"Kälter als der Tod": Da geht noch mehr
"Kälter als der Tod": Am Tatort Frankfurt treten Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) ihren Dienst an. © HR/Benjamin Knabe
Im Gegensatz zu einigen anderen Sendern ist man sich beim Hessischen Rundfunk ganz offensichtlich der Bedeutung des Tatorts bewusst: Hochwertige (statt namhafte) Regisseure und Drehbuch-Autoren, der Mut zu experimentieren und tolle Schauspieler. Die Highlights werden sogar im Anschluss in der "Tatort-Show" im Internet kommentiert und besprochen - da können andere Sender viel von lernen. Nach dem Ende der Ära Król war man gezwungen, den Frankfurter Tatort neu aufzubauen, "Kälter als der Tod" war nun der erste Fall für das Gespann Janneke/Brix.
Quotenmäßig wie immer ein Erfolg (9,89 Millionen Zuschauer, 28,4% Marktanteil), doch die Reaktionen waren äußerst durchmischt. Das Problem: Es gab von allem zu viel. Nach dem vielversprechenden Anfang verlor sich die Handlung irgendwann zwischen lesbischer Teenager-Liebelei, Erbstreitigkeiten, dementen oder perversen Senioren und dem mord-freudigen Arzt (Roman Knizka). Cinematografisch war dann die Auflösung am Ende, als Brix (Wolfram Koch) und Janneke (Margarita Broich) in die Szenen der Rückblende eintauchen, ein sehenswertes Highlight - inhaltlich war die "Halbschwester/Tante sucht Mutter und liebt deren Tochter"-Geschichte jedoch mehr "Verbotene Liebe" als Tatort. Dagegen war der gestörte Postbote nach Kieler Vorbild (Sebastian Schwarz) noch herrlich normal.
Graue Haare statt Jugendwahn
Apropos Brix und Janneke: Dass sich die beiden von Beginn an sympathisch sind und keinerlei abgeschmackte Initiationsriten durchkauen, ist eine tolle Abwechslung. Zwei angegraute Seelen, die jenseits der 50 noch einmal neu anfangen wollen - wie war das noch gleich mit dem angeblichen "Jugendwahn" im Tatort? Dass es aber ohne ein paar zurechtkonstruierte biografische Details (WG mit Gärtnerin, Sohn in Übersee) offenbar im Tatort nicht geht - geschenkt. Aber wer sagt den beiden denn bitte mal, dass sie nicht auf einer Theaterbühne stehen und proklamieren, sondern vor einer Kamera ganz normal sprechen sollen? Das war mehr TKKG-Hörspiel als großes Kino.
Die künstlichen und gänzlich unentspannten Dialoge bremsen " Kälter als der Tod" leider immer wieder aus, nehmen ihm die Kraft, den Zuschauer zu fesseln und wirken inmitten der optischen Wucht seltsam gestrig. Da geht noch mehr, die Anlage und die Ideen sind gut, doch die Umsetzung ist noch weit vom sonstigen Tatort-Niveau der HR entfernt. Derzeit wird bereits der dritte Brix/Janneke-Fall gedreht - hoffentlich hat sich das Team inzwischen eingegroovt, denn so verschenkt der Frankfurt-Tatort leider sehr viel Potential.
Die besten Tweets zum Frankfurt-Tatort "Kälter als der Tod"
In "Der stille Gast" quartierte sich ein Kieler Postbote heimlich bei seinen Opfern ein - in Frankfurt hingegen versuchte ein Paketbote, das Leben der Familie Sanders nachzustellen. Zu Glück kann das im wahren Leben nicht passieren.
Der 21:15-Uhr-Verdächtige und seine Frau haben eine - nun ja - spezielle Ehe.
Was wir gelernt haben: Alte CD's können einfach so kaputt gehen. Da rechnet man schon mal in neuen Kategorien.
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So, wer dann alle Verwandschaftsverhältnisse der Sanders-Sippe erklären kann, kriegt ein Sternchen.
Das Twitter-Fazit: Durchwachsen. Fast alle Meinungs-Nuancen vertreten.