Das SID-Kalenderblatt am 31. Januar: Premiere am Holmenkollen

Als sich am 31. Januar 1892 erstmals Skispringer hoch über Oslo stürzten, standen unter den 12.000 Zuschauern zwölf Ärzte im Auslauf.
München (SID) - Die Organisatoren gaben sich keinen Illusionen hin. Als sich am 31. Januar 1892 erstmals Skispringer vom heute legendären Holmenkollbakken hoch über Oslo stürzten, standen unter den 12.000 Zuschauern zwölf Ärzte im Auslauf. Sie sollten sich um die "dreisten Kerle" kümmern, die den 371 m hohen heiligen Berg im damaligen Kristiania einweihten. Und tatsächlich: Von 189 Teilnehmern standen nur sechs (!) ihre Sprünge.
Gesprungen wurde bei der Premiere von einem Naturhügel mit immerhin 73 Prozent Gefälle, der Schanzentisch bestand aus einem Haufen notdürftig mit Schnee überschütteter Zweige. Vorne eine norwegische Fahne dran - fertig. Sieger Arne Ustvedt segelte stolze 21,5 m weit und war ein echter Kombinierer: Im ersten Wettkampfteil am Vortag war ein 18-km-Langlauf zu absolvieren gewesen.
Dass die Konkurrenz so viele Menschen anlockte, war durchaus bemerkenswert. Der Holmenkollen lag damals noch weit außerhalb der Stadt, viele mussten den langen Weg zu Fuß gehen, andere kamen mit Pferdeschlitten. Andererseits war Skispringen damals schon populär in Norwegen: Bereits 1866 fand auf dem Iverslökken im Osloer Zentrum ein Wettbewerb statt, bei dem die wagemutigen Jungs aus der Region Telemark mit ihrem "Indianergeheul" die Zuschauer verzückten. Später wurde am Husebybakken nahe der heutigen amerikanischen Botschaft gesprungen, seit 1877 auch auf der Klappane in Kristiansand, der ältesten Skisprunganlage der Welt.
Am Holmenkollen wurde erst 1904 eine solche aus Stein errichtet, 1913 folgte der erste, neuneinhalb Meter hohe Sprungturm aus Holz, im Volksmund "Babel-Turm" genannt. 1922 und 1923 wagte sich in der Juniorklasse sogar Kronprinz Olav hinauf und brachte es auf Weiten von 33 bzw. 38 m. Als Ehrengast kehrte der spätere König Olav V. insgesamt 73-mal (!) zu den Wettkämpfen nicht nur im Skispringen zurück.
Die Königsfamilie ist bis heute Stammgast, schließlich wird das Holmenkollen-Skifestival scherzhaft auch als "Norwegens zweiter Nationalfeiertag" bezeichnet. Dabei steht der "Babel-Turm" längst nicht mehr: Er krachte 1927 einen Tag nach dem Springen zusammen. Insgesamt wurde die Schanze stolze 19-mal umgebaut, zuletzt für die WM 2011 - für 1,8 Milliarden statt der geplanten 40 Millionen Kronen. Was soll's! Ist der Holmenkollen doch Norwegens meistbesuchte Touristenattraktion und "ein Nationalheiligtum wie der Nidarosdom" in Trondheim (die Zeitung Aftenposten).
"Entweiht" wurde er 1939, als der Schwede Sven Selager als erster Ausländer dort gewann. Helmut Recknagel war 1957 der erste nicht-skandinavische Sieger. Mit der Vorspringerin Anita Wold aus Trondheim ging 1974 die erste Frau über den Bakken. Erst 39 (!) Jahre später folgte der erste Weltcup. Siegerin Sarah Hendrickson (USA) sprang 112 m weiter als Ustvedt 1892.