Rentnerin Vanessa muss mit 85 noch arbeiten: "Wie wird es werden, wenn ich nicht mehr kann?"

Vanessa atmet schwer, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt und die Treppen zu ihrer Wohnung im siebten Stock hinaufgeht. Die 85-Jährige ist eigentlich schon in Rente, doch sie arbeitet weiter, macht Fußpflege oder wird für Sitztanzen im Seniorenheim gebucht. Ohne das zusätzliche Geld würde sie nicht über die Runden kommen.
"Ich bin sparsam, aber das Geld würde nie langen", erklärt sie in der ZDF-Dokumentation "37°: Rente? Reicht nicht!". Im Monat hat sie 1.400 Euro zur Verfügung, nach Abzug aller Fixkosten bleiben Vanessa 400 Euro. "Mit der Rente, das klappt nicht ganz", sagt die 85-Jährige.
So wie Vanessa geht es vielen Rentnern und Rentnerinnen, wobei vor allem letztere durch Altersarmut gefährdet sind. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl derer, die trotz Ruhestand arbeiten auf knapp 1,5 Millionen gewachsen, ein Anstieg von 25 Prozent. Gleichzeitig ist mittlerweile etwa ein Viertel der Kundschaft der deutschen Tafeln im Rentenalter.
"Das Geld reicht gerade einmal drei Viertel des Monats"
Eine von ihnen ist die 75-jährige Angelika. Sie hilft ehrenamtlich bei der Tafel und kann dafür Lebensmittel günstiger mitnehmen, denn auch sie müsse "knapsen", erklärt sie. "Das Geld reicht gerade einmal drei Viertel des Monats". Angelika bekommt netto 870 Euro Rente und verdient sich auf Minijobbasis im Supermarkt 500 Euro dazu, obwohl es sie körperlich stark belastet. Zwar ist sie auf der Such nach einem neuen Job, doch aufgrund ihres Alters erhalte sie oftmals Absagen, erzählt sie.
Sowohl Vanessa als auch Angelika haben sich lange um ihre Kinder gekümmert und deshalb weniger in die Rentenkasse eingezahlt. Außerdem sind beide geschieden und können nicht auf die Unterstützung eines Partners zählen. "Ich hatte zwar einen reichen Mann, aber der war geizig", sagt Angelika und lacht, "und das ist schlecht."
Ihre Tochter kann Angelika finanziell gerade nicht unterstützen, Vanessa will im Moment keine Hilfe von ihrer Familie annehmen. "Ich möchte lange selbstständig bleiben und Geld annehmen, das wird jede Oma verstehen, das macht keiner gerne."
"Hätte ich nie gedacht": Vollzeit mit 71 Jahren
Der 71-jährige Emi war lange Zeit selbstständig und hat gar nicht in die Rentenkasse einbezahlt, "ein Fehler", wie er selber zugibt. Trotz seines Alters muss er in Vollzeit arbeiten, denn seine Rücklagen waren nach einem Bandscheibenvorfall irgendwann aufgebraucht. "Eines Tages habe ich gerechnet 'Nein, so geht das nicht weiter, du hast fast keine Rente' - ich habe nur 100 Euro Rente", sagt er.
Deshalb arbeitet Emi jetzt als Deutschlehrer und verdient dabei 3.200 Euro brutto. "Hätte ich auch mit 40 Jahren nie gedacht, dass es so weit kommt, dass ich mit 70 arbeiten muss und als Lehrer", sagt der 71-Jährige. "Es ist halt so, das ist das Leben." Trotzdem ist Emi zufrieden mit seinem Job: "Viele Leute meinen, im Alter arbeiten, das ist hart. Diese Erfahrung habe ich zum Glück nicht gemacht."
"Ich bin voller Energie und Erwartung"
Vanessa und Angelika haben nicht so viel Glück. Wenn bei Vanessa Kundschaft und Aufträge ausbleiben, hat sie Ende des Monats kein Geld mehr; Angelika muss ihren Job im Supermarkt aufgeben, sie habe pausieren müssen, erklärt sie. Dennoch versuchen die beiden Rentnerinnen positiv in die Zukunft zu blicken. "Ich bin voller Energie und Erwartung", sagt Angelika selbstbewusst.
Trotz aller Strapazen hat die Arbeit etwas Positives für Vanessa, "weil ich gerne mit Leuten zusammen bin", erklärt sie. Die Angst kann sie trotzdem nicht abschütteln: "Wie wird es werden, wenn ich es nicht mehr kann?"
"37°: Rente? Reicht nicht!" ist am Dienstag, 3. Juni, 22.15 Uhr, im ZDF zu sehen und schon vorab in der ZDF-Mediathek.