"Justice League": Viel Humor, wenig Spannung und keine Raffinesse

Was die "Avengers" können, kann die "Justice League" um den heldenhaften Fledermausmann schon lange. Begeht dabei aber auch dieselben und einige weitere Fehler.
Allmählich gibt es mehr Superhelden als normale Menschen im Kino zu sehen, hat es den Anschein. "Avengers" hier, "Guardians of the Galaxy" dort, "X-Men" da drüben und ganz hinten im Eck krebst noch die Selbstmordgruppe des "Suicide Squads" herum. Mit seiner "Justice League" hat nun also auch das DC-Universum seine rechtschaffene Superhelden-Vereinigung auf den Weg gebracht. Im ohnehin maßlos übersättigten Comic-Segment aber trotz des ultraschallschnellen Recken The Flash (Ezra Miller) viel zu spät und - für Superhelden quasi das Todesurteil - viel zu gewöhnlich.
Die fünf Super-Freunde
Seit Superman (Henry Cavill) im Kampf für die Menschheit sein Leben gelassen hat, herrscht Chaos auf den Straßen von Metropolis. Das Verbrechen wittert ohne den Übermenschen als Sinnbild der Gerechtigkeit seine Chance. Der in die Jahre gekommene Bruce Wayne alias Batman (Ben Affleck) und die Amazone Wonder Woman (Gal Gadot) haben ohne ihn keine Chance, an allen Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Mehr Ritter des Rechts müssen her, vor allem, als ein übermächtiger Scherge namens Steppenwolf auftaucht.
Der hat es auf drei mysteriöse Boxen abgesehen, mächtige Artefakte, mit denen er die Erde und all seine Bewohner in ewige Düsternis stürzen will. Um ihn aufzuhalten, betreibt Wayne ein verzweifeltes Helden-Casting. Von einem blitzschnellen Taugenichts hat er gehört, sowie von einem kauzigen Griesgram, der mit Fischen reden soll. Und dann wäre da noch ein junger Mann, der nach einem Unfall mehr Maschine als Mensch ist. Wird dieser ungleiche Haufen an Außenseitern genug sein, um das pure Böse aufzuhalten?
Wer zu spät kommt...
Die Superhelden A, B und C müssen Bösewicht X davon abhalten, Artefakt Y an sich zu reißen, um den Planeten Z vor dem sicheren Untergang zu bewahren. Mit schlafwandlerischer Sicherheit bringt sich "Justice League" ungewollt als Paradebeispiel jener inspirationslosen Formel in Stellung, die das Genre der Comic-Verfilmungen im Allgemeinen immer belangloser macht. Es ist erschreckend, wie gewöhnlich das Außergewöhnliche inzwischen geworden ist. Wie normal das Abnormale. Und damit einhergehend die traurige Erkenntnis, wie langweilig Bombast doch sein kann.
Nicht falsch verstehen, Action gibt es in "Justice League" reichlich. Nach neuen Schauwerten sucht man aber vergebens. Die meiste Zeit haben es die Helden mit dem gesichtslosen Fußvolk des Haupt-Antagonisten zu tun, Spannung - Fehlanzeige. Einzig, als die "Justice League" gegen einen alten Bekannten antreten muss, der aus Spoiler-Gründen hier nicht genannt wird, deutet "Justice League" an, was dramaturgisch möglich gewesen wäre. So jedoch ist das Action-Haltbarkeitsdatum schlichtweg abgelaufen.
Glotz' nicht so!
Wäre "Justice League" vor fünf Jahren erschienen, hätte er - und eben nicht nur Gal Gadots knappes Röckchen - für offene Münder gesorgt. Damals aber kam ein gewisser Film namens "The Avengers" ins Kino und tat dies stattdessen. Apropos Gadot: Im Gegensatz zum über weite Teile sehr gelungenen Solo-Film zu "Wonder Woman" setzt "Justice League" bei ihr in seiner Kameraführung auf Techniken des "männlichen Starrens" ("Male Gaze"), wie es in seiner penetranten Häufigkeit zuletzt wohl nur Marilyn Monroes Kehrseite widerfahren ist - in den 50er Jahren.
Dass Zack Snyder nicht die feinfühligste Regie-Natur ist, wenn es um die Darstellung weiblicher Figuren geht, bewies er schon in "Sucker Punch". Wie wenig er aber mit Gal Gadots unverkennbar vielen Reizen geizt, rückt die Amazone in ein sehr undankbares Licht. Und reißt das bisschen Seriosität wieder ein, die Regisseurin Patty Jenkins so mühevoll ihrer Lasso schwingenden Kriegsprinzessin verliehen hat. Im Nachhinein umso erstaunlicher, dass ihr dieses Kunststück im Juni dieses Jahres überhaupt gelang. An dem Versäumnis von "Justice League" konnten offenbar auch die kolportiert zahlreichen Reshoots von Aushilfs-Regisseur Joss Whedon nichts ändern, der nach einer familiären Tragödie im Hause Snyder unverhofft den Feinschliff von "Justice League" übernehmen durfte/musste.
Bösewicht von der Stange
Bekanntlich ist ein Held immer nur so gut wie sein Gegenspieler. Doch was, wenn es eine ganze Bande an Helden gibt? Tom Hiddleston hat es 2012 durch seine schiere Präsenz als Fiesling Loki geschafft, den "Avengers" glaubhaft Paroli zu bieten. In der Fortsetzung "Age of Ultron" gelang das dem Titel-Antagonisten schon nicht mehr. Der Bösewicht Steppenwolf in "Justice League" aber ist eine regelrechte Frechheit. Wie der Zwischengegner eines Videospiels mutet er an, ein generischer Klumpatsch computergenerierter Einfallslosigkeit. Von seinen Copy-Paste-Handlangern, um die sich der über weite Strecken hoffnungslos unterlegene Batman kümmern darf, ganz zu schweigen.
Die Ansätze sind da
Was die Angelegenheit im Fall von "Justice League" so frustrierend macht, ist die Tatsache, dass so viel Potenzial zu erkennen ist. Die Chemie zwischen den ungleichen Recken stimmt und ja, selbst ein für schier unmöglich geglaubtes Meisterstück ist gelungen: Aquaman (Jason Momoa) ist nicht der peinlichste Leinwand-Superheld aller Zeiten geworden. Trotz Dreizack. Und auch der in den Trailern fast schon misslungen wirkende Cyborg (Ray Fisher) besitzt erstaunlich viel Tiefgang.
Wie schon in "Batman v Superman" ist der interessanteste Aspekt Batmans hoffnungslose Unterlegenheit im Vergleich zu seinen Mitstreitern. "Was ist deine Fähigkeit?", wird der Fledermausmann an einer Stelle gefragt. "Ich bin reich", knurrt er pikiert zurück. Im Überangebot der Hauptfiguren bleibt aber leider kaum Zeit, hierbei ins Detail gehen zu können. Oberflächliche Figurenzeichnung aus purem Zeitmangel kennen aber auch die "Avengers" allzu gut...
Mit dem angedeuteten Paradigmenwechsel begeht "Justice League" eine spätestens jetzt dringend notwendige Kurskorrektur. Denn ja, der Film ist witzig. Und das muss er auch sein. Batman als düsteren Antihelden darzustellen, ergab Sinn, wie schon Christopher Nolan eindrucksvoll bewies. Selbiges in "Man of Steel" mit Superman zu wagen, war mutig, funktionierte aber nur bedingt. Es ein drittes Mal mit The Flash und Aquaman zu probieren, wäre Superhelden-Selbstmord gewesen. So sorgt "Justice League", wenn schon nicht für Innovation, zumindest für einige Lacher.
Fazit:
Der Auftritt von Gal Gadot als "Wonder Woman" zuletzt und auch der Batman-Teil von "Batman v Superman" ließen die Hoffnung am Leben, dass "Justice League" die Kurve kriegen könnte. Und in der Tat sind die Ansätze dafür erkennbar. Die Charaktere sind aus Zeitmangel zwar nicht detailliert ausgearbeitet, aber allesamt interessant - was leider ganz und gar nicht auf deren Gegenspieler aus dem Bösewicht-Baukasten zutrifft. Ein Film, der es schafft, Aquaman halbwegs cool erscheinen zu lassen, kann nicht alles falsch machen. Aber dennoch vieles.