Noch vor 200.000 Jahren flossen Wassermassen auf dem Mars
Strukturen wie Abflussrinnen und Murgangablagerungen in einem nur 200.000 Jahre alten Marskrater (A,B) im Vergleich zu ähnlichen Strukturen auf Spitzbergen (C; u.r.). © NASA/JPL/UofA for HiRISE
Wie die Forscher um Andreas Johnsson von der Göteborgs Universitet aktuell im Fachjournal "Icarus" (DOI: 10.1016/j.icarus.2014.03.005) berichten, entdeckten sie einen geologisch betrachtet noch jungen Krater, der deutliche Spuren fließenden Wassers wie Abflussrinnen und Murgangablagerungen in seinem Innern aufweist. Für die Forscher sind diese Merkmale eindeutige geomorphologische Beweise dafür, dass es sich hierbei um geologisch betrachtet noch jungen Spuren von einst fließendem Wasser handelt.
Bei dem für derartige Ablagerungen verantwortlichen sogenannten Murgang handelt es sich um schnell abwärts fließende Schlammströme, die mit gröberem Gesteinsmaterial vermischt sind und dadurch einen hohen Feststoffgehalt und eine hohe Dichte aufweisen. Derartige Murgänge können mehrere hunderttausend Kubikmeter Material transportieren, bis zu 60 Kilometer pro Stunde schnell werden und mit derartiger Energie große Verwüstungen und Erosionsspuren verursachen. Kommt der Schlamm- und Geröllstrom dann zum Erliegen, bilden seine Ablagerungen charakteristische Strukturen wie lappige Ablagerungen und paarförmig angeordnete Dämme entlang der gegrabenen Kanäle und Rinnen. Und genau diese Strukturen haben Johnsson und Kollegen in besagtem Marskrater nun gefunden.
"Unsere eigene Feldforschung auf Spitzbergen (Svalbard) hat unsere Interpretation dieser Ablagerungen auf dem Mars und deren junges Alter bestätigt", so Johnsson. Anhand von Kraterstatistiken bestimmten die Forscher das Alter des Kraters auf rund 200.000 Jahre. Dies aber bedeutet, dass der Krater erst lange nach der letzten Eiszeit auf dem Mars entstanden war, die vor rund 400.000 Jahren endete.
"Abflussrinnen (Gullies) sind auf dem Mars relativ häufig, doch jene, die zuvor untersucht wurden, sind deutlich älter und ihre Sedimente bildeten sich (schon) während der letzten Mars-Eiszeit. Der von uns untersuchte Krater ist nun aber zu jung, als dass er von den Bedingungen der Mars-Eiszeit beeinträchtigt worden sein konnte. Das bedeutet, dass auch noch in deutlich späteren Zeiten Schmelzwasserprozesse derartige Strukturen hinterlassen haben", so Johnsson.
Der Krater selbst befindet sich in den mittleren Breitengraden der südlichen Mars-Hemisphäre und entstand wahrscheinlich durch den Auswurf eines nahegelegenen, noch größeren Kraters. Diesen Krater deuten Forscher als das Ergebnis eines kosmischen Einschlags auf dem Mars in dortigem eisreichen Boden.
"Mein erster Gedanke war, dass das Wasser, dass diese Spuren hinterlassen hatte, durch das im Boden vorhandene und durch den Einschlag aufgeschmolzene Eis freigesetzt wurde", erläutert der Wissenschaftler abschließend. "Doch als wir uns den Krater genauer anschauten, fanden wir keine Strukturen wie geologische Falten und Risse im Krater, aus denen heraus derartiges Schmelzwasser ausgetreten sein könnte. Vor diesem Hintergrund ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass das Wasser aus schmelzenden Schneelagern stammt, die während entsprechend geeigneter Perioden entstanden. Solche Vorgänge sind durchaus vorstellbar, da die Umlaufbahnebene des Mars früher stärker geneigt war als heute."