Islamwissenschaftler bei Miosga: Das iranische Regime "kann sich nur selbst stürzen"

Die Nachricht schockierte die Welt: Am Freitagmorgen greift Israel den Iran mit 200 Kampfflugzeugen an. Dabei kommen mehrere hochrangige iranische Militärs ums Leben, so auch einige wichtige Atomwissenschaftler. Getroffen wird vor allem das Atomprogramm des Iran, dessen Forschungseinrichtungen jedoch tief in der Erde und unter Felsen liegen. Zerstört wurde offenbar wenig. Der Iran verübt Rache, beschießt Tel Aviv, und manche Rakete dringt durch den Abwehrschirm der Israelis. Eine trifft ein Haus im Süden von Tel Aviv, berichtet Sophie von der Tann, Israelkorrespondentin der ARD.
Die ist am Sonntagabend zu Gast bei "Caren Miosga" im Ersten, gemeinsam mit zwei anderen Journalisten und einem Islamwissenschaftler. Politiker wohnen der Sendung diesmal nicht bei. Die Expertinnen und Experten diskutieren dafür tatsächlich über das Thema, um abzuschweifen. Und die Menschen haben Fragen: Wird das Benzin jetzt teurer? Kann ich mir meine geplante Flugreise noch leisten? Wie werden jetzt jüdische und muslimische Einrichtungen geschützt? Und genau diese Fragen werden nicht beantwortet.
Mutmaßungen und Spekulationen
Die Aussagen der Gäste halten sich zumeist sehr vage. Sophie von der Tann etwa erzählt diese Geschichte: Da sei also dieses Haus, das von einer Rakete getroffen worden sei. Und gerade, als das ARD-Team dort aufgetaucht sei, sei es auf einen Mann getroffen, der seinen Freund gesucht habe. Der sei im Bunker im Keller des Hauses gewesen. Und gerade, als er sein Handy holen wollte, sei die Rakete in das Haus gekracht. Nun habe der Mann Angst gehabt, dass sein Freund tot sei. Und plötzlich habe man eine Leiche aus dem Haus getragen. "Das war dann wohl der Freund", mutmaßt von der Tann. Ob das aber nun Fakt war? Immerhin hätte der Mensch, der aus dem Haus getragen wurde, ja auch schwer verletzt sein oder mit der ganzen Geschichte überhaupt nichts zu tun haben können.
CNN-Reporter Fred Pleitgen erklärt später, wie es zu dem Hauseinsturz gekommen sein könnte: "Man muss natürlich sagen, dass die Raketen immer noch gefährlich sind. Ich war mal bei den Revolutionsgarden und habe die Raketen gesehen, und die haben teilweise Sprengköpfe von 750 Kilogramm. Und das legt dann ein Haus in Schutt und Asche." Iran sei Israel technisch unterlegen, aber trotzdem eine gefährliche Streitmacht. "Ich glaube, dass die Iraner nach dem Anfangs-Schock, den sie erlitten haben, jetzt langsam wieder Tritt fassen, und dass man deshalb auch jetzt mehr von diesen Luftangriffen sieht."
Wladimir Putin als Friedensbringer?
Die WDR-Journalistin Isabel Schayani hat iranische Wurzeln, kennt auch einige Leute im Iran. Und die hätten ihr gesagt, sie seien glücklich über den Angriff der Israelis, weil der das Mullah-Regime in Teheran in Bedrängnis bringen könne. Diese Freude sei aber auch an die inzwischen zerplatzte Illusion gekoppelt gewesen, dass Israel nur militärische Ziele angreifen würde. Schayani glaubt auch, dass der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die präzise Bombardierung des Atomprogramms im Iran einfach so von heute auf morgen befehlen konnte, um von seinen Menschenrechtsverletzungen im Gaza-Streifen abzulenken.
Das wollen Fred Pleitgen und Islamwissenschaftler Guido Steinberg so nicht stehen lassen. Nein, das sei alles schon lange vorbereitet gewesen und mit dem Gaza-Konflikt habe das nichts zu tun. Aber mit den Atomverhandlungen, die die USA seit zwei Monaten wieder mit dem Iran geführt hatten. Israel sei dagegen, glaubt Steinberg. "Aber wir sollten nicht ausschließen, dass es wieder zu Verhandlungen kommt, weil die Regierung Trump diese Verhandlungen will." Das iranische Regime zum Fall bringen, würden diese Angriffe genauso wenig wie die landesweiten Demonstrationen, die immer wieder in den Großstädten aufflammen, führt er außerdem aus: "Das Regime kann sich nur selbst stürzen." Erst, wenn es Brüche im eigenen Machtapparat gebe, wäre die Regierung in Teheran wirklich gefährdet.
Dann bringt Caren Miosga eine neue Information in die Runde: Trump habe vorgeschlagen, der russische Präsident Wladimir Putin solle jetzt für einen Frieden sorgen. Pleitgen und Steinberg, die die Sendung dominieren, vermuten gefühlt drei Minuten, wieso gerade Putin als Friedensengel in Frage komme: Er habe bessere Beziehungen zum Iran als andere. Am Ende fragt Miosga dann, wann denn nun mit Friedensverhandlungen zu rechnen sei. CNN-Journalist Pleitgen mutmaßt, in zwei bis drei Wochen würden die amerikanisch-iranischen Atomgespräche fortgesetzt. Und Steinberg fügt hinzu, dass dann auch die Friedensgespräche beginnen würden. Als die Sendung vorbei ist, haben die Zuschauerinnen und Zuschauer viele Mutmaßungen und Spekulationen gehört - etwas Neues gelernt jedoch haben sie nicht.