Das sind die "Momo"-Stars von damals und heute

Das sind die "Momo"-Stars von damals und heute

Ein Charakter, zwei Gesichter: Nach "Momo" aus dem Jahr 1986 wurde Michael Endes gleichnamiger Kinderbuch-Klassiker nun abermals verfilmt. In die Fußstapfen von Radost Bokel (links) in der Titelrolle ist nun Neuentdeckung Alexa Goodall (rechts) geschlüpft. Zum Kinostart von "Momo" diese Woche stellen wir neben diesen beiden auch die anderen Darstellerinnen und Darsteller beider Filmfassungen gegenüber.

Kleines Mädchen, ganz groß. Momo (Radost Bokel) ist ein lockenköpfiges Waisenmädchen, das eines Tages in nicht näher bezeichneten südeuropäischen Stadt einem Amphitheater auftaucht. Es ist ein neugieriges Kind, das seinen Mitmenschen zuhört und ihnen also seine Zeit schenkt. Überhaupt die Zeit - dieses kostbare Gut des Menschen ist in großer Gefahr in Michael Endes Kinderbuch "Momo" (1973) wie auch in Johannes Schaafs gleichnamiger Verfilmung von 1986.

Radost Bokel nahm nach ihrem Schauspieldebüt in "Momo" immer wieder Rollen in Film und Fernsehen an ("Klinik unter Palmen", "Der Staatsanwalt"), an den Erfolg der Märchenverfilmung konnte sie aber nicht mehr anknüpfen. 2012 ging Bokel unter die Reality-Stars. Ihr Ausflug ins Dschungelcamp von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" endete mit Platz sieben. Enttäuschend verlief dagegen 2023 ihre Teilnahme bei "First Dates", wo der Funke nicht überspringen wollte.

Neuer "Momo"-Film, neue Darstellerin, gleicher Lockenkopf: Regisseur und Drehbuchautor Christian Ditter ("Vorstadtkrokodile") hat den mit dem Deutschen Jugendbuchpreis prämierte Roman von Michael Ende neu interpretiert. Das heißt auch: Momo und Co. sind in der digital-technischen Wirklichkeit des 21. Jahrhudnerts angekommen. Das gilt auch für die Poesie des Originalfilms, die sei in der Neuauflage völlig abhandengekommen, bemängeln die Kritiker.

Alexa Goodall ist eine Neuentdeckung, aber kein Neuling in der Film- und Fernsehbranche. Vor ihrer Rolle als Momo war die britische Schauspielerin an der Seite von Ewan McGregor in der Miniserie "Ein Gentleman in Moskau" (2016) zu sehen. Weitere Rollen spielte die 13-Jährige in den Serien "The Long Shadow" und "Die Stunde des Teufels".

Unter den Menschen findet das rätselhafte Mädchen Momo, das mit einer übernatürlichen Macht im Bund steht, viele Freunde. Dazu zählt auch der Straßenkehrer Beppo (Leopoldo Trieste, Mitte), ein alter Kauz, der nicht nur viel Geduld mitbringt, sondern auch viel Zeit zur Verfügung hat. Ein perfektes Opfer für die zeit-gierigen grauen Herren.

Ein großer Schauspieler des italienischen Kinos, dem es nicht vergönnt war, in die erste Reihe vorzupreschen. Leopoldo Trieste drehte Filme mit den bekanntesten Regisseuren seiner Heimat, allen voran Federico Fellini ("Die Müßiggänger") und Pietro Germi ("Scheidung auf Italienisch"), wirkte in mehreren internationalen Produktionen mit ("Caligula", Bild) und schaffte sogar den Sprung nach Hollywood ("Der Pate - Teil II").

Beppo Straßenkehrer bleibt Beppo Straßenkehrer, doch in die Schuhe vom Leopoldo Trieste ist der dänische Film- und Theaterschauspieler Kim Bodnia (Bild) geschlüpft. Promiment besetzt ist also auch "Momo" 2.0 - manchen Neuentdeckungen zum Trotz. Denn wer kennt den bedeutenden Schauspieler Bodnia nicht?

Nach mehreren Theaterrollen erlangte Kim Bodnia internationale Bekanntheit mit Ole Bornedals Thriller "Nightwatch". Für Aufsehen sorgte die dänische Schauspielgröße auch mit Nicolas Winding Refns Gangsterfilm "Pusher" und der ebenso zum Kultfilm avancierten Action-Komödie "In China essen sie Hunde". Zuletzt war Bodnia, der auch als Drehbuchautor arbeitet ("The Good Cop"), neben Brad Pitt im Rennsport-Drama "F1" im Kino zu sehen.

Noch ein guter Freund von Lockenkopf Momo. Nicola (Mario Adorf) ist ein gutmütiger Mann, der stolz auf seine Arbeit als Maurer ist. Für Momo baut er einen Ofen. Doch auch seiner Zeit werden die grauen Heren eines Tages habhaft. Für Momo hat er deshalb keine Zeit mehr, weil er in einem Neubauviertel an seelenlosen Häusern arbeiten muss. In der Neuverfilmung existiert die Figur nicht.

Bei ihm gibt es keine Übertreibungen. Mario Adorf ist ein Gigant seiner Schauspielkunst. Ob als finsterer Halunke Santer in "Winnetou", als Mörder in "Nachts, wenn der Teufel kam" oder in Klassikern wie "Die Blechtrommel": Adorf prägte die deutsche Film- und Fernsehlandschaft über Jahrzehnte. Bei einer Abstimmung des Portals "t-online" 2020 über den größten deutschen Schauspielstar landete er auf Platz eins - zu Recht.

Auch mit Girolamo, genannt Gigi (Bruno Stori), freundet sich Momo an. Gigi übt mehrere Berufe aus. Er ist Fremdenführer, Parkwächter, Trauzeuge, Hundespazierenführer, Katzenfutterverkäufer Liebesbriefträger, Beerdigungsteilnehmer und vieles mehr. Vor allem ist der Mann mit dem losen Mundwerk ein begnadeter Geschichtenerzähler - ein Talent, das ihm durch die grauen Herren eines Tages abhandenkommt.

Völlig verwandelt im neuen "Momo"-Film ist die Figur des Gigi Fremdenführers. Sie heißt nicht nur anders, nämlich Gino (warum eigentlich?). Sondern wird auch von einer Person of Color verkörpert, dem britischen Schauspieler Araloyin Oshunremi. Dazu Regisseur Ditter: "Wir wollten die Geschichte auch einem internationalen Publikum zugänglich machen - mit einem diversen Cast, der verschiedeneethnische Hintergründe, Hautfarben und Lebensrealitäten repräsentiert."

Erfahrung für die Rolle des Gino brachte auch Araloyin Oshunremi mit. Der britische Schauspieler mit nigerianischen Wurzeln ist aus den ersten drei Staffeln der Netflix-Serie "Top Boy" bekannt. Im Kino war der 21-Jährige zuletzt im Drama "Silver Haze" zu sehen. In "Steve" spielt er an der Seite von Oscar-Preisträger Cillian Murphy. Die Tragikomödie feierte im September dieses Jahres beim Toronto International Film Festival Weltpremiere.

Momo (1986) - Anführer der grauen Herren

Und das ist der Anführer der grauen Herren (Armin Mueller-Stahl, rechts). Die grauen Herren sind Agenten der "Zeitsparkasse" und rauchen unentwegt Zigarren, über die sie die Zeit, ihr Lebenselixier, der Menschen inhalieren. Die Zeit zweigen sie von den Menschen ab, indem sie sie davon überzeugen, sie für später aufzusparen. Deshalb haben die Menschen kaum Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens.

Auch er ein ganz Großer des deutschen Films: Die Arbeit des Armin Mueller-Stahls umspannt Zeiten und Welten. Schon in den 1960ern drehte er Filme, etwa den Klassiker "Nackt unter Wölfen" (1963). Nach der Übersiedlung in die BRD arbeitete er mit Fassbinder zusammen ("Lola", 1981). Und: Stahl schaffte den Sprung nach Hollywood, wo er unter anderem "Das Geisterhaus" (1993) und "Tödliche Versprechen" (2007) machte und für "Shine - Der Weg ins Licht" (1996) sogar eine Oscar-Nominierung erhielt.

Der Anführer der in "Momo"-2025 genannten Greys, die hier nicht mehr nur aus grauen Männern, sondern auch aus grauen Frauen bestehen: John Richter (Claes Bang) ist Chef des Riesenkonzerns Grey Corporation und hat es besonders auf Momo abgeshen, die mit ihrer Gabe des Zuhörens und des Einfühlens in die Sorgen und Nöte der Menschen seine finsteren Pläne zu vereiteln droht.

Auch Claes Bang begann seine Schauspielkarriere auf der Bühne, die ihn von seiner Heimat Dänemark über Deutschland nach Großbritannien führte. International tätig und nicht weniger erfolgreich ist er auch als Filmschauspieler. Für seine Hauptrolle in der Tragikomödie "The Square" (2017) erhielt Bang den Europäischen Filmpreis. Denkwürdig auch seine Leistung in Robert Eggers bildgewaltigem Mittelalter-Epos "The Northman" (2022).

Auf der Flucht vor den grauen Herren findet Momo Unterschlupf bei Meister Hora (John Huston). Sein voller, lateinischer Name lautet Secundus Minutius Hora und heißt auf Deutsch: Sekunden Minuten Stunden. Hora ist der Verwalter und der Hüter der Zeit. Selbst außerhalb der Zeit im Nirgendhaus lebend, teilt er den Menschen die Zeit zu ihrer Verfügung aus.

Als Autorenfilmer verkannt, gehört John Huston dennoch zu den bedeutendsten Regisseuren Hollywoods. Die Bandbreite seines beeindruckenden Schaffens reicht vom Film-Noir-Klassikern wie "Die Spur des Falken" bis hin zur kongenialen Klassiker-Verilmung "Moby Dick". Unvergesslich auch sein Abschiedsfilm, "The Dead - Die Toten" nach James Joyce' gleichnamiger Erzählung. Hin und wieder zeigte er auch sein Können als Schauspieler, wie in Roman Polanskis Meisterwerk "Chinatown".

Dem Hüter der Zeit gibt im neuen "Momo"-Film der britische Schauspieler Martin Freeman ein neues Angesicht. Ansonsten bleibt die Neuinterpretation bei diesem Motiv dem Buch und dem Vorgängerfilm treu: Meister Secundus Minutius Hora bleibt im Nirgendhaus außerhalb der Zeit beheimatet. Zu erreichen ist dieses Haus über die Niemalsgasse, die man rückwärts und sich langsam bewegend zu überqueren hat.

Martin Freeman hatte genaue Vorstellungen, wie er als Meister Hora aussehen sollte: nicht wie der alte, bärtige Gandalf in den "Herr der Ringe"-Filmen. Mit einer anderen Figur aus J.R.R. Tolkiens Mittelerde-Kosmos, Bilbo Beutlin, in Peter Jackson "Hobbit"-Trilogie wurde der britische Schauspieler weltberühmt. Außerdem war er in der Kultserie "Sherlock" und Kinoerfolgen wie "Tatsächlich... Liebe", "Per Anhalter durch die Galaxis" und "Black Panther" zu sehen.

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