"Suicide Squad": Zahme Super-Antihelden auf fadem Höllenfahrtskommando

Die Trailer zu "Suicide Squad" wissen seit einer ganzen Weile zu begeistern. Nicht so der über zweistündige Film, den sie so farbenfroh bewerben. Das verhindert trotz großartigem Cast ein liebloses Drehbuch und eine langweilige Story.
Wenn man nur oft genug gebetsmühlenartig wiederholt, dass man ein Bösewicht ist, glaubt es das Publikum dann irgendwann? Im Fall von "Suicide Squad" scheinen das die Macher anzunehmen und verzichten bei ihren Weltrettern wider Willen dafür auf Gossensprache oder allzu rabiate Action. Die Folge: Eine für viele Fans der Comic-Vorlage enttäuschende Altersfreigabe ab 12/16 Jahren (ACHTUNG, noch nicht sicher!!!!) und vermeintliche Superschurken, die im unflätig sein noch etwas Nachhilfe von "Deadpool" benötigen.
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Neun Schurken sollt ihr sein
Nach den verheerenden Geschehnissen aus "Batman v Superman" macht sich die Leiterin einer strenggeheimen US-Organisation, Amanda Waller, Sorgen um die nationale Sicherheit. Wer könnte es ihrer Argumentation nach schon verhindern, sollte ein nächster Übermensch wie Superman beschließen, das Dach des Weißen Hauses abzureißen und den Präsidenten zu töten? Nein, nicht Batman, sondern eine wild zusammengewürfelte Truppe aus Verbrechern und Psychopathen natürlich!
Ganz von allen guten Geistern ist die gewiefte Waller bei der Zusammenstellung ihres "Suicide Squads" aber nicht verlassen: Zum einen würde beim Scheitern des waghalsigen Plans nie ans Tageslicht kommen, dass die Regierung etwas damit zu tun hatte. Außerdem bringt sie einige Sicherheitsvorkehrungen in Stellung: Jedem der verwegenen "Freiwilligen" wird ein Chip eingesetzt, der bei Zuwiderhandlung drastische Folgen für den Ausreißer hat. "Die Klapperschlange" Snake Plissken lässt grüßen...
Zudem bekommen die Schurken mit Soldat Rick Flag und seinem Bodyguard, der mysteriösen Schwertkämpferin Katana, gleich zwei Wachhunde an die Seite gesetzt - und sollte Flag etwas passieren, verlieren auch alle anderen Mitglieder des Squads den Kopf - wortwörtlich. Als dann früher als erwartet der Ernstfall eintritt, sollen Deadshot (Will Smith), Harley Quinn (Margot Robbie) und Co. ausgerechnet das tun, wofür sie so gar nicht qualifiziert sind: die Welt retten.
Düster oder albern - oder beides?
Im Hause Warner hat man es sich groß auf die Fahnen geschrieben, bei seinen Comic-Umsetzungen einen ungleich düstereren Ansatz als die Konkurrenz von Disney anzustreben. An wem könnte das derzeit besser belegt werden, als am so gerne verspotteten Aquaman, jenem Superhelden mit Ehren-Seepferchen-Abzeichen? Der wird im anstehenden "Justice League"-Streifen schließlich von Jason Momoa aka Khal Drogo aus "Game of Thrones" gemimt - und ihm möchte man nun wirklich nicht beim Nachtschwimmen begegnen.
Im Fall von "Suicide Squad" war es angesichts der schrägen Charaktere (man denke nur kurz an Captain Boomerang, gespielt von Jai Courtney) und der hanebüchenen Grundstory nun nicht möglich, stoisch an dieser Formel festzuhalten - und das ist durchaus gut so. Dem zuweilen pechschwarzen DC-Universum wird mit dem Streifen von "Herz aus Stahl"-Regisseur David Ayer eine neue, humoristische Facette verliehen. Auf der anderen Seite könnte genau das aber auch einige Fans des DC-Universums stören. Mit "Man of Steel" und "Batman v Superman" wurde immerhin ein bierernster Grundton etabliert, in den "Suicide Squad" partout nicht reinpassen kann und will. Bei Schandmaul "Deadpool" fiel das im direkten Vergleich nicht so ins Gewicht, weil Humor auch in den anderen Marvel-Filmen seit jeher eine große Rolle spielt.
Handzahme Schurken
Apropos "Deadpool": Der kam Anfang des Jahres als vulgärer Antiheld daher und eroberte mit viel Witz und noch mehr Gewalt die Herzen der volljährigen Kinogänger. Mit "Suicide Squad" zieht DC nun nach, allerdings derart brav, dass der Film in den USA ab 13 freigegeben wurde - und das in dem prüden Land wohl auch nur wegen der knackigen Kehrseite von Harley Quinn alias Margot Robbie. Zumindest zeigt es: Wirklich so böse, wie es die Figuren nicht müde sind zu betonen, dürfen sie alleine angesichts der Altersfreigabe nicht sein - und das ist ungemein schade. Einzig der Joker (Jared Leto) darf sich als komplett Wahnsinniger durchaus beängstigend in Szene setzten, wirkt bei seinen wenigen Auftritten damit aber fast fehl am Platz im Vergleich zu den handzahmen Recken des "Suicide Squads".
Und noch ein Problem gibt es mit den Antihelden: es sind schlichtweg zu viele. Neun Figuren wollen zu Beginn des Films vorgestellt werden und Ayer macht dies auf die uninspirierteste, aber einzig mögliche Weise - in einer Art Fiesling-Schnelldurchlauf. Jedem der Figuren auch nur ein Grundmaß an Tiefgang zu verleihen ist angesichts der schieren Menge an Charakteren unmöglich. Demensprechend egal sind sie dem Zuschauer dann auch, zumal sie per Definition des "Suicide Squad"-Eignungstests nicht die sympathischsten Zeitgenossen sind.
Der Trailer hätte es auch getan
Nicht das beste aller Zeichen, wenn man aus einem Film kommt und feststellen muss, dass alle denkwürdigen Szenen eines Films bereits im Trailer zu sehen waren. Der größte Schwachpunkt von "Suicide Squad" ist das lieblose Drehbuch. Deadshot und Konsorten müssen im wahrsten Sinne des Wortes gegen gesichtslose Gegner in einem Wust aus computeranimierter Langeweile kämpfen. Selbst so hochbegabten Darstellern wie Will Smith, Jared Leto und Joel Kinnaman schien nach einiger Zeit die Lust vergangen zu sein - einzig Margot Robbie macht ihr Part als Geistesgestörte bis zum Schluss des über zweistündigen Films sichtlich Spaß.
Natürlich muss ein derartiger Film wie "Suicide Squad" keinen Sinn ergeben, darf albern und dämlich sein. Es scheint aber doch so, als würde er den Zuschauer an manchen Stellen regelrecht für dumm verkaufen zu wollen, und das sollte ein Film tunlichst nicht. Etwa, auf welche Weise der (aus Spoiler-Gründen hier nicht genannte) Hauptbösewicht des Films in Erscheinung tritt und auf welche Art er plant, die Welt zu vernichten.
Viel Schatten, wenig Licht
Bleibt also gar nichts Positives hängen? Die bereits angesprochene Margot Robbie geht in ihrer Rolle als Psycho-Braut sichtlich auf und bietet damit nicht nur für die Herren der Schöpfung einen schönen Anblick. Auch Cara Delevingne als düstere Enchantress ist sehenswert, nur ausgerechnet ihren menschlichen Part als Wissenschaftlerin will man dem Topmodel nicht so ganz abkaufen. Und auch wenn er nur für Bruchteile des Films zu sehen ist, aber Ben Affleck als Batman geht immer. Hier der Tipp an alle Kinogänger: sitzen bleiben!
Fazit:
Mit "Suicide Squad" hat Warner eine Comicverfilmung abgeliefert, die wenig richtig und vieles falsch macht. Ein schwaches Drehbuch und die lieblose Story können auch nicht von Superstars wie Will Smith abgefangen werden. Alles in allem hat man den Film schon wieder vergessen, ehe die Tür des Kinos hinter einem ins Schloss gefallen ist. Kleines Trostpflaster für Warner: Seine Kosten von 175 Millionen Dollar wird der Film mit links wieder reinholen, der klasse Werbekampagne und den launigen Trailern sei Dank. Nur der Film selbst hält eben leider nicht, was er im Vorfeld versprochen hat.