Kufsteinerland: Anklöpfeln mit Genuss
Festung und Festspielhaus. Tradition und Träumerei. Kunst und Kulinarik. Zur Adventszeit bieten Kufstein und das Kufsteinerland Kultur für alle Sinne. Mittendrin: die Anklöpfler.
Heute ist Werner Reidinger im Einsatz. Wie jeden Freitag, wie jeden Donnerstag. Im Innenhof der Festung zu Kufstein, wo einst die Stallungen der Soldatenpferde standen, setzt sich der Kirchenmusikreferent aus dem nahen Söll an den Spieltisch und spielt. Aus dem Turm hoch über dem Organisten, in dem die 4.948 Pfeifen der Heldenorgel wohnen, dringen mächtige, eindrucksvolle Töne. Bis zu zehn Kilometer weit tragen sie ihre musikalische Botschaft ins Tiroler Land und auch über die Grenze nach Bayern. Es ertönt "Und danket alle Gott", dann "Vater unser im Himmel", es folgt das C-Dur Präludium von Bach. Und zum Abschluss, wie immer an 365 Tagen im Jahr, das Lied vom "Guten Kameraden". Unzählige Male hat es Organist Reidinger schon intoniert, aber er wirkt noch immer angefasst und fast ergriffen, wenn er sagt: "Eigentlich ist es ja ein militärisches Grußlied von 1809, aber für mich ist es auch ein Lied des Friedens, bei dem sich die Menschen gerade jetzt in der bevorstehenden Adventszeit dankbar darauf besinnen sollten, wie lange wir schon keinen Krieg mehr hatten."
- Die größte Freiluftorgel der Welt
Als der Soldat Max Depolo nach dem Ersten Weltkrieg nach Kufstein heimkehrte und ihm irgendwann in geselliger Runde im "Goldenen Hirsch" die Idee zum Spendenaufruf für eine Heldenorgel auf der Festung kam, konnte er nicht ahnen, was er damit auslösen würde. 1931 wurde die größte Freiluftorgel der Welt von 20.000 Gästen eingeweiht, seitdem ist sie so etwas wie ein musikalischer Kulturbotschafter für eine ganze Region.
Und das inmitten einer Festung, die im Mittelalter als uneinnehmbar galt, inzwischen aber längst von den Einheimischen und Touristen aus aller Welt in Besitz genommen wurde. Der "Weihnachtszauber" etwa wird mit seinen vielen kleinen Ständen voller regionaler Köstlichkeiten und Handwerkskunst in diesem historischen Ambiente zu einem ganz besonderen Adventsmarkt. - Erster Christkindlmarkt im Fohlenhof der Haflinger
Auch im nahe gelegenen Ebbs, eine von acht Gemeinden, die gemeinsam mit Kufstein das Kufsteinerland bilden, ist die Vorfreude auf die vorweihnachtlichen Wochen groß. Auf dem Fohlenhof, dem Weltzentrum der Haflinger Pferde, wird es zum ersten Mal einen Christkindlmarkt geben. "Natürlich soll er werden und an die Ursprünge solcher Märkte erinnern", verrät Anita Baumgartner, während sie uns das Herz des vier Hektar großen Geländes zeigt: Getrennte Stallungen von trächtigen Stuten und prächtigen Hengsten, unter ihnen drei Weltmeister. Die Champions von morgen tollen übermütig auf der Koppel herum, ein halbes Hundert junger Haflinger, braun allesamt mit weißer Blesse, blond die Mähne und der Schweif.
Ein wunderbares Bild. Eines, das auch den Ebbser Haflinger Advent bereichern soll. "Es ist der ideale Ausflug für Familien", sagt Anita. "Kinder und Eltern dürfen in die Ställe und bei der Fütterung zusehen, und auf dem Christkindlmarkt gibt es Stände mit Handwerkskunst wie Schneidern oder Kerzenmachen, natürlich auch Punsch, Glühwein und Leckereien". - Die Ebbser Herbergsuche der Anklöpfler
Das allein klingt wie Musik in den Ohren, aber die spielt in der Reithalle, die in der stillen Zeit zur Festhalle wird. Einer der Höhepunkte sind die Auftritte der Tiroler Festspiele Erl aus der Nachbargemeinde, und endlich sind wir bei den Ebbser Anklöpflern, den meistgefragten Sängern in den Adventswochen. Im Mittelalter zogen Knechte und Mägde in der "staden Zeit" bettelnd von Hof zu Hof, um die frohe Botschaft zu verkünden oder die Herbergsuche nachzuspielen und dafür mit einem Kanten Brot oder einem Stück Speck belohnt zu werden.
In den 60er-Jahren erinnerten sich die Männer der Sängerrunde Ebbs an den alten Brauch und führen, als Hirten verkleidet, die Ebbser Herbergsuche auf. Zwanzig Anklöpfler sind es aktuell, und die braucht es auch, denn mehr als hundert Auftritte werden sie hinter sich haben, bevor sie am 23. Dezember um 22 Uhr in der Pfarrkirche zu Ebbs ihren letzten Auftritt haben. - Vom Topmanager zum Obmann der Sänger
Albert Schmider, 47, ist der Obmann der illustren Männerrunde, zu der ein ehemaliger Schuldirektor ebenso gehört wie ein Maler. Schmiders Vita wäre eine eigene Geschichte wert, die vom Aufstieg zum Siemens-Manager erzählen würde, vom Burnout und einer einjährigen Auszeit, in der die Entscheidung reifte, nicht mehr ins Büro zurückzukehren. In seinem zweiten Leben ist Albert Schmider Schnapsbrenner, Bergführer, Vermieter eigener Ferienwohnungen, Inhaber eines Bio-Hofladens - und leidenschaftlicher Anklöpfler.
Natürlich hat der Mann nach wie vor Computer und einen eigenen Businessplan, so weit back to the roots geht es dann doch nicht. Aber während er hinterm Tresen seines Hofladens steht, Almkäse portioniert und frische Buttermilch in die Flaschen seiner Kunden füllt, die er alle mit Vornamen kennt, leuchten seine Augen, während er die Worte zitiert, mit denen die Anklöpfler an die Türen klopfen. "Macht auf Eure Herzen, sperrt die Tür nicht zu. Bald kommt der Heiland, bringt Frieden und Ruh'", heißt es da, und der ehemalige Topmanager weiß dann genau, warum er hingeschmissen hat: "Die kleinen Kinder schauen Dich mit großen Augen an, weil sie das noch nicht erlebt haben. Und bei den Älteren schimmern sie feucht, weil sie ergriffen sind. Für solche Momente lohnen sich alle Mühen."
Die Anklöpfler sind im Dauereinsatz. Zu den Hausbesuchen kommen Auftritte auf den Adventsmärkten, beim Weihnachtszauber auf der Festung ebenso wie in der Reithalle der Haflinger. Das Adventssingen in der Pfarrkirche Ebbs steht an, dazu etliche Weihnachtsfeiern. Sie führen ein eigenes Hirtenspiel auf und haben eine eigene CD mit 18 ihrer schönsten Lieder aufgenommen. Die bekommt, wer ihre Sangeskunst mit einer Spende belohnt. So kommen jedes Jahr zwischen vier- und fünftausend Euro zusammen, mit denen wohltätige Zwecke im In- und Ausland unterstützt werden. Große Stimmen mit großen Herzen. - Eine Genussregion im doppelten Sinn
So ist das Kufsteinerland eine Genussregion, was durchaus doppeldeutig gemeint ist. Denn zum Genuss für die Sinne kommt die Kulinarik - und ein Beweistermin bei Edmund Steindl, dem "Unterwirt" in Ebbs, seit nunmehr 26 Jahren ein Hauben-Restaurant. Die Hauben werden bekanntlich vom Gourmetführer Gault Millau vergeben, der Eintrag in der Ausgabe 2016 nennt den Rahmkaiserschmarrn schlicht eine "Sensation". Das mag auch an den Zutaten liegen, denn Edmund Steindl ist ein glühender Verfechter regionaler Produkte. Deshalb hat er 2005 die "Genussregion Untere Schranne" initiiert, die von Ebbs bis an den Walchsee im Kaiserwinkl reicht.
Inzwischen hat diese Interessengemeinschaft, die Einheimischen für die Ernährung aus der Region begeistern will, 45 Mitglieder. Regelmäßige Treffs mit örtlichen Bäuerinnen oder die "Nacht des Genusses" im September in Niederndorf mit Eigenprodukten sind nur zwei Beispiele für eine fruchtbare Entwicklung. Es sind vor allem Milchprodukte, die für die Qualität der Genussregion Untere Schranne stehen. Dazu Obst, Gemüse, Brot, Marmelade oder Honig. Auch der Unterwirt backt selbst, produziert dazu für seine Hotelgäste vier, fünf Sorten Marmelade, 2,50 Euro kostet das Glas. Wer sie jemals gekostet hat, schmiert sich keine andere mehr aufs Brot. - Festmenüs neben dem Festspielhaus
Aber damit hat sie sich noch lange nicht, die geniale Koexistenz von Kultur und Kulinarik im Kufsteinerland. In Erl, knapp zehn Autominuten von Kufstein entfernt liegt sie nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Neben dem genialen, modernen Festpielhaus, umgeben von grünen Wiesen mit grasenden Kühen, liegt die "Blaue Quelle". Und so mancher Gast weiß nicht, worauf er sich mehr freuen soll: Auf die Winterspielzeit im Festspielhaus oder auf die Festmenüs im Gasthaus.
Der Sage nach soll ja in der blau schimmernden Quelle in unmittelbarer Nähe ein Fabelwesen namens Wassermann gelebt haben, der in Vollmondnächten unverheirateten Frauen das Antlitz ihres Zukünftigen auf die Wasseroberfläche zauberte. Er wurde schon lange nicht mehr gesehen, der Herr Wassermann. Dafür zaubert Besitzer und Küchenchef Alexander Struth Fabelhaftes auf den Tisch (was ihm, man ahnt es, ebenfalls glänzende Kritiken bei Gault Millau und Co. einbrachte). Und sollten Sie zuvor nebenan auf der Bühne herausragende Sänger und Sängerinnen gehört haben, dann könnte das auch daran liegen, dass sich in den neuen Suiten der Blauen Quelle ziemlich wohl fühlen. Es ist schließlich kein Zufall, dass sie Lohengrin, Parsifal oder Tristan und Isolde heißen. - Ein Stollen, eine Bar und knapp 900 Gin-Sorten
Eigentlich wäre das ein ganz ordentlicher Schluss. Wenn, ja wenn es nicht in Kufstein eine Adresse gäbe, die man einfach gesehen haben muss: Stollen 1930 - Die Bar, Römerhofgasse 4. Eine spektakuläre Location, vor gut 600 Jahren in den Fels gesprengt und geschlagen, mit nicht minder grandiosem Inhalt: In den Regalen stehen um die 900 Flaschen Gin, und jeden Tag werden es mehr. Selbstverständlich ist es die größte Sammlung dieser Art, natürlich steht sie im Guiness Buch der Rekorde. Und wer sich nun aufmacht nach Kufstein, um dort ein Adventserlebnis der besonderen Art zu erfahren, der muss dringend rein in den Stollen. Und sich anschließend gleich gegenüber in der "Träumerei#8" einquartieren, dem angesagtesten Hotel der Stadt.
Es wirbt mit "In 34 Traum-Räumen" um die Welt, die nach Städten und Ländern benannt und entsprechend witzig-originell eingerichtet sind. Originell sind sie allemal, auch der Name passt. Und den Stoff, aus dem die Adventsträume im Kufsteinerland sind, haben wir ja reichlich geliefert. Weitere Informationen: www.kufstein.com