So wird der neue Köln-"Tatort"

Das Warten hat ein Ende: Die neue "Tatort"-Saison startet mit dem routinierten Kölner Ermittler-Duo Ballauf und Schenk. Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär werden zu einem Doppelmord gerufen: Eine Mutter und ihr Sohn sind tot. Die einzige Zeugin ist die traumatisierte achtjährige Tochter. Lohnt sich das Einschalten?
Die Sommerpause war lang und alle Krimi-Fans leiden unter starken Entzugserscheinungen. Darüber konnten weder die Fußball-Europameisterschaft noch die Olympischen Spiele hinwegtäuschen. Doch am kommenden Sonntag, ab 20:15 Uhr, ist es endlich wieder so weit: Das Erste schickt einen neuen "Tatort" ins Rennen und startet mit den Kölner Routiniers Klaus J. Behrendt (56, "Jakobs Bruder") und Dietmar Bär (55, "Bang Boom Bang") - besser bekannt als Ballauf und Schenk - in die "Tatort"-Saison 2016/17.
Die Macher um Regisseurin Dagmar Seume und Autor Norbert Ehry setzten bei "Durchgedreht" weniger auf Bombast, sondern mehr auf eine ausgewogene und gute Story. Zusammenspiel und Zwischentöne werden groß geschrieben. Auch die Protagonisten werden dabei auf eine Probe gestellt: Ballauf und Schenk bekommen sich während den Ermittlungen immer mehr in die Haare, da sie völlig unterschiedlich mit einer traumatisierten, achtjährigen Zeugin umgehen wollen und können. Doch der Reihe nach:
Darum geht's
Die einzige Zeugin ist erst acht Jahre alt: Als mitten in der Nacht bei Familie Habdank eingebrochen wird, kann sich die kleine Anna verstecken. Kurz darauf sind ihr jüngerer Bruder und ihre Mutter tot. Kommissar Max Ballauf findet das Mädchen Stunden später im Keller des Hauses. Anna steht unter Schock. Sie will nicht darüber sprechen, was sie erlebt oder gesehen hat. Freddy Schenk bittet den Kollegen, bei den Ermittlungen behutsam vorzugehen. Das Mädchen kommt erst einmal bei seiner Tante Hilde und deren Mann Gunnar unter.
Auch Annas Vater Sven Habdank, der gerade von einer Dienstreise zurückkehrt, ist für die Kommissare kaum ansprechbar. Hat der Mordanschlag auf die Familie etwas mit seinem Job zu tun? Habdank ist Steuerprüfer und gilt unter den Kollegen als "harter Hund, der sich festbeißt": Sowohl der Journalist Ole Winthir, als auch der Bauunternehmer Pit Benteler, die ihre Bücher offenlegen mussten, sind nicht gut auf ihn zu sprechen. Oder handelt es sich doch eher um Mord aus Eifersucht? Offensichtlich gab es in der Beziehung von Sven Habdank und seiner Lebensgefährtin Freya Spannungen. Lief da etwas zwischen Svens Bruder Michael und Freya?
Lohnt sich das Einschalten?
Auf alle Fälle! Die neue "Tatort"-Saison startet mit einem erfrischend realistischen Krimi, der fesselnd erzählt ist und nie den Anschein erweckt, überzogen inszeniert worden zu sein. Das Zusammenspiel von Ballauf und Schenk ist eingespielt wie eh und je und erzeugt beim Zuschauer eine Wohlfühlatmosphäre - trotz belastender Geschichte und Streitigkeiten zwischen den Hauptdarstellern.
Abseits der Action-Tatorts aus Hamburg, der Comedy-Fraktion aus Münster und der Artfilm-Community aus Wiesbaden tut dieser unglaublich "normale" Krimi mit guten Darstellern und nachvollziehbarer, spannender Geschichte richtig gut. Man muss eben nicht immer krampfhaft das Rad neu erfinden, sondern sollte öfter mal die Zeitung aufschlagen. Die wahren Tragödien spielen sich Tag für Tag in den Wohnungen normaler Menschen ab und sind für Krimis prädestiniert. Warum klappt das eigentlich nur noch in Köln und München? Liebe "Tatort"-Redakteure: bitte mehr davon!