Olympisches Tauwetter im kalten Korea
Olympisches Tauwetter im kalten Korea
Noch zum Jahreswechsel herrschte Eiszeit zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt. Doch nun könnten die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang der Katalysator für eine politische Entspannung auf der koreanischen Halbinsel sein.
Echte Annäherung oder nur ein kurzer Hoffnungsschimmer - noch zögern die Menschen in Nord- und Südkorea, sich über das unerwartete politische Tauwetter zu freuen. Aber die Hoffnung ist aufgekeimt, dass die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang, nur 80 Kilometer vom scharf trennenden 38. Breitengrad entfernt, der Beginn von mehr Gemeinsamkeit zwischen Nord und Süd sein könnten.
Denn schon jetzt sind die bilateralen Vereinbarungen, erzielt unter der Aufsicht des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Lausanne, spektakulär, teilweise sogar beispiellos. So wird erstmals in der olympischen Geschichte in einem Teamwettbewerb eine gesamtkoreanische Mannschaft starten - mit einem gemischten Kader aus 22 Eishockeyspielerinnen.
"Hoffentlich öffnen diese Winterspiele die Tür zu einer besseren Zukunft auf der koreanischen Halbinsel" sagte IOC-Präsident Thomas Bach: "Die Olympischen Spiele haben einen Neubeginn ermöglicht." Der Fecht-Olympiasieger von 1976 erinnerte im gleichen Atemzug daran, dass er selbst aus einem einst geteilten und mittlerweile wieder vereinten Land stamme.
Vor 30 Jahren boykottierte der Norden noch
Weitere vertrauensbildende Maßnahme ist die nachträgliche Schaffung von Startplätzen für insgesamt 22 nordkoreanische Athleten. Erstmals seit zwölf Jahren werden die Sportler aus Nord und Süd wieder gemeinsam bei einer Eröffnungsfeier als "Korea" hinter eine "Fahne der Vereinigung" einlaufen - eine hellblaue Silhouette der Halbinsel auf weißem Grund.
Eingeleitet hatte den überraschenden Wandel ausgerechnet Nordkoreas Diktator Kim Jong Un. Er ließ bei seiner Neujahrsansprache zwar die von ihm gewohnten verbalen Politattacken vom Stapel, deutete aber erstmals Interesse an einer Olympiateilnahme beim Feind im Süden an. Die Sommerspielen 1988 in Seoul hatte der Norden noch boykottiert.
Nun kommt es anders, eine Entwicklung, die lange undenkbar schien. Noch im September schickte die stalinistische Diktatur zwar die Paarläufer Ryom Tae Ok und Kim Ju Sik zur (erfolgreichen) Olympia-Qualifikation nach Oberstdorf, ließ aber den vorgeschriebenen Meldetermin für das Duo kommentarlos verstreichen.
Gesamtkoreanisches Eishockey-Team
Jetzt gestalten Künstler aus Nordkorea das olympische Kulturprogramm mit, die Angst vor einem möglicherweise sogar atomaren Angriff scheint vorerst verflogen. Und so wächst die positive sportliche Spannung, als erster nordkoreanischer Athlet wird Shorttracker Jong Kwang Nom am Samstag in Gangneung über 1500 m an den Start gehen. Noch am gleichen Tag spielt das gesamtkoreanische Eishockey-Team gegen die Schweiz.
Dass sich im Süden die eine oder andere Kritik daran entzündete, kurzfristig Spielerinnen aus dem Norden sportlich integrieren zu müssen, und auch das politische Misstrauen nicht bei jedem ausgeräumt wurde, konnte Bach sogar ein Stück weit verstehen: "Nicht alle teilen da die Begeisterung."
Vielleicht sind es jedoch diese Skeptiker, die am Ende Recht behalten und die Charmeoffensive aus dem Norden kritisch beäugen. Denn auch Russlands Präsident Wladimir Putin wartete erst die Spiele von Sotschi 2014 ab - und annektierte dann die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim.