlich besseres Raumgefühl als sein Vorgänger und übertrifft in diesem Punkt auch seine beiden Konkurrenten. Der Alfa wirkt speziell vorn eine Spur enger, während es dem BMW im Compact-Format im Fond an Platz mangelt. 318 ti- Käufer müssen sich außerdem mit zwei Türen begnügen. VW (Aufpreis 1410 Mark) und Alfa (als 146 ti, Aufpreis 400 Mark) sind auch viertürig zu haben. Noch eindrucksvoller dokumentiert der GTI seine Karriere vom rasenden Kompaktwagen zur rechtschaffenen Limousine im Qualitätseindruck.
Finish, Materialqualität und Detailgestaltung des VW wirken dermaßen hochwertig, daß man ihn glatt mit einem Nobelfabrikat verwechseln könnte. Gleichwohl sei hinzugefügt, daß sich der Testwagen ein paar Patzer leistete, die VW-Boß und Spaltmaß-Perfektion ist Ferdinand Piëch („Fugen-Ferdl“) erzürnen müssen: Zu beanstanden waren die schlecht sitzende Heckschürze, das mangelhaft eingepaßte Schiebedach mitsamt entsprechender Windgeräusche und knarzende Sitze. Weil der getestete BMW von solchen Mängeln verschont war und auch sonst einen grundsoliden Eindruck machte, sichert er sich in der Qualitätsbewertung noch einen kleinen Vorsprung, während dem Alfa trotz unbestreitbarer Fortschritte das Schlußlicht nicht erspart bleibt: Unüberhörbare Karosserie-Geräusche und etliche billig wirkende Details trüben hier noch immer den Gesamteindruck. Gewiß, bei einer Sportlimousine gibt es Wichtigeres, zum Beispiel das, was sich unter der Motorhaube abspielt.
Und genau da zeigt sich der 145, wie es sich für einen Alfa gehört, von seiner Schokoladenseite. Sein schmukker Vierzylindermotor, unter anderem mit zwei Zündkerzen und vier Ventilen pro Zylinder sowie zwei Ausgleichswellen, kommt auf 155 PS bei zwei Liter Hubraum. Wie er das schafft, das zeugt von reinster italienischer Rasse. Spontaner Antritt und turbinenhaftes Drehvermögen (bis maximal 7400/min) paaren sich mit einer anregenden Geräuschkulisse, die gänzlich ohne vierzylindertypisches Dröhnen auskommt. Da ist der Alfa seinen beiden Rivalen klar überlegen, was man vom Verbrauch allerdings nicht behaupten kann. Mit 11,2 L/100 km genehmigte er sich im direkten Vergleich einiges mehr als der BMW (9,8 L/100 km) und der VW (10,7 L/100 km).
Für den BMW spricht neben den attraktiven Verbrauchswerten vor allem die Schaltung, deren Präzision und Leichtgängigkeit ein eigenes Vergnügen darstellt. Ansonsten halten sich seine antriebsspezifischen Reize in Grenzen. Sein Vierventil- Vierzylindermotor wirkt unten herum etwas kraftlos, während er hohe Drehzahlen, denen die kurzen Übersetzungen in den Gängen Vorschub leisten, mit angestrengtem Dröhnen quittiert. Gleichwohl geht es bei Bedarf munter voran. Die Fahrleistungen entsprechen jenen des Alfa, nur in der Elastizität fällt der BMW zurück. Gegen die bei Alfa und BMW vorherrschende Drehzahloffensive setzt VW die Schubkraft der Turboaufladung. Nur als GTI gibt es den Golf mit dem aufgeladenen 1,8 Liter-Fünfventil- Vierzylindermotor. Sein Vorteil ist sein Drehmoment.
Schon bei 1750/min lassen sich 210 Nm abpumpen, was dem Golf jene Gelassenheit beschert, die sonst nur weitaus hubraumstärkeren Autos zu eigen ist, zumal das gefürchtete Turboloch fast vollständig nivelliert wurde. Zum Ausbeschleunigen der anwesenden Konkurrenten reicht es immer. Und weil hohe Drehzahlen dabei selten von Nöten sind, stört es kaum, daß dort die Laufkultur von einem leichten Wummern beeinträchtigt wird. Angenehm auch, daß sich die geballte Kraft dank serienmäßiger Differentialsperre (EDS) verlustarm umsetzen läßt. Für einen turbobefeuerten Fronttriebler ist die Traktion jedenfalls erstaunlich gut. Die fahrdynamische Souveränität unterstreichen die Fahrwerksqualitäten des neuen GTI. Er lenkt präzise und ohne lästige Antriebseinflüsse.
Selbst bei hohen Kurvengeschwindigkeiten begnügt er sich mit mildem Untersteuern, das sich durch Gaswegnehmen bedarfsgerecht neutralisieren läßt. Auch am Geradeauslauf gibt es nichts auszusetzen. Und daß dies bei aller Straffheit mit einem überraschend angenehmen Federungskomfort einhergeht, setzt dem Golf-Fahrwerk die Krone auf. Gegen so viel Ausgewogenheit tut sich der Alfa 145 schwer. Zwar mangelt es ihm nicht an Fahrsicherheit, aber es fehlt ihm an Feinabstimmung. Seine Lenkung wirkt zu unpräzise, die Neigung zum Untersteuern in engen Radien etwas zu heftig, die Karosseriebewegungen in Wechselkurven ein wenig zu ausgeprägt und die Federung eindeutig zu ruppig. Die weichen Sitzflächen, die den sportlichen Fahrer zum Spielball der Zentrifugalkäfte machen, verschärfen die Lage noch, und auch die Verzögerungsschwäche der Bremsen kann nicht ungerügt bleiben. Wie eine gute Bremse bremsen muß, das führt einmal mehr BMW vor, wobei der Golf dem 318 ti nicht nachsteht. Im übrigen beweist der kurze Dreier, daß frontgetriebene Perfektion eine Sache, heckgetriebenes Fahrvergnügen aber eine andere ist.
In puncto Fahrstabilität mag der 318 ti dem GTI um Nuancen unterlegen sein, obgleich die nun serienmäßige Antriebsschlupfregelung (ASC+T) unvermittelte Heckschwenks zuverlässig verhindert. Geht es aber um Agilität, um die Freude am Kurswechsel, dann bietet der leichtfüssige BMW noch immer das größere Vergnügen. Auf jeden Fall das exclusivere: Mit seiner zielgenauen, von Antriebskräften freien Lenkung und dem neutralen, bisweilen übersteuernden Kurvenverhalten unterscheidet er sich nun mal grundsätzlich von den marktbeherrschenden Fronttrieblern. Und daß er sich auch im Komfort keine Blöße gibt, das macht ihn besonders sympathisch. Trotz allem: Den Golf GTI vermag er nicht niederzuringen. Denn spätestens wenn es um Mark und Pfennig geht, hagelt es in der VW-Spalte Pluspunkte. 20.100 EUR kostet der GTI, und wer sich an die Magerausstattung früherer VW-Offerten erinnert, dem müssen die Freudentränen kommen. Elektrische Fensterheber und Schiebedach sind ebenso im Preis enthalten wie Seitenairbags, Leichtmetallräder, Zentralverriegelung mit Fernbedienung, ein Luxusradio und auch sonst fast alles, was einem so einfällt. Nur die Klimaanlage wird extra berechnet. Addiert man zum Ausstattungsvorteil noch die niedrigen Wartungskosten und Versicherungstarife des Golf, dann wird nicht nur der BMW (20.900 EUR), sondern auch der im Einkauf günstige Alfa (18.100 EUR) zu einem relativ kostspieligen Vergnügen. Aber das war bei Alfa und BMW schon immer so.