Trieb die Ferrari-Farbe den Cossie-Preis hoch?

Die Farbe betont die wilde Optik des Sport-Ford mit seinen breiten Backen und dem wilden Heckflügel zusätzlich.
Mitte Mai wurde in Großbritannien ein sehr spezieller Ford Sierra RS Cosworth versteigert. Er stammt aus prominentem Vorbesitz und trägt eine interessante Farbe. Beides taugte offensichtlich nicht als Preistreiber.
In den mittleren Achtzigerjahren war der Ford Sierra RS Cosworth einer der großen Motorsporthelden Europas. Das auf braver Mittelklassebasis aufgebaute Homologationsmodell entstand nach dem Gruppe-A-Reglement und fühlte sich sowohl auf der Rundstrecke als auch auf den Rallyepisten wohl. Und mit seinem wilden Design entwickelte sich das Serienauto, das die an sich schon eigenwillig gestylte Karosserie der dreitürigen Schrägheck-Variante mit breiten Schürzen und einem spektakulären Heckflügel kombinierte, zum Posterboy, der vor allem bei jungen Autofans Anklang fand.
Einziger "Cossie" in Rot
Immer mal wieder kommt eines der insgesamt 5.540 gebauten Exemplare auf den Markt. Meist trägt es eine dezente Farbe, denn der "Cossie" war seinerzeit nur in den Tönen Diamantweiß, Schwarz und Mondsteinblau erhältlich – zumindest für normale Kundinnen und Kunden. Wenn der 14. Duke of Bedford den Showroom betritt und den Sport-Sierra unbedingt in einer anderen Farbe haben möchte, machten Händler und Hersteller dann allerdings eine Ausnahme. So kommt es, dass es doch einen Sierra RS Cosworth in einer anderen Farbe gibt.
Ford wies seine Individualisierungs-Abteilung "Special Vehicle Engineering" an, bei diesem Auto mit der Fahrgestellnummer WF0EXXGBBEGB43909 eine Ausnahme zu machen. Das knallige Rot, das die extravagante Optik des Modells noch betont, macht diesen RS Cosworth zum Unikat, denn laut Iconic Auctioneers soll das für Robin Russell, den erwähnten Duke, vorgesehene Exemplar das einzige sein, das je ab Werk in Rot lackiert wurde. Das britische Auktionshaus versteigerte das Auto am 17. Mai bei einer Veranstaltung im Sywell Aerodrome in der britischen Grafschaft Northampton. Der Schätzpreis lag bei 70.000 bis 90.000 Pfund (aktuell umgerechnet etwa 82.400 bis 105.900 Euro). Erzielt wurden letztendlich 73.125 Pfund (umgerechnet rund 87.000 Euro). Weder der prominente Vorbesitz noch die ausgefallene Farbe wirkten offensichtlich preistreibend.
Erst ein Lord, dann ein Rennfahrer
Der Ford Sierra RS Cosworth mit der britischen Registrierung D506 RVW kann aber auch sonst auf eine abwechslungsreiche Karriere zurückblicken. Denn der Duke, der zudem noch Reality-TV-Star und im weltlichen Leben Investmentbänker war, war gar nicht der Besitzer der roten Rakete. Sie verblieb als Eigentum in Fords Flotte der Pressetestwagen, wurde dem Adligen jedoch als Langzeitleihgabe zur Verfügung gestellt. So blieb es bis Dezember 1988. Erst dann gab es einen Besitzerwechsel, indem der britische Rennfahrer Vince Woodman den Cossie kaufte. Woodman war zu seiner aktiven Zeit besonders mit Tourenwagen von Ford erfolgreich und auch als Händler eng mit der Marke verbunden. Den roten Sierra behielt er fast 30 Jahre lang.
Geschont wurde das Auto während seiner inzwischen fast 40-jährigen Existenz keineswegs. Iconic Auctioneers gibt den Tachostand mit 97.994 Meilen an; das entspricht strammen 157.700 Kilometern. Erst vor etwa fünf Jahren gelangte das Auto in die Hände eines Sammlers, der damit seine Kollektion sportlicher Ford-Modelle ergänzte. 2022 erhielt der Sierra RS Cosworth eine neue Lackierung, die das satte Rot seither wieder in vollem Glanz erstrahlen lässt.
Vierzylinder-Turbo mit "Testarossa"-Ventildeckel
Technisch ist der Homologations-Ford stets im Originalzustand verblieben. Und damit auch der Antrieb, dessen Herzstück ein von der Formel-1-erprobten Motorenschmiede Cosworth veredelter Zweiliter-Benziner ist. Der längs eingebaute Vierzylinder leistet dank Turboaufladung 204 PS und schickt ein maximales Drehmoment von 280 Newtonmetern über ein manuelles Fünfgang-Getriebe Richtung Hinterachse. Damit sprintet der Sport-Ford in 6,5 Sekunden von Null auf Hundert und erreicht höchstens 240 km/h. Mit seinem roten Ventildeckel versprüht der Motor ganz nach Testarossa-Art (italienisch für "roter Kopf"; nach den gleichfarbigen Ventildeckeln wurden die Ferrari-Modelle benannt) ebenfalls Maranello-Vibes – allerdings bei jedem Sierra RS Cosworth.