Horst Seehofer: Respekt, von Berlin direkt nach München zur Party!

Schlaflos in München! Das muss man ihm lassen, Horst Seehofer ließ die zahlreichen Ehrenamtlichen, Kardinal Marx, Christine Neubauer und Co. nicht im Stich. Nach den Verhandlungen in Berlin reiste er umgehend zurück nach München zum Neujahrsempfang.
Es war schon eine beeindruckende Leistung: Ministerpräsident Horst Seehofer (68) jettete nach den 24-stündigen Sondierungsgesprächen in Berlin umgehend zurück nach München, um dort am Freitagabend zum wohl letzten Mal den lange geplanten, jährlichen "Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten" im Kaisersaal der prunkvollen Münchner Residenz am Odeonsplatz zu eröffnen. Einige hatten etwas gezweifelt, doch er kam tatsächlich und wirkte nicht gestresst, sondern etwas müde, ziemlich entspannt und glücklich. Die Nachrichtenagentur spot on news war vor Ort.
Die Ansprache
"Ich freue mich zu allererst, dass Sie in so übergroßer Zahl gekommen sind. Heute muss ich sagen: Ich freue mich aber auch über mich, dass ich nach 24 Stunden, ohne auch nur eine Minute eingenickt zu sein, geschweige denn geschlafen zu haben, hier sein kann", begrüßte Seehofer seine Gäste. "Ich freue mich sehr, dass wir diesen Neujahrsempfang nicht absagen mussten", sagte er im Hinblick auf die erst tagsüber zu Ende gegangenen Sondierungsgespräche in der Hauptstadt.
Die Verhandlungen unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (63) hatten sieben Tage am Stück gedauert. In Anspielung darauf kam ihm dann sogar sowas wie ein Kompliment über die Lippen: "Sie glauben gar nicht, wie es ist, jeden Tag rund um die Uhr neben Angela Merkel zu sitzen! Jedenfalls verliert man alle Eigenschaften eines bayerischen Löwen. Man wird weich und ist dann wirklich froh, wenn man wieder bayerischen Boden betritt, zur Resozialisierung dieser Fähigkeiten", scherzte er zur Freude des Publikums.
Dass dieser wohl sein letzter Neujahrsempfang als Ministerpräsident war, ließ er ebenfalls nicht unkommentiert: "Ich bin ein bisschen wehmütig in diesen Tagen, letzten Endes überwiegt aber die Dankbarkeit. Die Dankbarkeit als Sohn eines Bauarbeiters, als Sohn einer kinderreichen Familie [vier Kinder, Anm.d.R.] an die Spitze des Freistaates Bayern rücken zu dürfen." Ihm sei aber auch klar, dass die Dinge im Leben endlich seien und der Wandel zur Demokratie dazugehöre.
Über das Amt, das er seit Oktober 2008 innehat, sagte er: "Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Ich war zu jeder Stunde und jeder Minute hochmotiviert in dem schönsten Amt, das wir auf dieser Erde zu vergeben haben - abgesehen vom Papst." Einen kleinen Seitenhieb an seinen wahrscheinlichen Nachfolger, den designierten Ministerpräsident Marcus Söder (51), verkniff er sich dabei auch nicht: "Ich werde mein Amt abgeben als Ministerpräsident - ich füge jetzt keinen Zeitrahmen hinzu. Ich möchte für alle Beteiligten einen schönen Abend."
Wie schafft man das körperlich?
Doch wie schafft man es, so lange wach zu sein und dann noch eine Rede weitestgehend frei zu halten? spot on news hat bei denen nachgefragt, die sowas vielleicht auch schon erlebt haben.
"Das kenne ich auch, wenn es bei Theaterproben in den Endspurt geht oder bei Filmdrehs", bestätigte die vielfach ausgezeichnete Münchner Schauspielerin Christine Neubauer (55, "Löwengrube"), die zusammen mit ihrem Liebsten, Fotograf José Campos, an der Veranstaltung teilnahm. "Also Augen auf bei der Berufswahl!", scherzte sie weiter. Grundsätzlich seien es "Erfahrung, Wille und Leidenschaft", die bei so einer anstrengenden Leistung helfen würden und "wenn es einem immer noch Spaß macht, dann bleibt man auf".
Heinrich Bedford-Strohm (57), Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, kennt solche Schlafmangel-Phasen ebenfalls. Sein Trick: "Bei mir ist es so - und ich denke, bei ihm [Seehofer] ist es ähnlich -, dass durch die spannenden Begegnungen und die Notwendigkeit, Dinge zu schaffen, viel Kraft und Energie mobilisiert werden kann. Und dann braucht man halt immer wieder auch Phasen, wo man sich erholen kann. Und die wird sich der Ministerpräsident dann hoffentlich auch holen."
Sowas wie Abschiedsgrüße
"Wirklich alles Gute", wünscht Christine Neubauer dem scheidenden Ministerpräsidenten. "Er hat wirklich das Schönste erlebt, wie er ja selbst gesagt hat. Und jetzt wünsche ich ihm, dass er mit seinem weiteren Weg genauso glücklich und zufrieden ist." Und der EKD-Ratsvorsitzender Bedford-Strohm? "Nach diesem anstrengenden Tag, der hinter ihm liegt, wünsche ich ihm nun zuerst mal, dass er ausschlafen und neue Kraft schöpfen kann. Und ich wünsche ihm wie allen anderen auch Gottes Segen für dieses Jahr, dass immer wieder die Kraftquellen da sind, die man braucht, um sich für das Gemeinwohl einzusetzen."
Kardinal Reinhard Marx (64) erinnerte sich an die "positive" gemeinsame Zeit. "Wir waren immer gern zusammen", dennoch sei "noch nicht die Zeit gekommen, große Abschiedsreden anzustimmen", fand er. Die Frage, ob er glaube, dass Seehofer jetzt traurig sei, beantwortete der katholische Würdenträger mit den Worten: "Alles hat seine Zeit. Das ist bei mir so, das ist bei ihm so. Ich glaube, er ist ein nüchterner, vernünftiger Mann, der das gut einschätzen kann - und sein politisches Wirken ist ja nicht zu Ende."
Serenade im Fackelschein
Im Anschluss an die Ansprache gab es Speis, Trank und gute Gespräche. Zum Abschluss des offiziellen Teils lauschten die Gäste im Fackelschein der feierlichen Serenade des Polizeiorchesters Bayern im Kaiserhof der Residenz. Danach entschwand zumindest Horst Seehofer in seiner schwarzen Limousine in die Nacht...