Das SID-Kalenderblatt am 28. Dezember: Beckers Rücktritt als Davis-Cup-Teamchef
Das SID-Kalenderblatt am 28. Dezember: Beckers Rücktritt als Davis-Cup-Teamchef
Köln (SID) - Einigkeit und Miteinander sind Fremdwörter, jeder gegen jeden ist angesagt, ein munteres Hauen und Stechen im mitgliederstärksten Tennisverband der Welt liefert fast täglich großes Kino für den Boulevard.
Mittendrin statt nur dabei: Boris Becker. Seit er 1997 den langjährigen Teamchef Niki Pilic rausgedrängt und fortan selbst das Sagen im deutschen Davis-Cup-Team hat, will einfach keine Ruhe einkehren. Spitzenspieler Nicolas Kiefer bezichtigt den dreimaligen Wimbledonsieger nach einem Eklat beim World Team Cup in Düsseldorf der Lüge und weigert sich beharrlich, unter dem Teamchef Becker noch einmal für Deutschland anzutreten. Dirk Hordorff, DTB-Vizepräsident Sport, gibt Becker mit der berühmten Frage "Was macht eigentlich der Teamchef?" zum Abschuss frei.
Becker - man mag es kaum glauben - verliert den Machtkampf, auch wenn er vorher noch einmal alle Register zieht. Er werde sein Amt zur Verfügung stellen, sollte Dirk Hordorff nicht als Vizepräsident entmachtet werden, verkündet der stolpernde Held im Oktober 1999. Da hat er gerade mit der deutschen Mannschaft - natürlich ohne Kiefer - 4:1 in Rumänien gewonnen und damit den Klassenerhalt in der Weltgruppe geschafft. Die Stimmung in Bukarest? Nächste Frage, bitte.
Hordorff bleibt, Becker geht. Am 28. Dezember 1999 tritt er nach einem Dreiergespräch mit Charly Steeb und dem damaligen DTB-Präsidenten Georg von Waldenfels zurück. Er selbst nennt es die "nach den Erfahrungen der letzten Monate einzig richtige Entscheidung". Sein großer Name sei benutzt worden, er habe "vielen als Alibi gedient", dafür sei er sich "zu schade, das habe ich nicht nötig".
Es kehrt also wieder Ruhe ein im deutschen Davis-Cup-Team, obwohl: Eigentlich nicht. Charly Steeb übernimmt für zwei Jahre, Michael Stich kommt 2001 und verabschiedet sich 2003 auch nicht gerade in bestem Einvernehmen. Erst Patrik Kühnen bringt in den neun Jahren seiner Amtszeit von 2003 bis 2012 so etwas wie eine Linie rein. Sein Nachfolger Carsten Arriens (2013 bis 2015) scheitert sang- und klanglos, seit 2015 leistet der unaufgeregte Michael Kohlmann hervorragende Arbeit.
Und Becker? Mit dem DTB und mit Dirk Hordorff hat er sich längst versöhnt, man sagt ihm sogar nach, mit dem Präsidentenamt im Verband zu liebäugeln. Es würde gut passen, denn schließlich ist Boris Becker noch immer das, was er 1999 schon war und wohl immer bleiben wird: Der größte Name im deutschen Tennis.