Kreuzverhör Münster-Tatort "Schwanensee": Der geht baden
Auf dem Grund des Schwimmbads vom Therapiezentrum "Schwanensee" wird eine Leiche gefunden. © WDR/Willi Weber
Endlich wieder ein Tatort aus Münster. Die Auftritte von Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) samt Entourage sind die Highlights einer jeden Tatort-Saison, bieten sie doch eine willkommene Abwechslung zu den üblicherweise eher ernsten Filmen der Krimireihe. In Münster hingegen werden Handlung und Protagonisten regelmäßig mit feinem Humor und völliger political uncorrectness durch den Kakao gezogen. Doch der Grad ist schmal – und diesmal ersäuft der Tatort "Schwanensee" im eigentlich schon totgeglaubten totalen Klamauk.
Worum geht’s?
Professor Boerne ist auf dem Weg in den Urlaub, als auf dem Grund des Schwimmbads im Therapiezentrum "Schwanensee" die Leiche der Patientin Mona Lux gefunden wird. Der Autist Andreas Kullmann, der wie jeden Morgen dort seine Bahnen zieht, will die Tote nicht bemerkt haben. Schwer vorstellbar, findet Hauptkommissar Frank Thiel. Der Kreis der Verdächtigen ist zwar klein, die Situation aber unübersichtlich.
Als Silke "Alberich" Haller (ChrisTine Urspruch) im Blut der Toten ein starkes Narkotikum findet, verzichtet Boerne selbstredend auf seinen Urlaub: Wie sollte dieser Fall wohl ohne seine Hilfe gelöst werden können? Eigenmächtig mischt er sich als Therapeut unter die "Schwanensee"-Patienten. Doch über die Tote findet er dabei ebenso wenig heraus wie Kommissar Thiel und seine Assistentin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter).
Mona Lux hatte keine Angehörigen, keine Adresse und hieß vielleicht nicht einmal Mona Lux. Aber sie hatte eine Beziehung zum Restaurantbesitzer Alberto Di Sarto, gegen den wegen schweren Steuerbetruges ermittelt wird. Und Nadeshda Krusenstern wird das Gefühl nicht los, Mona Lux früher schon einmal gesehen zu haben...
Was soll das?
Die erste halbe Stunde Handlung kann so zusammengefasst werden: Kommissar Thiel ist muffig gelaunt, weil er kein Frühstück bekommen hat. Also verhaftet er kurzerhand die Stullen von Kollegin Krusenstern. Daraufhin leidet diese an Unterzuckerung und stopft sich mit Nüssen voll. Das wiederum nervt den Kommissar.
Ernsthaft – mehr passiert im Grunde nicht. Ok, nebenbei gibt es auch noch diese Leiche der Patientin in der Klapse. Wobei die nicht Klapse heißen darf und auch keine Patienten hat, sondern Besucher. Das wird gefühlt achtzigmal betont und soll wohl urkomisch sein. Ist es aber nicht.
Auch dass der Rainman-Verschnitt Andreas Kullmann mal eben im Kopf berechnet, wie viele Ecken das kreisrunde St.-Pauli-Logo auf Kommissar Thiels T-Shirt hat, lädt zu ausgiebigem und langanhaltendem Gähnen ein. Selbst die belehrenden Sprüche von Professor Boerne sind diesmal so flach, dass sie bequem unter jeder Tür durchpassen - hochkant.
Ist die Handlung glaubwürdig?
Die Kategorie "Glaubwürdigkeit" können wir uns an dieser Stelle sparen. Wir sind doch in Münster!
Bester Auftritt
Münster hat eine Historie, die schrägsten Nebendarsteller der Krimireihe zu verpflichten. Das Skurrile gelingt auch diesmal. Unter den Bewohnern des Therapiezentrums "Schwanensee" hat niemand auch nur ansatzweise alle Latten am Zaun, das gilt auch ausdrücklich für das gesamte Personal. Aber insgesamt bleiben die Figuren zu oberflächlich und glatt, hier hätte die Konzentration auf weniger und dafür tiefere Charakterzeichnungen gutgetan. Vergleichsweise solide kommen Robert Gwisdek als Autist Andreas Kullmann und Roberto Guerra als steuerhinterziehender Quoten-Italiener Alberto Di Sardo (oh, wie einfallsreich) daher.
Was muss man sich merken?
Bitte gar nichts. Wir hatten eigentlich gehofft, dass der abstruse Klamauk seit " Das Wunder von Wolbeck" in der Versenkung verschwunden sei und die Macher wieder zu dem guten, feinsinnigen Humor und den bissigen Sprüchen aus der Anfangszeit des Münster-Tatorts zurückgefunden hätten. Aber der Tatort "Schwanensee" ist leider wieder ein Absturz auf Cindy-aus-Marzahn-Niveau.
Soll man gucken?
Nicht unbedingt. Der Münsteraner Tatort ist der Beliebteste der Krimireihe und verspricht hohe Einschaltquoten. Jan Josef Liefers und Axel Prahl haben in Deutschland eine enorm hohe Beliebtheitsrate, und sie spielen auch diesmal nicht schlecht. Aber die Story ist so wirr und die Gags so dermaßen platt, dass sich das Einschalten eigentlich nicht lohnt. Wie der Charakter Andreas Kuhlmann geht auch dieser Tatort leider völlig baden…