Abor & Tynna: Das sind die deutschen ESC-Kandidaten aus Wien

Es lief in den vergangenen Jahren nicht besonders gut für Deutschland beim Eurovision Contest. Der Jubelschrei war bereits groß, wenn der deutsche Act im Mittelfeld landete, "12 Points for Germany", davon konnte hierzulande nur geträumt werden. Dieses Jahr aber, bei der 69. Ausgabe des ESC, ist neues Selbstbewusstsein angesagt. Mehr noch, nach den Sternen will Deutschland sogar wieder greifen. Und ausgerechnet diese beiden, das Geschwister-Duo Abor & Tynna aus Wien, sollen es richten. Eine bemerkenswerte Konstellation: Zwei Österreicher mit Wurzeln in Ungarn und Rumänien fahren in die Schweiz mit dem Auftrag, Deutschland wieder in den ESC-Olymp zu hieven.
Warum aber auch nicht: Der Beitragssong des Duos, "Baller", ist immerhin modern, poppig flott, geht ins Ohr ("Balalala") und hat damit das Potenzial, auf der ESC-Bühne eine spektakuläre Show zu entfesseln. Dazu kommt, dass den Geschwistern, die mit bürgerlichem Namen Attila (Abor) und Tünde (Tynne) Bornemisza heißen, die Musik in die Wiege gelegt wurde. Von ihrem Vater Csaba Bornemisza vor allem, der seit mehr als 30 Jahren als Cellist bei den Wiener Philharmonikern spielt. Das Erbe haben die Kinder angenommen, darunter auch der dritte Sprössling, eine jüngere Schwester. "Wir musizieren zusammen, seit wir kleine Kinder sind", sagt Tünde. Und das nicht gerade auf Laien-Niveau, die Geschwister erhielten klassischen Unterricht: Abor lernte Cello, Tynna Querflöte und die kleinere Schwester Geige.
Was macht ihre Musik aus?
Als Abor & Tynna setzen Attila und Tünde aber weniger auf klassische Musik - von Attilas Cello-Einlagen auf der Bühne einmal abgesehen. Lieber wollen sie mit einem "Antiserum aus coolem Elektro- und unartigem Disco-Pop ungestüme Haken" schlagen, wie es auf ihrer Homepage heißt. Die Rollen in ihrem Projekt sind dabei klar verteilt. "Abor ist in erster Linie für Beats und Arrangement zuständig und ich für Lyrics, Vocals und Inspiration", sagt Tynna. Wenn auch die Grenzen "fließend" seien, fügt die 24-Jährige hinzu. So fließend, dass ihre Musik gelegentlich seltsame Gefilde erreicht. Durch den Gesang Tynnas, sagte Stefan Raab einmal, der die beiden in Basel zum Sieg verhelfen will, klinge "Abor & Tynna" wie "ein weiblicher Udo Lindenberg". Was kann da noch schiefgehen?
In der Musikbranche hatten die beiden schon etwas Fuß gefasst, ehe sie sich beim deutschen Vorentscheid für den ESC qualifizierten. 2016 schon entstanden ihre ersten Songs. Irgendwann veröffentlichte ihre Mutter ein Lied im Internet. Daraufhin meldete sich ein Produzent, der die Geschwister ins Studio einlud, dann rief ein Plattenlabel an. Aller Anfang war leicht.
Mittlerweile sollen Abor und Tynna bereits mehr als 60 Lieder in Petto haben. Einige davon befinden sich auf ihrem Debütalbum "Bittersüß", das im März dieses Jahres erschienen ist. Darunter auch "Baller", ein flotter Disco-Elektro-Song, wie gesagt, der aber einen traurigen Hintergrund hat. Es sei ein "Trennungssong", offenbarte Tünde der "Bild"-Zeitung, den sie und ihr Bruder nach ihrer, Tündes, gescheiterten Beziehung geschrieben hätten.
Wer sind Attila und Tünde?
Ja, tatsächlich, Abor und Tynna, die ESC-Kandidaten, sind auch Menschen, Attila und Tünde. Das mag bei all dem Rummel um die beiden Musiker schon mal in Vergessenheit geraten. Tünde lebt mittlerweile wieder in einer Beziehung. Und Attila? Er, der zwei Jahre ältere ist der Ruhigere, der sich lieber im Hintergrund aufhält und seiner Schwester den Vortritt lässt. Es ist eine Dynamik vergleichbar mit einem anderen Erfolgsduo in der aktuellen Musikszene. Mit Billie Eilish, der unter dem Blitzlichtgewitter stehenden Sängerin, und Finneas O'Connell, ihrem Bruder aus der zweiten Reihe, der als Produzent aber wesentlich an ihrer Musik mitwirkt. Wollte man die Funktionen von Abor und Tynna auf einen Satz herunterbrechen, er lautete: Sie ist die Sängerin, er der Produzent.
Dem Hype um ihre Personen stehen beide unaufgeregt gegenüber, so unmöglich das auch scheinen mag. "Es gab nie einen Plan, keine große Aufregung - außer vielleicht als das Label anrief", sagte Tynna. "Aber auch das gehen wir entspannt an." Und wie halten sie es mit dem Druck, beim Eurovision Song Contest anzutreten? Mit der Erwartung, ein ganzes Land, das nicht einmal ihre Heimat ist, aus der ESC-Starre zu holen? Mit der Kritik auch und dem ganzen Hass, den ihnen im Netz hie und da entgegengeschleudert wird? "Wir nehmen uns das auch nicht so zu Herzen", so Tynna in einer RTL-Sendung. "Wir fühlen uns geehrt und freuen uns auf diesen Auftritt - und lassen uns das auch nicht so leicht verderben."