"Traum begraben" - Brandenburgs Innenministerin tritt zurück

Sie galt als mögliche Nachfolgerin von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) - jetzt ist Innenministerin Katrin Lange wegen des Streits um die Entlassung des Verfassungsschutzchefs zurückgetreten. Die 53-Jährige, die seit rund fünf Monaten im Amt war, war in den eigenen Reihen massiv in die Kritik geraten. Ausgelöst hatte die Querelen die Einstufung der Landes-AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Lange hatte dem Verfassungsschutzchef vorgeworfen, sie nicht rechtzeitig darüber informiert zu haben.
In ihrer Rücktrittserklärung sagte die SPD-Politikerin, teils den Tränen nahe, die Stabilität in der Regierungskoalition dürfe nicht überschattet werden. "Der notwendigen Geschlossenheit möchte ich nicht im Wege stehen." Lange verzichtet auch auf eine erneute Kandidatur für den stellvertretenden Landesvorsitz der SPD - die Neuwahlen stehen im Juni an.
Angesichts des tagelangen Streits drohte Schaden für die brandenburgische SPD, die sich stets als "Bollwerk" im Kampf gegen Rechts bezeichnet. Die Partei regiert seit 2024 mit knapper Mehrheit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Es gab Vorwürfe, Lange schwäche mit ihrem Vorgehen die Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes und spiele der AfD in die Hände. Deren Landesvorsitzender René Springer meinte zum Rücktritt: "Mit Katrin Lange verliert das Kabinett Woidke eine der letzten Stimmen der Vernunft."
Woidke: Sie hat ihren Traum begraben
Sichtlich bedrückt zeigte sich Ministerpräsident Woidke. Lange begrabe nun ihren "Traum", Innenministerin Brandenburgs zu sein, sagte er. Sie habe die Größe, ihre persönlichen Interessen hinten anzustellen für den Dienst am Land. Der Koalitionspartner BSW bedauerte den Rücktritt.
Der damalige Verfassungsschutzchef Jörg Müller hatte die Landes-AfD in Brandenburg Mitte April zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung hochgestuft, die Ministerin aber nach ihren eigenen Aussagen viel zu spät unterrichtet. Allerdings wurden Zweifel an der Darstellung der Innenministerin laut und Vorwürfe, sie habe die Hochstufung der AfD möglicherweise hinauszögern wollen. "Die Hütte brennt", hieß es in Kreisen der SPD-Landtagsfraktion seit Tagen.
Lange: AfD-Überwachung und Parteiverbot nicht die Lösung
In ihrer Rücktrittserklärung verteidigte Lange die umstrittene Entlassung des Verfassungsschutzchefs noch einmal. "Ich jedenfalls fühle mich übergangen." Sie sprach auch von "Geheimniskrämerei". Sie sei immer der Meinung gewesen, dass der Verfassungsschutz in der Demokratie kontrolliert werden müsse. "Der Nachrichtendienst soll eben nicht tun und lassen können, was er will."
Zugleich entschuldigte sich Lange bei ihrer Fraktion, die sie mit ihrem Handeln überrascht habe. Sie sprach aber auch von Diffamierungen.
Zum Umgang mit der AfD sagte sie: "Ich bin nicht für einen weicheren Umgang mit der AfD, sondern für einen besseren und einen wirksameren." Antworten dürften nicht nur Parteiverbot, Überwachung und Repression sein: "Ich glaube, dass das falsch ist." Die SPD-Fraktion sprach sich vor Kurzem jedoch in einer Stellungnahme dafür aus, dass ein AfD-Verbotsverfahren geprüft werden soll - und verpasste Lange einen Denkzettel.
53-Jährige galt als mögliche Nachfolgerin des Regierungschefs
Die 53-Jährige hat viele Jahre Regierungserfahrung. Vor der Übernahme des Innenministeriums nach der Landtagswahl 2024 war Lange Finanzministerin in Brandenburg. Ihr wurden große Chancen eingeräumt, Brandenburgs Ministerpräsidenten zu beerben. Sie galt als seine Vertraute, ist bislang seine Stellvertreterin an der Spitze der Landes-SPD. Die erfahrene Politikerin war zuvor auch Staatssekretärin im Infrastrukturministerium und Innenministerin.
Dabei ist die 53-Jährige für eine klare Kante und manch kernige Aussagen bekannt. Im Landtag hatte sie vor einiger Zeit eine AfD-Forderung nach ihrer Entlassung zurückgewiesen mit den Worten: "Das können Sie sich von der Backe putzen. Ich bin aus der Prignitz. Ich lasse mich nicht provozieren." In den Augen anderer Parteien galt sie teils als Hardlinerin etwa in der Migrationspolitik.
Aus der Politik zurückziehen will sich die SPD-Landespolitikerin künftig nicht, sondern ihre Arbeit als Abgeordnete im Landtag fortsetzen. "Ämter sind Macht auf Zeit. Und auch plötzliche Veränderungen gehören in der Politik dazu", sagte sie, als wolle sie sich selbst ein bisschen Mut machen. "Deswegen muss man aus solchen Veränderungen auch kein Drama machen."