Steffi von Wolff: "Frauen brauchen kein Vorspiel und keine Pornos mit Handlung"

Warum gehen Männer in den Puff, wie geht es in einem Swingerclub zu und wer trifft sich auf Parkplätzen heimlich zum Sex? Diesen Fragen ist Steffi von Wolff nachgegangen. Ihre Antworten gibt es jetzt in ihrem Buch "Mundgeblasen". Im Interview verrät die 48-Jährige, warum Handlungen in Pornos überflüssig sind und was das Vorspiel mit Spinat zu tun hat.
Sie war in einem Swingerclub, bei einer Domina, im Puff und auf einem zum Sextreff umfunktionierten Parkplatz: Was die Autorin Steffi von Wolff (48) dabei erlebt hat, erzählt sie mit viel Humor in ihrem Buch "Mundgeblasen: Die nackte Wahrheit über echten Sex" (Fischer Taschenbuch, 240 Seiten, 8,99 Euro). Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verrät die 48-Jährige, warum Ehemänner in den Puff gehen und warum Frauen weder Pornos mit Handlung noch ein Vorspiel brauchen.
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Sie sprechen über Sex wie andere Leute über das Wetter. Ist es das Ziel Ihres Buches, das anderen Menschen näherzubringen?
Steffi von Wolff: Ja, das ist mein Grundziel. An vielen Sex-Ratgebern oder TV-Sendungen darüber sieht man, wie antiquiert die Leute noch denken - trotz Internet. Es ist weiterhin ein Tabu-Thema. Jeder redet über Alkoholsucht oder das Kinderkriegen, diese Themen sind "normal", auch wenn gerade das Thema Kinderkriegen ja zwangsläufig was mit Sex zu tun hat. Und Sex ist auch normal, trotzdem sprechen die wenigsten darüber. Und wenn, hat es oft ein bisschen was Verruchtes an sich. Wobei da auch Besserung in Sicht ist - spätestens nach der Lektüre meines Buchs.
Woran liegt es, dass auch im 21. Jahrhundert viele Menschen nicht offen über Sex reden können?
von Wolff: Wir brauchen mindestens noch eine Generation, um das zu ändern. Viel liegt meiner Meinung nach an der katholischen Kirche. Das Zölibat zum Beispiel ist unmenschlich und ungesund. Ich halte die Einstellung der katholischen Kirche für so was von antiquiert und schlichtweg überflüssig.
Gab es aus Ihrem Umfeld schon mal negative Reaktionen, weil Sie das Thema so offen angehen?
von Wolff: Nein, überhaupt nicht. Sogar meine Schwiegermutter hat mir zu meinem Buch gratuliert. Lesen will sie es aber dann doch nicht. Allerdings ist sie auch schon 84.
Sie waren in einem Puff, im Swingerclub und sogar auf einem Parkplatz, der als Sextreff herhielt. Was hat Sie bei Ihren Recherchen am meisten überrascht?
von Wolff: Die geballte Freizügigkeit. Die Menschen, die in Swingerclubs oder auf solchen Parkplätzen zusammen kommen, wollen alle nur das eine. Das ist dort so normal, dass ich mich schon gewundert habe. Die sitzen beispielsweise im Swingerclub am Büfett - das ist da ganz wichtig - und es laufen Gespräche ab wie: "Wenn du deinen Salat fertig hast, wollen wir dann ficken?" Dieses Normale, das ich eigentlich ja will, hat mich erschrocken.
Und dass der Angestellte eines Sexshops über seine Ware nur als "Hilfsmittel" gesprochen hat, scheint Sie auch ziemlich überrascht zu haben...
von Wolff: Das war unglaublich! Der Typ war so ein tätowierter Schlächter, vor dem ich in einer anderen Situation vielleicht sogar Angst gehabt hätte. Als ich reingestürmt kam und mein Anliegen vorgebracht habe, war der aber völlig irritiert und ist richtig nach hinten zurückgewichen. Als ich ihn gefragt habe, was er beispielsweise zu Liebeskugeln sagt, hat er nur gewimmert: "Das sind Hilfsmittel." Der war völlig fertig.
In Ihrem Buch erzählen Prostituierte, warum so viele Ehemänner zu ihnen kommen. Hört sich an, als trieben die Ehefrauen ihre Männer buchstäblich dahin...
von Wolff: Das machen auch viele. Dabei sind viele Männer so einfach gestrickt: Bring einem Mann ein Bier, mach ihm eine Bratwurst und lass ihn Fußball oder Formel 1 kucken. Und schon hast du einen glücklichen Menschen zu Hause, dessen Augen vor Freude leuchten. Das ist doch schön! Und Männer brauchen auch Bestätigung. Wir Frauen tun uns doch nicht weh, wenn wir sie ein bisschen loben. Und schon mal drüber nachgedacht, ob es vielleicht tatsächlich vieles gibt, was wir gut an ihnen finden? Aber viele dieser Zicken, die hier auch in Hamburg-Eppendorf um mich herum leben, sind verbitterte Weiber, die keine Probleme haben, sich selbst aber welche basteln und nur am Meckern sind. Wenn die sich über ihre Männer unterhalten, jammern sie immer nur, dass die zu viel arbeiten, nicht zuhören und sich nicht um die Kinder kümmern. Und ich denke mir nur: Klar, wenn er das Geld heimbringt, soll sie doch mit den Kleinen auf den Spielplatz gehen und die Klappe halten - und ihrem Mann mal sagen, dass es toll ist, dass er so viel Geld verdient und für sie sorgt. Dann hört er ihr vielleicht auch mal wieder zu. Und hier verstehe ich, dass die Männer dann in den Puff gehen. Diese Frauen denken ja irrtümlich, wenn sie zweimal dem Beischlaf gefrönt und zwei Kinder bekommen haben, ist ihre Pflicht erfüllt. Im Puff bekommen die Männer wenigstens mal zu hören, was für geile Kerle sie sind. Die werden beim Reinkommen nicht angeschnauzt, weil sie ihre Schuhe nicht gleich ausziehen. Jetzt rede ich schlecht über Frauen, ich bin böse - aber erstens meine ich nicht alle und zweitens sind wirklich viele so! Oder ich habe seit mehreren Jahren eine Wahrnehmungsstörung.
Im Gegensatz zu früher hätten die Frauen heutzutage die Möglichkeit, sich in Ihren Beziehungen sexuell voll auszuleben. Wieso fällt das immer noch so vielen schwer?
von Wolff: Gerade für diese reichen Weiber ist es am wichtigsten, versorgt zu werden und Kinder zu haben. Wenn das geklappt hat, zählen nur noch ihre Statussymbole, Sex ist nicht mehr so wichtig, sie haben ja ihre Schuldigkeit getan. Aber es gibt natürlich und glücklicherweise auch ganz viele Frauen, die ihre Lust frei ausleben. Meiner Meinung nach sind das eher die bodenständigeren und eigenständigen Frauen, solche, die ihr eigenes Geld verdienen, wissen, was sie wollen, das auch sagen und einen guten Blick für die Realität haben.
Ein anderes Kapitel Ihres Buches beschäftigt sich mit Pornos. Männer denken offenbar tatsächlich, Frauen bevorzugen Sexfilme mit Handlung. War das eines der Dinge, die Sie endlich mal klar stellen wollten?
von Wolff: Ja, natürlich. Ich habe mir gefühlt 150 Pornos angeschaut. Generell ist es so, dass Sexfilme einerseits geil machen, andererseits aber auch zu Versagensängsten führen. Die Männer haben Komplexe, weil Long Dong Silver vier Stunden am Stück kann. Dabei werden viele Pornos in einem Zeitraum von ungefähr zwei Wochen gedreht und die Darsteller haben dazwischen genügend Pausen. Die zweite Sache ist, dass die Frauen natürlich perfekt aussehen und nicht mal ansatzweise Tabus kennen, was die Männer geil macht.
Und die Handlung?
von Wolff: Eine Handlung in einem Porno ist wirklich komplett überflüssig, das braucht kein Mensch. Ich habe mir Pornos mit Handlung angesehen, in denen eine halbe Stunde darüber gesprochen wurde, dass der Kater krank ist... Man kauft sich einen Porno, um sich nebenbei selbst zu befriedigen oder ihn beim Sex laufen zu lassen. Aber ich will nicht, dass die beim Analverkehr darüber diskutieren, ob der im Kellereingang gefundene kleine Igel mit Dosenmilch gut den Winter überstehen wird. Ich kenne keine Frau, die Pornos mit Handlung will.
Ein anderes Vorurteil, mit dem Sie aufräumen, ist das Märchen vom Vorspiel, das Frauen unbedingt brauchen. Das wird viele Männer sicher auch überrascht haben, oder?
von Wolff: Seit Jahrzehnten wird uns vermittelt, dass Frauen Sex ja gar nicht so mögen. Erst jetzt ändert sich das allmählich. Dass Frauen unbedingt ein Vorspiel brauchen, ist der gleiche Irrglaube wie der, dass in Spinat besonders viel Eisen ist. Natürlich ist ein Vorspiel mal schön, aber einen Quickie kann eine Frau genauso gut ohne genießen. Das mit dem Vorspiel kommt aus der Zeit, in der es hieß, dass man eine Frau für Sex empfänglich machen muss. Das ist aber Schwachsinn. Man muss eine Frau nicht extra geil machen.
Sie lassen in Ihrem Buch nicht nur Pornodarsteller, Swinger-Fans und eine Domina zu Wort kommen. Auch aus Ihrem Bekanntenkreis sind lustige und vor allem peinliche Geschichten über das erste Mal und schlimme Sex-Erlebnisse eingeflossen. Mussten Sie nach diesen Geschichten lange suchen?
von Wolff: Ich habe den Leuten natürlich versprochen, dass sie sich in dem Buch nicht wiedererkennen. Nachdem ich alte Freunde und Klassenkameraden über Facebook gefunden und sie darauf angesprochen habe, waren alle sofort dabei. Niemand vergisst schließlich sein erstes Mal...
"Shades of Grey" hat in vielen Frauen bestimmte Fantasien geweckt. Wird Ihr Buch denen helfen, sich zu trauen, die auch in die Tat umzusetzen?
von Wolff: Ja, das ist auch ein Thema in "Mundgeblasen". Mich hat fasziniert, wie ein Buch so ein riesiger Erfolg werden kann, in dem es um eine eigentlich tabuisierte Sex-Art geht, nämlich Sadomasochismus. "Shades of Grey" nennt man auch Mommy-Porn, weil es oft von Frauen gelesen wird, die weit über 50 sind und schon vieles erlebt haben - und gern noch was erleben wollen, wenn auch nur im Buch. Die Kinder sind aus dem Haus, das Sexleben hat Schlaftabletten genommen - was soll noch kommen? Also wird gelesen. Ich denke übrigens auch, jede Frau will tief in sich drin von einem Mann gesagt bekommen, wo es lang geht. Ich sage nicht, dass das gut ist, ich glaube aber, das ist in uns. Heute wird das durch die Emanzipation nicht mehr ausgesprochen, im Ursprung finden das meiner Meinung nach die Frauen aber immer noch gut.
Verraten Sie Ihr peinlichstes Sex-Erlebnis?
von Wolff: Ich habe keins, ehrlich! Selbst mein erstes Mal war völlig unspektakulär. Das einzige peinliche Erlebnis, das ich hatte, war, als mein Mann mit einem neuen Arbeitskollegen nach Hause kam und auf dem Tisch zu Recherchezwecken Dildos und Pornos lagen. Der Kollege kam ins Wohnzimmer, sah das und mein Mann meinte nur: "Es ist nicht das, wonach es aussieht."