Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Silverstone
Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Silverstone
Lewis Hamilton war der eine Hauptdarsteller dieses Rennens, der Heimsieger, der Comeback-Star - und der Sündenbock.
Silverstone (SID) - LEWIS HAMILTON: Der eine Hauptdarsteller dieses Rennens, der Heimsieger, der Comeback-Star - und der Sündenbock. Bei Red Bull ließ man kaum ein mögliches Adjektiv aus, um Lewis Hamilton./span> zu Brandmarken. "Fahrlässig" und "rücksichtslos" sei er im Duell mit Max Verstappen gewesen, sagte Motorsportberater Helmut Marko. "Amateurhaft" und "inakzeptabel" habe er sich vor dem Unfall verhalten, sagte Teamchef Christian Horner. Und die Feierlichkeiten nach dem Rennen? "Respektlos und unsportlich", das schrieb Verstappen selbst am Abend bei Instagram, er hatte die Jubelszenen aus dem Krankenhaus verfolgt. So eindeutig das alles klang, so schwierig war die Szene allerdings zu bewerten. Hamilton hatte - in einer zweifellos rasend schnellen Kurve - die Innenbahn erobert, war dadurch bereits in einer aussichtsreichen Angriffsposition. Und Verstappen hätte den folgenschweren Kontakt der Reifen durchaus verhindern können, Platz genug hatte er. Am Ende sahen die Stewards eine Schuld bei Hamilton, daher die Zehn-Sekunden-Strafe. Krass sportwidriges Verhalten, wie es bei Red Bull durchklang, leistete sich der Mercedes-Pilot in Runde eins aber sicher nicht.
MAX VERSTAPPEN: Der andere Hauptdarsteller dieses Rennens, obwohl er nicht mal eine komplette Runde absolvierte. Verstappens Ärger war verständlich, zu heftig war der gefährliche Einschlag in die Reifenstapel, zu massiv der Punktverlust gegen Hamilton. Irgendwann allerdings musste es wohl zu einem solchen Unfall kommen, und es hätte auch seinen Gegner treffen können. Rennen für Rennen begegnen sich beide auf Augenhöhe, schenken sich wenig, für die Formel 1 ist das ein höchst interessantes Generationen-Duell. Verstappen führt jetzt mit nur noch acht Punkten das Klassement an. Am Sonntagabend schon gab er Entwarnung, er fühle sich besser. Und kann sich trösten: Das bessere Auto hat noch immer der Niederländer, schon in zwei Wochen in Budapest ist er wieder Favorit.
SEBASTIAN VETTEL: Der vergessene Teilnehmer dieses Rennens, und er tat selbst einiges dafür. Mit einem einfachen Fehler in der Anfangsphase warf Sebastian Vettel einen Grand Prix weg, der durchaus vielversprechend begann. Er lag auf Rang sechs, sein Aston Martin lief gut, es hätte für den Ex-Weltmeister eines der besten Wochenenden der Saison werden können. Stattdessen sorgte er selbst dafür, dass sein neues Team weiter im Mittelfeld herumdümpelt. Vielleicht ganz gut für Vettel, dass das in all der Aufregung unterging.
SPRINT: Die vergessene Premiere dieses Rennwochenendes. Für den Sprint interessierte sich am Sonntagabend wirklich niemand mehr, und schon am Samstag hatte das Kurzrennen gemischte Reaktionen hervorgerufen. Verstappen fand es "komisch", die Pole Position in einem 17-Runden-Rennen zu erobern, emotional sei das nicht vergleichbar mit der Jagd nach der schnellsten Runde. Für Vettel war der Sprint "seltsam, aber nicht schlecht". Und Hamilton gefiel eigentlich nur, dass am Freitag nicht wie üblich bloß zwei freie Trainings stattfanden: Schon am Abend stieg das Qualifying fürs Sprintrennen, an jedem der drei Tage gab es damit echten Wettbewerb. In Monza und bei einem Übersee-Rennen wird der Modus in diesem Jahr noch getestet. Ob er wirklich eine Zukunft hat, bleibt abzuwarten.
SPRUCH DES WOCHENENDES: "Man braucht zwei für einen Tango." (Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sieht die Schuld am Unfall nicht allein bei Hamilton.)