Teilintegrierter oder Kastenwagen?

Im Programm von Sunlight konkurrieren zwei Modelle mit gleicher Länge und identischem Preis. Soll es ein kompakter Teilintegrierter sein oder ein Campingbus? Vergleich zwischen V 60 und Cliff 600.
- Sunlight Cliff im Test
- Wertung Sunlight Cliff
- Sunlight V 60 im Test
- Wertung Sunlight V 60
- Fazit
Die Wahl zwischen einem ausgebauten Kastenwagen und einem aufgebauten Reisemobil entscheidet oft das Bauchgefühl. Campingbusse genießen den Ruf, besonders handlich zu sein; Teilintegrierte, so sagt man, verwöhnen mit mehr Platz und Wohnkomfort. Doch ist das wirklich immer so? Ein Blick ins Angebot von Sunlight beweist, wie ähnlich beide Fahrzeuggattungen sein können.
Aufgebaut oder ausgebaut: T-Modell gegen Kastenwagen./strong>
Der im Frühjahr präsentierte Sunlight V 60 zeigt erstaunliche Parallelen zum Cliff 600. Auch er beschränkt sich auf sechs Meter Länge; auch er hat einen Querbett-Grundriss und dazu einen ebenso günstigen Grundpreis. Da könnten auch überzeugte Campingbus.Liebhaber ins Grübeln kommen.
Die Modellbezeichnung des V 60 schafft ohnehin eine große Nähe zum Kastenwagen. Sunlight spricht von einem Van, obwohl der Begriff im Englischen eigentlich für Transporter mit Blechkarosse steht. Bei manchen Reisemobilherstellern hat er sich aber eingebürgert, um besonders schlanke Modelle von herkömmlichen Teilintegrierte. abzugrenzen: Der V 60 beschränkt sich auf eine Aufbaubreite von 2,14 Meter, während das Standard-Sunlight-T-Modell – das es auch mit sechs Meter Länge gibt – immerhin 2,32 Meter breit ist.
Aus technischer Sicht entspricht der Van dagegen den übrigen Teilintegrierte. von Sunlight. Sein Aufbau besteht aus Sandwichplatten mit Styropor-Isolierung und Holzverstärkungen. So baut man schon seit Jahrzehnten Wohnwagen und bis heute viele Reisemobile der günstigeren Preisklasse. Als Basis dient beim Testwagen ein Citroën-Jumper-Fahrgestell, das in wesentlichen Punkten baugleich mit dem gängigen Fiat Ducato ist.
Die Stahlblechkarosserie des Fiat hebt den Cliff schon optisch stark vom typischen Reisemobil ab und fällt nochmals schmaler aus. Was die tatsächliche Durchfahrtsbreite betrifft, gibt es in diesem Vergleich jedoch keine Unterschiede. Van und Cliff haben die gleichen Außenspiegel, die eine Gesamtbreite von knapp 2,70 Meter mit sich bringen – so oder so kein Fall für die Überholspur in Autobahnbaustellen.
Die Sechs-Meter-Grenze, an die sich beide Testwagen halten, ist übrigens in keiner Straßerverkehrsvorschrift festgeschrieben. Ganz anders als in den Köpfen vieler Reisemobilkäufer: Modelle unter sechs Meter gelten als besonders kompakt, denn zur Not passt ein solches Fahrzeug noch auf manchen Pkw-Parkplatz. Wer es genau nimmt, wird aber feststellen, dass man auch damit die üblichen Parkmarkierungen überschreitet. Eine gewisse Rolle kommt dem Maß bei manchen Fährpassagen zu. Hier und da werden Aufpreise ab sechs Meter Länge verlangt.
Geht es allein um maximale Handlichkeit, darf man einen anderen Wert nicht vergessen: den Radstand, der den Wendekreis bestimmt. Hier ist – für manche überraschend – der Van im Vorteil. Sein Achsabstand ist kürzer, was den Radius beim Wenden im Vergleich um rund eineinhalb Meter reduziert. So rangiert man den V 60 oft in einem Zug, wo der Cliff-Fahrer zurücksetzen muss. Trotz ähnlicher Daten fühlen sich Van und Cliff also ganz anders an, wie die Testeindrücke zeigen.
Sunlight Cliff 600 im Test
Die große Schiebetür bestimmt das Lebensgefühl im Campingbus. Da macht der Sunlight Cliff 600 keine Ausnahme. Einerseits bringt sie eine Offenheit, die manchmal das Aufstellen von Campingmöbeln erübrigt, andererseits will sie mit etwas Körpereinsatz und dennoch sehr gefühlvoll bedient werden, um Lärm zu vermeiden. Ein vernünftig handhabbarer Griff an der Innenseite könnte dabei helfen. Hat man die Tür hinter sich geschlossen, wird es kuschelig. Gegenüber den Innenmaßen des Sunlight V 60 fehlen überall ein paar Zentimeter, auch bei der Stehhöhe, die knapp 1,90 Meter beträgt und im Fahrerhaus nicht mehr vorhanden ist.
Großgewachsenen fällt es auch nicht leicht, sich mit dem Bett zu arrangieren. Besser bestellt man keines der optionalen hinteren Seitenfenster, denn deren Rollos schränken die ohnehin nicht verschwenderische Liegelänge weiter ein. Glücklicherweise ist das Bett im Cliff recht breit, so dass man auch leicht diagonal liegen kann. Obwohl es nur im Mittelteil einen Lattenrost gibt, geht der Komfort in Ordnung. Den Weg ins Bett findet man leicht: Der Einstieg liegt nicht besonders hoch und hat außerdem eine kleine Trittstufe. Hinzu kommt die offene Gestaltung, denn anders als bei vielen ähnlichen Grundrissen schottet am Kopfende kein hoher Kleider- oder Kühlschrank den Schlafbereich ab.
Vielmehr befindet sich der Kühlschrank direkt am Einstieg, wo man sich auch von außen schnell mit kühlen Getränken versorgen kann. Die breite Küchenarbeitsfläche profitiert ebenfalls vom Fehlen hoch aufragender Möbel. Eine Erwähnung verdient außerdem die elektrische Zündung am Kocher. Der fällt ebenso wie die Spüle bauarttypisch klein aus. Eng wird es auch, wenn man seine Vorräte in gebückter Haltung aus den Tiefen der Unterschränke angeln muss.
Schließlich steht gegenüber das Bad, das aus guten Gründen Raum beansprucht. Sunlight nutzt ihn für eine bequeme Sitzposition auf dem WC, viele Fächer und einen breiten Waschtisch mit stabilem Becken. Alle wichtigen Verrichtungen klappen also prima, nur das Duschen auf der knappen Fläche mit einem rundumlaufenden Vorhang legt die Benutzung von Sanitärhäusern nahe.
Insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass im Cliff mit Blick auf den Preis vieles einfach gehalten ist, doch nichts wirkt simpel oder gar lieblos. Viele Details sind durchdacht: Zu nennen sind da die Spots, die am Bett und an der Sitzgruppe beliebig in eine Schiene geklickt werden können. Ebenso das praktische Bodenfach im Podest vor der Sitzbank.
Durchdacht erscheint auch der Kleiderschrank, der im Vergleich zu Teilintegrierte. zwar winzig ausfällt, aber im Gegensatz zu anderen Campingbussen überhaupt die Möglichkeit bietet, ein Hemd aufzuhängen. Für größere Transporte öffnet man die Hecktüren, räumt schnell Matratzen und Bettmittelteil zur Seite und kann dachhoch einladen – da spielt der Campingbus seine Stärken aus.
Das Fahren gehört den weiteren Pluspunkten. Abgesehen vom großen Wendekreis gewöhnen sich auch Anfänger schnell an den Cliff. Mit dem 130-PS-Motor des Testwagens ist man völlig ausreichend motorisiert und kommt auch auf der Autobahn flott vorwärts. Campingbusse müssen naturgemäß eine kleinere Stirnfläche durch den Wind schieben als Teilintegrierte. Im Vergleich erscheinen zudem die Fahr- und Wohnraumgeräusche im Cliff niedriger. Auf der Skala zwischen Auto und Reisemobil tendiert der Campingbus eben doch ein wenig mehr in Richtung Pkw als das V-Modell.
Technische Daten: Sunlight Cliff 600
Gurt-/Schlafplätze: 4/2–3 Zul. Gesamtgewicht: 3300 kg Länge: 5,99 m Grundpreis: ab 35.999 Euro
Wertung Sunlight Cliff 600
Der Vielseitige: In diesem Vergleich erweist sich der Cliff als Alltagsheld. Wenn es etwa darum geht, einen kleinen Umzug zu stemmen, ist der Campingbus die erste Wahl. Sobald man die Bettelemente beiseiteräumt, steht ein echter Laderaum zur Verfügung. Auf Reisen gefällt die Unauffälligkeit. Praktisch ohne Dekoraufkleber, gibt sich der Cliff nicht auf den ersten Blick als Urlaubsfahrzeug zu erkennen. Man könnte hier auch andere Lackierungen bekommen als das typische Reisemobil-Weiß. Bei den Wohnqualitäten leistet sich der Cliff keine Ausrutscher. Zwei Personen kommen hier prima zurecht.
(+) sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis(+) gute Beladbarkeit durch große Türen und flexibel erweiterbaren Laderaum(+) robuste Karosserie(+) breite und gut zugängliche Liegefläche(+) sehr guter Geradeauslauf(-) niedriger Durchgang zwischen Fahrerhaus und Wohnraum(-) eingeschränkte Duschmöglichkeit(-) schmale Bank (-) umständliche Bugverdunkelung(-) lautes Schließgeräusch der Schiebetür(-) großer Wendekreis
Sunlight V 60 im Test
Ein klassischer Quader nutzt eine vorhandene Fläche nun einmal besser aus als jede abgerundete Form. Das spürt man auch im Sunlight Van sofort. Wenn man den Cliff 600 verlässt und in den V 60 einsteigt, fühlt man sich sofort wie in einer kleinen Wohnung, so leicht bewegt man sich zwischen den Funktionsbereichen. Doch gerade weil die Raumverhältnisse Behaglichkeit vermitteln, wirkt die Einrichtung an vielen Stellen doch sehr schlicht.
Man darf deshalb den wirklich günstigen Preis nicht aus dem Auge verlieren. Definitiv an der falschen Stelle sparte Sunlight aber, als die Planer auf ein Podest für die Sitzbank verzichteten. So hockt man auf den hinteren Plätzen eine halbe Etage tiefer und stört sich an der Bodenstufe zwischen Bank und Fahrerhaussitzen.
Geteilter Meinung kann man über den Kleiderschrank hinter dem Beifahrersitz sein. Er steht einer optisch großzügigen Sitzgruppe im Weg, macht den Van aber zum Stauraumwunder. Unter der Liegefläche im Heck gibt es noch einen weiteren Schrank mit Fächern und Kleiderstange, der ganz gut erreichbar ist. Denn das Bett liegt hoch. 1,16 Meter müssen über eine dreistufige Leiter erklettert werden, um die Matratze zu erreichen. Sie ist nicht so breit wie im Cliff, hat aber mehr Luft zu allen Seiten, so dass man sich auf zwei Meter Länge ausstrecken kann. Die Betthöhe ist abermals dem Stauvolumen geschuldet, denn darunter steckt eine gut 90 Zentimeter breite und bis zu 1,17 Meter hohe Garage – nicht schlecht für einen Kompakten.
Platzmangel kennt man auch in der Küche nicht. Obwohl der Block nicht ganz so lang ausfällt wie im Sunlight Cliff 600, profitiert man von fast 10 Zentimetern mehr Tiefe und zwei geräumigen Hängeschränken.
Noch viel deutlicher sind die Unterschiede im Bad: Hier hat der Sunlight V 60 einen vollständig und praktisch eingerichteten Raum, in dem sich mit minimalem Umbauaufwand problemlos duschen lässt. Das nasse Handtuch kann auf dem herunterklappbaren Halter trocknen.
Wenn es um die grundlegenden Reisemobilfunktionen geht, muss man im Van ohnehin keine Kompromisse fürchten. Die Heizung mit ihren sieben Ausströmern verteilt die Wärme angenehm unauffällig. Man kann auch wohl davon ausgehen, dass durchgehende Sandwichplatten am Ende besser isolieren als ein noch so gut gedämmter Campingbus mit großen Türausschnitten.
Ansonsten fällt es dem Van schwer, mit seinem Aufbau Punkte zu sammeln. Sichtbare Schraubenköpfe und einfache Kantenleisten bemühen sich nicht, die Bauweise zu kaschieren. Wie bei praktisch allen aufgebauten Reisemobilen sind die Wände – hier mit Alu – und der Heckleuchtenträger empfindlicher als Stahlblech und Stoßstange am Kastenwagen.
Wie schlägt sich der kompakte Teilintegrierte in der Kategorie Fahren? Vielleicht kann die ausgeprägte Wendigkeit des Sunlight V 60 die ein oder andere unsanfte Berührung vermeiden. Sein kurzer Radstand macht sich bei höherem Autobahntempo allerdings auch durch einen etwas nervöseren Geradeauslauf bemerkbar. Um den Antrieb des Testwagens kümmert sich der 130 PS starke 2,0-Liter-Motor des Citroën Jumper, der mit dem V 60 leichtes Spiel hat. So agil bewegt sich kaum ein anderer Teilintegrierte.. Hier wirkt sich die schlanke Bauweise ebenso positiv aus wie das geringe Gewicht. Zur Saison 2020 wechselt der Van auf das Fiat-Chassis und man kann die Prognose wagen, dass dessen neuer 120-PS-Motor ausreicht. Am Preis ändert sich nichts. Damit bleibt der Sunlight V 60 der günstigste Teilintegrierte auf dem Markt – das ist ein Wort.
Technische Daten: Sunlight V 60
Gurt-/Schlafplätze: 4/2–3 Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg Länge: 5,95 m
Wertung Sunlight V 60
Der Vollwertige: Müsste man im Urlaub einen kühlen Regentag vor allem an Bord verbringen, würde man sicher den Van vorziehen. Er ist ein Reisemobil im besten Sinne. Trotz der Beschränkung auf nur sechs Meter Länge haben Paare hier alles, was sie brauchen. In mancher Hinsicht wirkt der V 60 aber auch wie ein Reisemobil aus vergangenen Zeiten. Gemeint ist die ausgeprägte Schmucklosigkeit seines Interieurs ebenso wie die Technik. Die Rollos an den Fenstern könnten kaum einfacher sein; der Boden aus Sperrholz verlangt regelmäßig einen neuen Schutzanstrich. Na ja, früher hat das auch geklappt.
(+) sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis(+) breite und hohe Heckgarage(+) geräumige Kleiderschränke(+) praktisches Bad mit einfachem Umbau zur Dusche(+) ausgefeilte Heizungsanlage(+) wendiges Fahrgestell(-) unterschiedliche Sitzhöhe Fahrerhaussessel/Bank(-) hoher Bettaufstieg(-) etwas schwache Beleuchtung an der Sitzgruppe(-) schmale Aufbautür(-) wenig robuster hölzerner Unterboden(-) erhöhter Innengeräuschpegel