"Der treue Roy" aus Weimar: Lottospiel der Illusionen
Tatort "Der treue Roy": Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) ermitteln zum dritten Mal in Weimar. © MDR/Anke Neugebauer
Vom Event zum Dauerbrenner: Der Tatort aus Weimar hat von Beginn an begeistert. Das Rezept: Tolle Dialoge und grandiose Schauspieler, da fallen die streckenweise abstrusen Geschichten gar nicht so sehr ins Gewicht. Schließt "Der treue Roy", der dritte Fall für Kira Dorn und Lessing, an die Vorgänger an? Wir klären diese Frage im Kreuzverhör!
Worum geht’s?
Im Stahlwerk wird eine Leiche entdeckt – mitten in der Schlacke, fast komplett geschmolzen. Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) sind ziemlich schnell der Überzeugung, dass es sich um Roy Weischlitz (Florian Lukas) handeln muss. Ein notorischer Loser, der mit seiner Schwester Siegrid (Fritzi Haberlandt) zusammenlebte und mit großer Leidenschaft Zinnfiguren sammelte.
Hauptverdächtiger ist Roys Kollege "Flamingo", der vor einigen Jahren durch dessen Schuld sein Bein verlor. Es folgte eine Abwärts-Spirale aus Suff und Arbeitslosigkeit, auch die Verlobung mit Siegrid ging in die Brüche. Hat sich Flamingo gerächt?
Doch auch Siegrid verhält sich nicht so, wie man es von einer trauernden Schwester erwarten würde. Bei der Durchsuchung der Wohnung entdecken Lessing und Dorn jede Menge Lottoscheine, auf denen Roy ein Tagebuch seiner Demütigungen geführt hat. Gewonnen hat er jedoch nie etwas – bis zur letzten Ziehung. Sonst schien aber niemand etwas von dem Gewinn zu wissen, und der Lottoschein fehlt auch noch…
Worum geht es wirklich?
Ist eigentlich egal. Irgendwie schimmert das Thema "Illusionen" bisweilen durch, doch Hauptzweck sind möglichst skurrile Figuren und Situationen. Dabei schießt der Weimar-Tatort stellenweise ein wenig über das Ziel hinaus. Die eine oder andere Wendung ist einfach zu viel und zu abgehoben, besonders zum Ende hin.
Ist die Handlung glaubwürdig?
Auch gar keinen Fall. Tut in Weimar auch nicht Not, Lessing und Dorn stehen wie immer knietief in der Skurrilität. Doch auch "Der treue Roy" ankert stellenweise im wahren Leben: Die triste Hinterhof-Landschaft, in der Siegrid und Roy leben, zeigt das andere Weimar abseits von Kultur und Tourismus. Und dass dort, in Siegrieds Beauty-Salon eine ganz eigene Definition von Schönheit herrscht, muss Kira Dorn am eigenen Kopf erfahren.
Bester Auftritt
Wie immer sind Christian Ulmen und Nora Tschirner brillant in ihren Rollen, auch wenn Sie hier ein wenig von der recht abstrusen Handlung an den Rand gedrängt werden. Wie großartig die beiden sind, blitzt vor allem dann auf, wenn sie sich gegenseitig den Ball zuspielen. Kein Wort zu viel, kein Gag wird totgeritten.
Übertroffen werden die Kommissare nur noch von Fritzi Haberlandt und Florian Lukas als Loser-Geschwister. Auch wenn die Gesichter nicht neu sind, für die angeknacksten Figuren passen die beiden perfekt.
Was muss man sich merken?
Was Weimar außerdem toll kann: Das Privatleben der Kommissare richtig dosieren. Wir erfahren am Anfang, dass beide ein Haus suchen und sich in fast keinem Punkt einig sind. Es folgen einige kleinere Seitenhiebe – das wars. Es wird sich auf den Fall konzentriert, und dennoch kennt man als Zuschauer den Background. Weltklasse!
Soll man gucken?
Auf jeden Fall, Weimar-Tatort sind rar und deswegen Pflichttermin. Und sie sind lustiger und unterhaltsamer als jeder Fall aus Münster. Leider endet " Der treue Roy" ein wenig überdreht, auf die eine oder andere Wendung hätte man verzichten können. Die Handlung ist stellenweise recht wirr, doch man muss nicht jedes Detail verstehen, um blendend unterhalten zu werden. Eigentlich würde es auch genügen, 90 Minuten Kira Dorn und Lessing zu zeigen.