Kollision mit geöffneter Autotür: Wer muss haften?
Wird ein Auto parallel zur Fahrbahn abgestellt, muss man beim Ein- bzw. Aussteigen besonders gut aufpassen.
Schließlich öffnet man die Fahrertür dann in Richtung Straße – von hinten herannahende Verkehrsteilnehmer könnten die Tür als Hindernis zu spät erkennen und dagegen prallen. Vor Gericht wird in solchen Fällen regelmäßig darüber gestritten, wer nun für den Schaden aufkommen muss: der unvorsichtige „Türöffner“ oder der Verkehrsteilnehmer, der im Zweifel mit einem zu geringen Seitenabstand am parkenden Kfz vorbeifahren wollte?
Breiter Anhänger kollidiert mit offener Autotür
Ein Autofahrer hatte seinen Wagen am rechten Fahrbahnrand in einer Parkbucht abgestellt. Aufgrund einer roten Ampel staute sich der Verkehr links neben ihm zumindest bis zu seinem parkenden Auto, auf dessen Höhe schließlich ein Fahrzeug samt Anhänger stehen blieb. Dieser war aufgrund der vier Radkästen beinahe so breit wie die gesamte Fahrbahn – der Seitenabstand zur Parkbucht betrug an der engsten Stelle somit nur ca. 20 cm.
Glücklicherweise befand sich die Fahrertür des parkenden Kfz nicht auf Höhe eines Radkastens, sondern auf Höhe des schmaleren Seitenbereichs des Anhängers – der Autofahrer konnte die Fahrertür seines parkenden Pkw daher problemlos ca. 40 bis 50 cm öffnen und einsteigen. In der Zwischenzeit war jedoch die Ampel grün geworden und der Verkehrsteilnehmer neben ihm gab Gas. Dabei kollidierte der hintere Radkasten des Anhängers mit der noch immer geöffneten Tür des geparkten Pkw. Dessen Eigentümer verlangte von seinem Unfallgegner Schadensersatz – der hätte schließlich nicht losfahren dürfen, ohne zuvor in den rechten Außenspiegel zu schauen.
Überwiegende Haftung des parkenden Verkehrsteilnehmers
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle sah die Hauptschuld am Unfall bei dem parkenden Verkehrsteilnehmer. Sein Unfallgegner musste daher nur zu 25 Prozent haften.
Pflichten beim Ein- bzw. Aussteigen
Autofahrer müssen beim Ein- bzw. Aussteigen besonders aufpassen – sie dürfen dabei andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden, vgl. § 14 I Straßenverkehrsordnung (StVO). Sie dürfen also nicht einfach die Tür aufreißen, sondern müssen sich vergewissern, dass sich niemand nähert, der durch die offene Tür verletzt oder behindert wird. Im Zweifel ist die Tür langsam und spaltweise zu öffnen.
Vorliegend hatte sich wegen der roten Ampel im Kreuzungsbereich eine Warteschlange gebildet. Dem parkenden Verkehrsteilnehmer hätte deshalb klar sein müssen, dass die neben ihm stehende Zugmaschine – also der Wagen, der den Anhänger zog – weiterfährt, wenn die Ampel auf Grün umschaltet. Er hätte ferner erkennen können, dass der hintere Radkasten des Anhängers dann mit der Tür seines Autos kollidiert. Dagegen durfte er nicht damit rechnen, dass sein Unfallgegner rechtzeitig reagiert und einen Zusammenstoß verhindert. Der saß schließlich in der Zugmaschine, die an der Parkbucht – und damit am parkenden Kfz – längst vorbeigefahren war. Somit hat der parkende Verkehrsteilnehmer gegen § 14 I StVO verstoßen, als er blindlings in seinen Wagen stieg, obwohl jederzeit mit einer Weiterfahrt des verkehrsbedingt haltenden Kfz samt Anhänger zu rechnen war.
Kein Verkehrsverstoß trotz geringen Seitenabstands?
Der Zugmaschinenführer hatte keine Verkehrsvorschrift verletzt. Zwar hat er den erforderlichen Seitenabstand von ca. 0,5 m bis 1 m nicht eingehalten – allerdings war der Anhänger auch so breit, dass er beinahe die gesamte Fahrbahnbreite einnahm. Es wäre ihm daher nur möglich gewesen, den Seitenabstand einzuhalten, wenn er seinen Wagen teilweise auf die Gegenfahrbahn bzw. auf den linken Fahrstreifen gelenkt hätte. Hierzu gab es für ihn jedoch keinen Anlass. Denn der Fahrer musste nicht damit rechnen, dass jemand rechts neben ihm einfach eine Fahrzeugtür öffnet, ohne auf den Straßenverkehr zu achten.
Weiterfahrt nur nach Blick in den Außenspiegel?
Die Richter wiesen ferner darauf hin, dass der Zugmaschinenführer nicht dazu verpflichtet war, in den rechten Außenspiegel zu schauen, bevor er weiterfuhr. Wird eine Ampel grün, müssen sich in der Warteschlange befindliche Verkehrsteilnehmer vielmehr auf die Situation vor ihnen konzentrieren, um z. B. einen Auffahrunfall zu vermeiden. Anderes könnte allerdings gelten, wenn rechts neben der Fahrbahn mit anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen ist, z. B. weil sich dort ein Radweg befindet.
Vorliegend musste der Zugmaschinenführer aber – z. B. mangels Radweg – nicht davon ausgehen, dass sich jemand rechts neben ihm auf der Fahrbahn aufhält. Er musste somit nicht nach rechts schauen oder einen Blick in den Außenspiegel riskieren.
Erhöhte Betriebsgefahr wegen enormer Anhängerbreite?
Allerdings musste sich der Zugmaschinenführer die erhöhte Betriebsgefahr seines Anhängers anrechnen lassen. Der hatte schließlich beinahe die gesamte Fahrbahnbreite eingenommen, sodass es nicht möglich war, den erforderlichen Seitenabstand einzuhalten. Dieser Umstand hat den Unfall zumindest mitverursacht, sodass die Richter eine Mithaftung des Zugmaschinenführers in Höhe von 25 Prozent für gerechtfertigt hielten.
(OLG Celle, Urteil v. 07.06.2017, Az.: 14 U 157/16)
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