Das Formel-1-Reife(n)zeugnis des SID: Spielberg

Mick Schumacher: Man kennt das von den Ketchup-Flaschen. Man schüttelt und schüttelt, nichts kommt heraus.
Spielberg bei Knittelfeld (SID) - MICK SCHUMACHER: Man kennt das von den Ketchup-Flaschen. Man schüttelt und schüttelt, nichts kommt heraus. Wenn aber irgendwann doch etwas kommt, dann so richtig. Mick Schumacher hat seinen Haas lange ohne Ertrag über die Formel-1-Rennstrecken dieser Welt geprügelt - seit Anfang Juli nun holt er aber plötzlich jede Menge heraus. Vier Punkte waren es in Silverstone, doppelt so viele jetzt in Spielberg. Die Leistungen des 23-Jährigen waren schon zuvor immer konstanter geworden, "es ist eine Frage der Zeit", sagte Schumacher daher, und er behielt recht. Es scheint sich zudem ein Muster aus den Nachwuchsserien zu wiederholen: Der Deutsche benötigt Anlaufzeit, nimmt dann aber Schwung auf. Schumacher ist in dieser Form eine echte Bereicherung für den kleinen Haas-Rennstall, der ihm momentan auch ein bemerkenswert gutes Auto hinstellt.
CHARLES LECLERC UND FERRARI: Charles Leclerc war ein großer Sieger, der Jubel nach genau drei Monaten ohne Erfolg war ausgiebig, auch Ferrari feierte das Comeback des Titelanwärters. Bei genauerem Blick war aber vieles genau so, wie in den vergangenen Wochen: Die Scuderia ist ein wackliges Gebilde. Der Motor von Carlos Sainz brannte lodernd aus, und Leclerc selbst klagte in der Schlussphase über das merkwürdige Verhalten seines Gaspedals. Allzu viel fehlte wohl nicht zum nächsten großen Ferrari-Drama. Es dürfte ein Thema dieser Saison bleiben: Die roten Autos sind sehr schnell. Und oft sehr schnell kaputt.
SEBASTIAN VETTEL: Auch an diesem Wochenende sagte Sebastian Vettel mal wieder, dass er zu seiner Zukunft noch nichts sagen kann. Der Ex-Weltmeister hat noch nicht entschieden, ob er im kommenden Jahr noch in der Formel 1 fährt. Dabei macht sein Aston-Martin-Team ihm die Entscheidung eigentlich leicht - die Entscheidung für den Ruhestand. Denn die Vorstellung von einem siegfähigen grünen Auto im kommenden Jahr erfordert schon viel Phantasie. Österreich war ein besonders schwieriges Wochenende, Vettel war stets am Ende des Feldes unterwegs. Und fiel in der Steiermark allenfalls durch sein Engagement für den Bienenschutz auf. Und durch seine Rolle als Wortführer der Fahrer, im Drivers Meeting geriet er stellvertretend für den Rest des Feldes mit der Rennleitung aneinander.
SPIELBERG: Das Wochenende hätte eine große, makellose Werbeveranstaltung sein können, für die Formel 1 und den Grand Prix in Spielberg. 303.000 Zuschauer zählten die Organisatoren über das gesamte Rennwochenende, Rekord in der Steiermark. Und die Königsklasse lockt ja auch anderswo wieder jede Menge Fans an die Strecken. Die große Geschichte beim Blick auf die vollen Tribünen war an diesem Wochenende dennoch eine andere. Zahlreiche Berichte über sexistische Äußerungen und sexuelle Belästigungen im Zuschauerbereich sorgten für Entrüstung, die Formel 1 strengte eine Untersuchung an, Max Verstappen und Lewis Hamilton zeigten sich "schockiert" und "angewidert". Und wenn die Rennserie ganz ehrlich ist, muss sie wohl davon ausgehen, dass ähnliches auch an anderen Strecken geschieht.
ZITAT DES WOCHENENDES: "Als ich davon gehört habe, war ich schockiert und einfach traurig. Es ist Zeit, zu handeln." (Lewis Hamiltons Forderung angesichts der Übergriffe auf den Tribünen.)